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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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fiel mir ein, was ich in diesem Raum so fürchtete. Es war lediglich eine der metallbeschlagenen und aufmerksam bewachten Falltüren. Doch gab es nun keine Wächter mehr, und aus diesem Grund zitterte ich und ging auf Zehenspitzen – so wie ich es auch in dem Gewölbe aus schwarzem Basalt getan hatte, wo eine ähnliche Falltür gegähnt hatte.
    Hier wie dort spürte ich einen kalten, feuchten Luftzug, und ich wünschte, mein Weg würde in eine andere Richtung führen. Weshalb ich gerade diesen Weg einschlagen musste, wusste ich nicht.
    Als ich den Raum erreichte, sah ich, dass die Falltür weit offen stand. Dahinter erstreckten sich wieder Regale, und auf dem Boden vor einem sah ich einen Haufen Kassetten, die erst kürzlich zu Boden gefallen sein mussten und mit einer dünnen Staubschicht bedeckt waren. In diesem Augenblick ergriff mich eine neuerliche Panikwelle, auch wenn ich eine Zeit lang gar nicht wusste, warum.
    Auf den Boden gefallene Kassetten waren nichts Ungewöhnliches, waren die lichtlosen Labyrinthe doch zu allen Zeiten von Erdbeben erfasst und gelegentlich vom ohrenbetäubenden Scheppern fallender Gegenstände erfüllt worden. Erst als ich den Raum fast zur Gänze durchquert hatte, wurde mir klar, weshalb ich so heftig zitterte.
    Es lag nicht an dem Haufen von Kassetten; irgendetwas an dem Staub, der den ebenmäßigen Boden bedeckte, verstörte mich. Im Licht meiner Taschenlampe erweckte der Staub den Anschein, nicht so gleichmäßig zu sein, wie es sich gehört hätte – es gab Stellen, wo er dünner wirkte, als sei er vor erst wenigen Monaten aufgewirbelt worden. Ich konnte mir dessen nicht sicher sein, waren doch selbst die dünneren Schichten noch immer dick genug, aber eine Andeutung von Regelmäßigkeit in den möglichen Unebenheiten verstörte mich zutiefst.
    Als ich die Taschenlampe auf eine dieser sonderbaren Stellen richtete, gefiel mir nicht, was ich sah – denn der Eindruck der Regelmäßigkeit verstärkte sich erheblich. Es war, als wären da gleichmäßige Linien von miteinander verbundenen Abdrücken – Abdrücken in Dreiergruppen von je circa dreißig Zentimeter Durchmesser, die aus fünf beinahe kreisrunden Spuren von ungefähr acht Zentimetern bestanden, wobei eine der Spuren den restlichen vier vorgelagert war.
    Diese Fußabdrücke, falls es welche waren, führten anscheinend in zwei Richtungen, als sei etwas zu einem bestimmten Punkt hingeschritten und dann auf demselben Weg wieder zurück. Sie waren natürlich nur sehr schwach, waren vielleicht auch nur eine Sinnestäuschung oder zufällig entstanden, doch die Art und Weise, in der ich sie verlaufen sah, gab mir ein unklares, schleichendes Grauen ein. Denn an einem Ende der Spuren befand sich der Haufen von Kassetten, der unlängst heruntergestürzt sein musste, während am anderen Ende die unheilvolle Falltür mit dem kühlen, feuchten Wind lag, die sich unbewacht zu unvorstellbaren Abgründen öffnete.
    VIII
    Dass mein merkwürdiger innerer Zwang überaus tief greifend und allumfassend war, zeigt die Überwindung meiner Furcht. Kein rationales Motiv hätte mich nach diesem scheußlichen Verdacht, den die Abdrücke und die lauernden Traumerinnerungen in mir ausgelöst hatten, weiter vorantreiben können. Und doch zuckte meine rechte Hand, selbst während sie vor Angst bebte, immer noch rhythmisch, voller Eifer, ein Schloss zu öffnen, das sie zu finden hoffte. Ehe ich wusste, wie mir geschah, hatte ich die jüngst zu Boden gefallenen Kassetten hinter mir gelassen und lief auf Zehenspitzen durch Gänge voll jungfräulichen Staubs – einem Ziel entgegen, das mir auf grauenhafte Weise wohlvertraut schien.
    Mein Geist wälzte Fragen, deren Herkunft und Bedeutung ich erst allmählich begriff. Konnte ein Menschenleib überhaupt zu den Regalen hinaufreichen? Vermochte eine Menschenhand, all die urzeitlichen Bewegungen des Riegels zu meistern? War der Riegel noch unbeschädigt und funktionstüchtig? Und was würde ich tun – was würde ich wagen , mit dem zu tun – womit denn? –, was ich dort – wie mir nun bewusst wurde – zu finden hoffte und fürchtete? Würde es die wunderbare, den Verstand zersetzende Wahrheit von etwas fernab aller Vorstellungskraft sein oder bloß der Beweis dafür, dass ich träumte?
    Ich bemerkte, dass ich aufgehört hatte, auf Zehenspitzen zu laufen, und nun ruhig dastand und auf eine Reihe mir schrecklich vertraut erscheinender, mit Hieroglyphen verzierter Regale starrte. Diese befanden sich in einem

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