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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Art war, sondern dem urtümlichen Anch oder crux ansata des finsteren Ägypten glich.
    In einer hinteren Sakristei neben der Apsis entdeckte Blake ein vermodertes Schreibpult und bis an die Decke reichende Regale voller schimmelnder, zerfallender Bücher. Hier überkam ihn zum ersten Male eine spürbare Erschütterung objektiven Grauens, denn die Titel jener Bücher verrieten ihm viel. Es handelte sich um die schwarzen, verbotenen Schriften, von denen die meisten vernünftigen Menschen nie gehört haben, oder wenn, dann nur verstohlen und furchtsam flüsternd; die verbannten und gefürchteten Quellen fragwürdiger Geheimnisse und unerdenklicher Formeln, die aus den Frühtagen der Menschheit mit dem Zeitenfluss herabgesickert sind, und sogar aus jenen dunklen, sagenhaften Tagen, bevor ein Mensch die Welt betrat. Er hatte selbst viele der Werke gelesen – eine lateinische Ausgabe des verabscheuten Necronomicon, das finstere Liber Ivonis , das berüchtigte Cultes des Goules des Comte d’Erlette, von Junzts Unaussprechliche Kulte und das höllische De Vermis Mysteriis des alten Ludvig Prinn. Doch waren da noch andere, die er nur dem Namen nach oder überhaupt nicht kannte – die Pnakotischen Manuskripte , das Buch Dzyan und ein zerfallener Band in gänzlich unleserlichen Schriftzeichen, aber mit gewissen Sinnbildern und Diagrammen, die dem Erforscher des Okkulten auf schauerliche Weise vertraut waren. Die langlebigen Gerüchte in diesem Viertel hatten eindeutig nicht gelogen. Dieser Ort war einst der Sitz von etwas Bösem gewesen, das älter war als die Menschheit und größer als das uns bekannte Weltall.
    In dem modrigen Schreibpult befand sich eine kleine in Leder gebundene Chronik mit Einträgen in einer sonderbaren Geheimschrift. Das Manuskript bestand aus den üblichen traditionellen Symbolen, die man heutzutage in der Astronomie verwendet und im Altertum in der Alchemie, der Astrologie und anderen zweifelhaften Künsten gebrauchte – die Sinnbilder für Sonne, Mond, Planeten, Himmelsrichtungen und Sternzeichen –, hier häuften sie sich auf eng beschriebenen Seiten in Gliederungen und Unterteilungen, die darauf hinwiesen, dass jedes Symbol einem Buchstaben des Alphabetes entsprach.
    In der Hoffnung, die Geheimschrift später enträtseln zu können, nahm Blake diesen Band an sich und verstaute ihn in der Manteltasche. Viele der großen Bände auf den Regalen übten eine unaussprechliche Faszination auf ihn aus, und er fühlte sich versucht, sie zu einem späteren Zeitpunkt auszuborgen. Er fragte sich, wie sie so lange ungestört hatten hier verbleiben können. War er denn der Erste, der die erstickende, allgegenwärtige Furcht überwunden hatte, die mehr als sechzig Jahre lang diesen verlassenen Ort vor Besuchern geschützt hatte?
    Da er nun das Erdgeschoss gründlich erforscht hatte, bahnte Blake sich wieder seinen Weg durch den Staub des gespenstischen Mittelschiffes hin zum Vestibül, wo er eine Tür und eine Treppe gesehen hatte, die vermutlich hinauf in den schwarzen Glockenturm führte – ein Ort, der ihm aus der Entfernung seit Langem schon vertraut war. Der Aufstieg war eine erstickende Angelegenheit, denn der Staub lag dick auf den Stufen, während die Spinnen an diesem beengten Ort am schlimmsten gewütet hatten. Es handelte sich um eine Wendeltreppe mit hohen und schmalen Holzstufen, und dann und wann kam Blake an einem trüben Fenster vorüber, das in schwindelnder Höhe die Stadt überblickte. Obgleich er unten keine Seile gesehen hatte, erwartete er, eine Glocke oder ein Glockenspiel im Turm zu finden, dessen enge überdachte Spitzbogenfenster er mit dem Feldstecher so oft betrachtet hatte. Doch es erwartete ihn eine Enttäuschung, denn als er das Ende der Treppe erreichte, fand er in der Turmstube keine Glocke vor, da dieser Raum eindeutig anderen Zwecken gedient hatte.
    Sein Durchmesser betrug ungefähr viereinhalb Meter, und er wurde durch vier verglaste Spitzbogenfenster schwach beleuchtet, von denen sich auf jeder Seite eins befand. Die Fenster verdeckten wurmstichige Fensterläden, die zudem mit undurchsichtigen, mittlerweile jedoch größtenteils zerfallenen Leinwänden versehen worden waren. In der Mitte des staubbedeckten Bodens erhob sich ein merkwürdig gewinkelter Steinpfeiler von etwas mehr als einem Meter Höhe und einer durchschnittlichen Breite von sechzig Zentimetern, der auf jeder Seite mit bizarren, grob eingemeißelten und völlig unleserlichen Hieroglyphen bedeckt war. Auf

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