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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Göteborg-Hafenbecken habe ihn ein aus einem Dachfenster fallender Ballen Papier zu Boden gerissen. Zwei Laskarmatrosen hatten ihm sofort aufgeholfen, doch noch ehe der Notarzt ihn erreichte, war er tot. Die Ärzte fanden keinen triftigen Grund für sein Ende und erklärten es mit einem Herzfehler und geschwächter Konstitution.
    Ich fühlte nun an meinen Lebenskräften jenes dunkle Entsetzen saugen, das mich nicht mehr verlassen wird, bis auch ich ruhe – sei es durch ›Zufall‹ oder eine andere Ursache.
    Ich überzeugte die Witwe davon, dass meine Beziehung zu den »technischen Angelegenheiten« ihres toten Gatten mich zum Besitz seines Manuskriptes berechtigte, nahm das Dokument mit mir und las es auf dem Schiff nach London. Es waren einfache, geschwätzige Worte – das Bemühen eines naiven Matrosen, ein nachträgliches Tagebuch zu führen –, die jeden einzelnen Tag jener schrecklichen letzten Seefahrt zu beschreiben versuchten. Ich kann es aufgrund seiner Undeutlichkeit und Langatmigkeit nicht wortwörtlich wiedergeben, doch ich werde das Wesentliche daraus berichten, um zu erklären, warum das klatschende Geräusch des Wassers gegen die Seiten des Schiffes mir so unerträglich wurde, dass ich mir Watte in die Ohren stecken musste.
    Johansen wusste Gott sei Dank nicht alles, wenngleich er die Stadt und das Ding gesehen hatte, doch ich werde nie wieder ruhig schlafen beim Gedanken an das Grauen, das unablässig jenseits des Lebens in Zeit und Raum lauert ... an jene unheilige Blasphemie von den uralten Gestirnen, die unter dem Meer träumt, angebetet und verehrt von einem albtraumhaften Kult, der jederzeit bereit ist, sie wieder auf die Welt loszulassen, sobald ein neuerliches Erdbeben ihre ungeheuerliche steinerne Stadt abermals zu Luft und Licht emporhebt.
    Johansens Fahrt hatte so begonnen, wie er es der Vizeadmiralität berichtet hatte. Am 20. Februar hatte die Emma, mit Fracht beladen, Auckland verlassen und die volle Macht des Erdbebens und Sturms zu spüren bekommen, das wohl vom Meeresgrund jene Schrecken aufgewirbelt hatte, die in die Träume der Menschen eindrangen. Als das Schiff wieder unter Kontrolle gebracht war, bewegte es sich schnell vorwärts, bis es am 22. März von der Alert aufgehalten wurde, und ich spürte deutlich das Bedauern des Maats, als er die Bombardierung und den Untergang beschrieb. Von den schwarzhäutigen Kultanhängern an Bord der Alert sprach er mit großem Grauen. Sie umgab etwas besonders Verabscheuungswürdiges, das ihre Ausrottung fast wie eine Pflicht erscheinen ließ – Johansen zeigte sich wirklich erstaunt über den Vorwurf der Unbarmherzigkeit, den man deshalb während der gerichtlichen Befragung gegenüber seiner Mannschaft erhob.
    Dann, angetrieben von Neugier, segelten die Männer unter Johansens Kommando mit der gekaperten Jacht weiter. Bald erblickten sie eine große Steinsäule, die sich aus dem Meer erhob, und stießen auf 47°9’ südlicher Breite und 123°42’ westlicher Länge auf einen Küstenstreifen aus Schlamm, Schleim und zyklopischem Mauerwerk. Dabei muss es sich um nichts Geringeres als die greifbare Substanz des größten Entsetzens der Welt handeln – die nachtmahrische Leichenstadt R’lyeh, vor unermesslichen Äonen erbaut von den gewaltigen, widerwärtigen Gestalten, die von den finsteren Sternen herabgedrungen waren. Dort lagen der große Cthulhu und seine Horden, verborgen in grünschleimigen Gewölben, und von hier aus sandten sie nach endloser Zeit jene Gedanken aus, die in den Träumen der Empfänglichen Furcht verbreiteten und den Gläubigen geboten, sich auf eine Pilgerfahrt der Befreiung und Wiederherstellung zu begeben. All dies war Johansen völlig unbekannt, doch Gott weiß, er sah schon bald genug!
    Ich vermute, dass nur eine einzige Bergspitze, die scheußliche monolithgekrönte Zitadelle, auf welcher der große Cthulhu begraben worden war, sich aus den Fluten erhob. Denke ich an das Ausmaß all dessen, was dort unten noch brüten mag, möchte ich mich am liebsten sofort umbringen.
    Johansen und seine Männer standen in stummem Entsetzen vor der kosmischen Erhabenheit dieses triefenden Babels uralter Dämonen, und sie errieten wohl, dass es nicht von dieser oder irgendeiner normalen Welt stammen konnte. Entsetzen über die unglaubliche Größe der grünlichen Steinblöcke, über die schwindelerregende Höhe des großen gemeißelten Monolithen und die verblüffende Ähnlichkeit der kolossalen Statuen und Flachreliefs mit dem

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