Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)
Angell gesammelten Traumberichten und den merkwürdigen Zeitungsausschnitten wenig Beachtung.
Eine Sache fand ich immer verdächtiger, derer ich mir nun gewiss bin: dass der Tod meines Onkels alles andere als natürlich war. Er fiel auf einem schmalen Hügelweg hin, nachdem ein schwarzer Matrose ihn unachtsam angerempelt hatte – der Weg führte vom alten Hafenviertel herauf, in dem es von ausländischen Mischlingen wimmelt. Ich habe die gemischtrassigen und seemännischen Teilnehmer des Kultes in Louisiana nicht vergessen, und ich wäre über geheime Methoden und Riten und Glaubensvorstellungen nicht überrascht gewesen.
Legrasse und seine Männer hat man in Frieden gelassen, das stimmt; doch ein Seemann aus Norwegen, der ihre Riten beobachtete, ist jetzt tot. Könnten die Nachforschungen meines Onkels nach der Begegnung mit dem Bildhauer finsteren Kräften zu Ohren gelangt sein? Ich glaube, Professor Angell starb, weil er zu viel wusste oder weil er auf dem Weg war, zu viel zu erfahren. Ob es mir so ergehen wird wie ihm, wird sich zeigen, denn auch ich weiß nun schon viel.
III. Der Schrecken aus dem Meer
Sollte der Himmel mir je eine Gunst erweisen, so soll es das völlige Vergessen jener losen Zeitungsseite sein, auf die mein zufälliger Blick fiel. Sie schien nicht von Bedeutung für meine täglichen Nachforschungen, denn sie stammte nur aus einer alten Ausgabe einer australischen Zeitschrift, des Sydney Bulletin vom 18. April 1925. Sie war sogar dem Pressebüro entgangen, das während des Zeitpunkts ihres Erscheinens eifrig Material für die Nachforschungen meines Onkels sammelte.
Ich hatte meine Untersuchungen über das, was Professor Angell den ›Cthulhu-Kult‹ nannte, schon so gut wie aufgegeben und besuchte einen gelehrten Freund in Paterson, New Jersey, Kurator eines örtlichen Museums und Mineraloge von Rang. Als ich eines Tages die nicht ausgestellten Stücke ansah, die in einem Hinterzimmer des Museums auf einem Depotregal lagen, fiel mein Blick auf ein sonderbares Bild auf einem der alten Zeitungsblätter, die unter den Steinen ausgelegt waren. Es handelte sich um das bereits erwähnte Sydney Bulletin, denn mein Freund hatte weitreichende Verbindungen in allen erdenklichen Teilen der Welt. Auf dem Bild sah man ein scheußliches Steinbildnis, das mit dem von Legrasse im Sumpf gefundenen fast identisch war.
Rasch befreite ich die Seite von ihrer kostbaren Last und überflog den Artikel, war dann aber enttäuscht zu entdecken, dass er nur wenig Informationen lieferte. Was er jedoch andeutete, war von verhängnisvoller Bedeutung für meine erlahmende Suche, und ich riss ihn vorsichtig heraus. Der Inhalt lautete wie folgt:
Mysteriöses Wrack auf See gefunden
Die Vigilant läuft mit seeuntüchtiger Jacht aus Neuseeland im Schlepptau ein. An Bord fand man einen Überlebenden und einen Toten. Bericht über einen verzweifelten Kampf und Tod auf See. Geretteter Seemann weigert sich, Einzelheiten über sonderbare Geschehnisse mitzuteilen. Eigenartiges Götzenbild in seinem Besitz. Untersuchungen folgen.
Die Vigilant, ein Frachter der Morrison Co., lief heute Morgen auf dem Rückweg von Valparaiso im Hafen von Darling ein, im Schlepptau die seeuntüchtig gewordene, aber schwer bewaffnete Dampfjacht Alert aus Dunedin, Neuseeland, die am 12. April 34°21’ südlicher Breite und 152°17’ westlicher Länge gesichtet wurde, mit einem Lebenden und einem Toten an Bord.
Die Vigilant hatte Valparaiso am 25. März verlassen und war am 2. April von außergewöhnlich heftigen Stürmen und gigantischen Brechern beträchtlich von ihrem Kurs in südliche Richtung abgetrieben worden. Am 12. April sichtete man das Wrack, das erst verlassen aussah, wie man jedoch bald feststellte, aber einen Überlebenden in halb wahnsinnigem Zustand beherbergte. Zudem fand man eine männliche Leiche, offenbar schon seit mehr als einer Woche tot. Der Überlebende hielt ein schreckliches Götzenbild aus Stein umklammert, dessen Ursprung unbekannt ist und das ungefähr 30 Zentimeter misst und über dessen Zweck Experten der Universität von Sydney, der Königlichen Gesellschaft und des Museums in der College Street sich völlig im Unklaren sind. Der Überlebende sagte, er habe es in einer Kabine der Jacht gefunden, in einem kleinen geschnitzten Kästchen.
Dieser Mann erzählte, nachdem er wieder zur Vernunft gekommen war, eine äußerst sonderbare Geschichte von Seeräuberei und Totschlag. Es handelt sich bei dem Mann um Gustaf
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