Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)
Höhlen ewiger Nacht darunter liegen mochten, daran wagte ich nicht einmal zu denken.
Als ich mir später meinen Weg durch einen übel verschütteten Korridor bahnte, erreichte ich eine Stelle, wo das Dach gänzlich eingestürzt war. Das Geröll erhob sich wie ein Gebirge, und ich kletterte darüber hinweg, wobei ich einen gewaltigen leeren Raum passierte, in dem meine Taschenlampe weder Wände noch Gewölbedecken entdecken konnte. Ich dachte mir, dass es sich dabei wohl um den Keller des Hauses der Metallverarbeiter handeln musste, das in der Vorderreihe des dritten Platzes unweit der Archive gestanden hatte. Was damit geschehen war, konnte ich mir nicht ausmalen.
Jenseits des Berges aus Schutt und Gestein fand ich wieder den Korridor, stieß aber nach einem kurzen Stück Weges auf eine völlig verstopfte Stelle, wo die eingestürzten Gewölbeteile die sich gefährlich herabneigende Decke fast berührten. Wie es mir gelang, genug Blöcke beiseitezuzerren und zu wuchten, um mir einen Durchgang zu ermöglichen, und wie ich mir überhaupt erlauben konnte, die Anordnung der dicht gedrängten Bruchstücke zu stören, wo doch die geringste Störung des Gleichgewichts eine Lawine von tonnenschweren Mauerteilen hätte auslösen können, die mich restlos zerschmettert hätte, das weiß ich nicht mehr.
Schierer Wahnsinn trieb mich voran und lenkte mich – jedenfalls sofern das gesamte Abenteuer im Untergrund nicht nur, wie ich hoffe, eine teuflische Halluzination oder Teil eines Traumes war. Doch es gelang mir – zumindest im Traum –, einen Durchgang freizulegen, durch den ich mich hindurchzwängen konnte. Während ich mich durch den Geröllhügel schlängelte, die angeschaltete Taschenlampe mit den Zähnen haltend, fühlte ich, wie die fantastischen Stalaktiten der gezackten Decke über mir meine Kleider und meine Haut zerrissen.
Ich war nun dem großen unterirdischen Archivgebäude ganz nahe, das mein Ziel zu sein schien. Ich rutschte und kletterte die andere Seite des Hügels hinunter und bahnte mir mit der Taschenlampe, die ich zwischendrin immer wieder mal ausschaltete, meinen Weg durch den restlichen Korridor. Schließlich gelangte ich in eine niedrige kreisförmige Krypta mit Bögen, die sich zu jeder Seite öffnete und sich in einem erstaunlich guten Zustand befand.
Die Wände – zumindest jene, die sich in Reichweite meiner Taschenlampe befanden – waren über und über mit Hieroglyphen und den typischen krummlinigen Symbolen bedeckt; manche davon waren nach der Zeit meiner Träume hinzugefügt worden.
Dies hier, so erkannte ich, war mein vom Schicksal vorgegebener Bestimmungsort, und unverzüglich schritt ich durch einen vertrauten Torbogen zu meiner Linken. Dass ich freien Zugang zu allen heil gebliebenen Ebenen haben würde, stellte ich merkwürdigerweise gar nicht infrage. Dieser gewaltige, von der Erde selbst beschützte Bau, der die gesamten Annalen des ganzen Sonnensystems in sich barg, war mit größter Kraft und allerhöchstem Geschick erbaut worden, um ebenso lange zu bestehen wie dieses System.
Blöcke von wundersamer Größe, durch mathematisches Genie im Gleichgewicht gehalten und mit unglaublich hartem Zement verbunden, hatten sich zu einer Masse vereinigt, die ebenso massiv war wie der Felskern der Erde. Hier stand nach längeren Zeiträumen, als man mit gesundem Verstand erfassen konnte, das begrabene Bauwerk in seinen wesentlichen Grundzügen, und auf den riesigen, von Staub bedeckten Böden war kaum etwas von dem Schutt zu sehen, der andernorts so vorherrschend war.
Dass ich mich von da an so relativ einfach fortbewegen konnte, stieg mir sonderbar zu Kopf. All der hysterische Eifer, der bislang von allen möglichen Hindernissen gebremst worden war, überschlug sich nun fieberhaft, und ich rannte buchstäblich an den niedrigen, so ungeheuerlich vertraut wirkenden Mittelgängen jenseits des Torbogens vorbei.
Ich war schon darüber hinaus, über die Vertrautheit des Gesehenen zu staunen. Zu jeder Seite wuchsen die großen, mit Hieroglyphen beschrifteten Metalltüren der Fächer empor: Manche davon noch verschlossen, andere aufgesprungen, und wieder andere waren verbeult und verzogen wegen der geologischen Anspannungen, die dem Mauerwerk selbst nichts hatten anhaben können.
Hier und da schien ein staubbedeckter Haufen unter einem gähnenden leeren Fach auf Kassetten hinzuweisen, die von den Erdbeben herausgeschleudert worden waren. Gelegentlich verwiesen große Symbole und Buchstaben an
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