Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Bäumen sie hinaufklettern mussten, diese Tugenden einer schweren Prüfung unterzog.
    Endlich gelangten sie auf eine schlammbedeckte Straße und sahen die Sonne hervorkommen. Sie befanden sich ein wenig jenseits des Hauses von Seth Bishop, doch geknickte Bäume und grauenhaft unmissverständliche Spuren zeigten, was hier vorbeigestampft war. Nur wenig Zeit wurde auf die Untersuchung der Ruinen hinter der Wegbiegung verwendet. Es war eine Wiederholung des Vorfalls bei den Fryes, und nichts Totes oder Lebendiges war mehr zu finden in den zusammengebrochenen Trümmern, die einstmals Haus und Scheune der Bishops gewesen waren. Niemand mochte dort inmitten des Gestanks und der teerartigen klebrigen Masse verweilen, sondern alle wandten sich instinktiv der Spur aus schrecklichen Abdrücken zu, die in Richtung des verwüsteten Bauernhauses der Whateleys und des altargekrönten Gipfels des Sentinel Hill verlief.
    Als die Männer an Wilbur Whateleys Haus vorbeikamen, erschauderten sie sichtlich, und ihr Eifer erlitt einen weiteren Dämpfer. Es war kein Spaß, etwas zu verfolgen, das so groß wie ein Haus und unsichtbar war, aber über die bösartige Feindseligkeit eines Dämons verfügte. Am Fuße des Sentinel Hill verließen die Spuren die Straße, und auf den breiten Schneisen, die das Monster zuvor zurückgelassen hatte, waren frisch geknickte und zerdrückte Pflanzen zu sehen.
    Armitage zog ein Taschenfernrohr von beträchtlicher Reichweite hervor und suchte den steilen grünen Hang des Hügels ab. Dann überreichte er das Instrument an Morgan, der über schärfere Augen verfügte. Nach einem Moment des Spähens schrie Morgan laut auf, reichte das Fernrohr an Earl Sawyer weiter und wies mit dem Finger auf eine bestimmte Stelle am Abhang. Sawyer fummelte eine Weile mit dem Ungeschick eines Menschen herum, der nicht an solche Sehhilfen gewöhnt ist; schließlich gelang es ihm jedoch mit Armitages Hilfe, die Linsen schärfer einzustellen. Sein Schrei war noch weniger beherrscht als der Morgans.
    »Allmächtiger Gott, das Gras un die Büsch tun sich bewegen! Es steigt hoch – ganz langsam – es is am Kriechen – rauf auffen Gipfel, der Himmel weiß, warum!«
    Jetzt schien die Saat der Panik inmitten der Suchenden aufzugehen. Es war eine Sache, das namenlose Wesen zu verfolgen, doch eine gänzlich andere, es auch zu finden. Bannflüche gut und schön – doch was, wenn sie nicht wirkten? Man fing an, Armitage darüber zu befragen, was er über das Ding wusste, und keine Antwort schien befriedigend zu sein. Jedermann spürte die unmittelbare Nähe zu gänzlich verbotenen Erscheinungsformen der Natur und des Seins, die völlig außerhalb der normalen menschlichen Erfahrung lagen.
    X
    Am Ende erklommen die drei Männer aus Arkham – der alte, weißbärtige Dr. Armitage, der untersetzte eisengraue Professor Rice und der schlanke jugendlich aussehende Dr. Morgan – allein den Berg.
    Nach vielen geduldigen Erklärungen, wie man damit umzugehen habe, überließen sie das Fernrohr der verängstigten Gruppe, die auf der Straße zurückblieb; während sie hochkletterten, wurden sie genauestens von den Männern beobachtet, die das Fernrohr vom einen zum anderen weiterreichten. Es war ein mühsamer Aufstieg, und Armitage musste mehr als einmal Hilfe in Anspruch nehmen. Hoch über der sich abplagenden Truppe wälzte sich das teuflische Wesen mit schneckengleicher Bedächtigkeit die Schneise hinauf. Schließlich wurde es offensichtlich, dass die Verfolger aufholten.
    Curtis Whateley – aus dem undegenerierten Zweig der Familie – hielt gerade das Fernrohr, als der Trupp aus Arkham die Schneise weitläufig umging. Er teilte den anderen mit, dass die Männer anscheinend versuchten, zu einem Seitengipfel zu gelangen, der beträchtlich höher lag als die Stelle, wo das Strauchwerk gerade eingeknickt wurde. Dies traf tatsächlich zu; man sah, wie der Trupp die Anhöhe erreichte, kurz nachdem die unsichtbare Blasphemie sie passiert hatte.
    Dann schrie Wesley Corey, der das Fernrohr genommen hatte, dass Armitage sich an dem von Rice gehaltenen Zerstäuber zu schaffen machte und dass gleich etwas geschehen müsse. Die Einheimischen wanden sich unbehaglich und erinnerten sich, dass dieser Zerstäuber dem unsichtbaren Grauen einen Augenblick lang Gestalt verleihen sollte. Zwei oder drei Männer schlossen die Augen, doch Curtis Whateley riss das Fernrohr an sich und strengte seine Augen aufs Äußerste an. Er sah, dass sich Rice von dem