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Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache

Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache

Titel: Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Lake
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schüttelte kaum merklich den Kopf. Adrian seufzte erleichtert auf. Vielleicht standen die Götter ihnen bei und das Mädchen glaubte, ein Sonnenstrahl habe es geblendet. Alles war so schnell gegangen, dass selbst er sich nicht mehr an Einzelheiten erinnern konnte.
    Die Pferde wurden gefunden und auch Cluaran kam in Kedwyns Hütte. Er roch nach Wald, nach Erde und feuchtem Laub und ein wenig nach Wildschwein. Ihm folgte Bergred, der Schmied, dem die Erschöpfung der Pferde Sorgen machte.
    »Die sind am Ende«, sagte er, »und die Stute lahmt. Mit denen wäret ihr nicht mehr weit gekommen.« Er bestand darauf, dass sie bei ihm zu Abend aßen. Sein Haus sei größer als das von Kedwyn. »Alle Familien dieses Dorfes haben Opfer zu beklagen, die von dem furchtbaren Eber getötet oder verletzt worden sind. Und ihr zwei Burschen habt ihn vertrieben! Dafür werden sich viele bei euch bedanken wollen.«
    Eigentlich wollten wir ja keine Aufmerksamkeit auf uns ziehen, dachte Adrian.
    Sie saßen zusammen mit Bergred und dessen beiden Söhnen um das Feuer und aßen Gerstensuppe mit Hammelfleisch aus hölzernen Schalen. Später erhielten sie Besuch von weiteren Dörflern. Das Gespräch wandte sich wieder den Angriffen der Wildschweine auf die Dorfbewohner zu. Adrian hörte mit wachsendem Entsetzen, was Bergred zu erzählen wusste.
    »Sie lauern uns geradezu auf, diese Teufel«, sagte er. »Wir trauen uns nur zu sechst in den Wald, um Brennholz zu sammeln. Die Wildschweine spüren das. Der Königseber führt sie an.« An den Fingern seiner mächtigen Hände zählte er die bisherigen Opfer auf. Man hatte einen etwas einfältigen Jungen im Winter tot und teilweise gefressen aufgefunden. Ein Bauer hatte bei einem Angriff der Rotte auf seinen dreijährigen Sohn die Hand verloren und war später am Wundbrand gestorben. Bergreds ältester Sohn war vor zwei Wintern regelrecht aufgespießt worden. Zur Erntezeit hatten die Wildschweine ein. Baby aus seinem Körbchen im Schatten am Feldrain geholt …
    Frau Kedwyn trat mit einem Krug Bier ein. »An jenem Tag holten sie zwei Opfer. Zuerst Maesgarads Baby und dann, als Bergred und Toby die Verfolgung aufnahmen, auch noch Toby. Er war schnell wie der Wind, der junge Toby …«
    »Und ich langsam wie der Winter«, sagte Bergred düster. »Als ich ihn einholte, war er schon tot. Der Eber hatte ihm die Hauer in den Bauch gerammt. Ich sah die schwarze Bestie. Bis zur Hüfte reichte sie mir, und ich sage euch, ihre Augen funkelten mich so böse an wie die Augen eines bösen Menschen. Sie will Rache, Rache und Tod.«
    »Aber warum?«, fragte Adrian leise. »Warum tun die Wildschweine das?«
    Eine Zeit lang sagte niemand etwas – offenbar kannten die anderen die Antwort auf seine Frage. Endlich, als gäbe es eine stumme Übereinkunft, begann Bergred zu sprechen.
    »Warum sollten wir es euch nicht sagen? Ihr kennt sie ja inzwischen auch.«
    Die Wildschweine seien als Strafe gekommen, sagte der Schmied. Einige Dorfbewohner hielten sie nicht für Tiere, sondern für Geschöpfe der schwarzen Magie. Andere meinten, die Wächter hätten sie nur zusammengetrieben und im Wald von Oferstow losgelassen.
    Kaum war der Name Wächter gefallen, blickten alle Anwesenden ängstlich zur Tür. Doch sie blieb geschlossen – und dass Cluaran als Einziger nicht zusammengezuckt war, beruhigte Adrian zusätzlich.
    »Die Wächter sollen die Wildschweine hergetrieben haben?«, fragte Elsa verwirrt.
    Bergred nickte. Zwei Jahre zuvor war er während eines schlimmen Unwetters nach draußen gerufen worden, um einem alten Mann zu helfen, dessen Maultierkarren im Schlamm an der Brücke stecken geblieben war. Die Achse war gebrochen. Bergred hatte den Alten und seine Fuhre bei sich im Kuhstall aufgenommen und sich daran gemacht, die Achse zu reparieren. Der Alte hatte Bergred angefleht, ihm zu helfen, die Ladung im Heu zu verstecken. Bergred hatte geglaubt, er sei nicht ganz bei Trost. Warum sollte man in einem ehrlichen Dorf eine Fuhre Brennholz und einige Säcke Hafermehl verstecken? Doch unter den Scheiten und Säcken war noch etwas anderes zum Vorschein gekommen: eine seltsame Kiste mit eisernen Beschlägen und einem Schloss ohne Schlüsselloch. Der Alte ließ den Schmied schwören, niemandem von der Kiste zu erzählen, solange er im Dorf weilte.
    Elsa fühlte ein Kribbeln in ihrer Hand und ballte sie zur Faust. Sie kannte diese Kiste – sie hatte das Schloss geöffnet, hineingelangt und den silbernen Handschuh herausgeholt,

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