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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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auf die mir wohlbekannten Hieroglyphen des Deckblattes. Das Buch schien sich in vorzüglichem Zustand zu befinden, und die krummlinigen Lettern des Titels hypnotisierten mich fast, so als könnte ich sie lesen. Tatsächlich kann ich nicht beschwören, dass ich sie nicht dank irgendeines flüchtigen und schrecklichen Zugangs zu abnormer Erinnerung hatte lesen können.
    Ich weiß nicht mehr, wie lange es dauerte, bis ich es endlich wagte, das Deckblatt aus dünnem Metall umzuschlagen. Ich schwankte und suchte Ausflüchte. Ich nahm die Taschenlampe aus dem Mund und schaltete sie ab, um die Batterie zu schonen. In der Dunkelheit nahm ich dann meinen Mut zusammen – ich schlug das Deckblatt endlich um, ohne dabei Licht zu machen. Als Letztes richtete ich dann doch die Taschenlampe auf die aufgeschlagene Seite – und ich wappnete mich, um jedes Geräusch unterdrücken zu können, egal, welcher Anblick sich mir nun bieten würde.
    Ich warf einen Blick darauf und brach zusammen. Ich biss jedoch die Zähne aufeinander, um stumm zu bleiben. Ich sank auf dem Boden in mich zusammen und schlug mir inmitten der alles verschlingenden Finsternis die Hand vor die Stirn. Was ich befürchtet und erwartet hatte – es war da. Entweder träumte ich, oder aber Raum und Zeit waren zur bloßen Travestie verkommen.
    Ich musste träumen – aber ich würde das Grauen auf die Probe stellen und dieses Ding mitnehmen und meinem Sohn zeigen, sollte es wirklich vorhanden sein. In meinem Kopf wütete ein furchtbares Chaos, auch wenn ich in der ungebrochenen Dunkelheit um mich her keine sichtbaren Objekte wirbeln sah. Ideen und Abbilder des äußersten Grauens, ausgelöst von den Perspektiven, die mein kurzer Blick mir eröffnet hatte, stürzten auf mich ein und benebelten mir die Sinne.
    Ich dachte an die Spuren im Staub und zitterte indessen beim Geräusch meiner eigenen Atmung. Erneut schaltete ich die Taschenlampe ein und sah mir die Seite an, so wie das Opfer einer Schlange die Augen und Zähne seiner Mörderin anstarren mochte.
    Dann schloss ich im Dunkeln mit unbeholfenen Fingern das Buch, steckte es in die Kassette, schloss den Deckel und den eigenartigen, mit einem Haken versehenen Riegel. Ich musste dieses Ding mit hinaus in die Außenwelt nehmen, so es denn wirklich existierte – so denn der ganze Abgrund oder ich und die Welt tatsächlich existierten.
    Wann genau ich schwankend aufstand und mich auf den Rückweg begab, kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Es erscheint mir seltsam, dass ich während der scheußlichen Stunden unter der Erde kein einziges Mal auf meine Uhr sah – ein Zeichen für meine Loslösung von der normalen Welt.
    Mit der Taschenlampe in der Hand und der unheilvollen Kassette unterm Arm lief ich auf Zehenspitzen und in stiller Panik an dem zugigen Abgrund und den schrecklichen Andeutungen von Spuren vorüber. Ich verhielt mich weniger vorsichtig, als ich die endlosen Schrägebenen hinauflief, konnte aber eine dunkle Ahnung nicht abschütteln, die ich auf dem Weg nach unten nicht verspürt hatte.
    Ich hatte Angst davor, wieder die schwarze Basaltkrypta durchqueren zu müssen, die älter war als die Stadt selbst und wo kalte Winde aus unbewachten Tiefen aufstiegen. Ich dachte an das, wovor die Große Rasse sich gefürchtet hatte und was dort unten – obschon schwach und sterbend – immer noch lauern mochte. Ich dachte an die aus fünf Kreisen bestehenden Abdrücke und daran, was meine Träume mir über derartige Spuren erzählt hatten – und über die seltsamen Winde und Pfeifgeräusche, die man mit ihnen in Verbindung brachte. Und ich dachte an die Sagen der heutigen Eingeborenen, die sich um das Grauen der stürmischen Winde und namenlosen Ruinen drehten.
    Ich wusste anhand eines in die Wand geritzten Symbols, welche Etage ich betreten musste, und gelangte endlich, nachdem ich das zuerst untersuchte Buch hinter mir gelassen hatte, in den großen kreisförmigen Raum, von dem die Bogengänge ausgingen. Zu meiner Rechten lag, sofort erkennbar, der Torbogen, durch den ich gekommen war. Diesen durchschritt ich nun im Bewusstsein, dass der Rest des Weges sich wegen des eingestürzten Mauerwerks außerhalb des Archivgebäudes schwieriger gestalten würde. Meine neue metallgeschützte Bürde belastete mich, und ich fand es zunehmend schwieriger, mich ruhig zu verhalten, während ich über Schutt und Fragmente aller Art stolperte.
    Dann kam ich zu dem bis zur Decke reichenden Geröllberg, durch den ich mir einen kleinen

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