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Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache

Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache

Titel: Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Lake
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konzentrierte er sich auf die nur ganz schwach wahrnehmbaren Bewegungen der Wildschweine. Er beschrieb Cluaran alles, was er sah – das Gefälle des Bodens genauso wie die plötzliche Helligkeit, als die Wildschweine aus dem Gestrüpp brachen und in ein Birkenwäldchen gelangten. Ihre Hauer leuchteten hell aus einem Meer von dunkelbraunem Farn heraus.
    »Ja«, murmelte Cluaran oder: »Ich weiß, wo das sein könnte.« Er fasste Adrian an den Schultern und drehte ihn in eine andere Richtung. Adrian stolperte weiter, ausschließlich auf das Wildschwein konzentriert, durch dessen Augen er blickte. Er sah jetzt auf beiden Seiten Augen leuchten und vor sich die dunkle Masse des Königsebers, der sie anführte.
    Plötzlich hielt das riesige Tier an. Seine Ohren zuckten.
    Sie hören uns!
    Adrian blieb stehen. »Sie sind vor uns!«, flüsterte er aufgeregt.
    Cluaran ließ ihn so plötzlich los, dass er fast das Gleichgewicht verloren hätte. »Ich rieche sie«, flüsterte der Sänger. »Der Wind weht auf uns zu – ideal, um sie zu überraschen.«
    Adrian öffnete die Augen. Orangefarbenes Licht blendete ihn. Er zwinkerte. Cluaran stand als Silhouette vor der aufgehenden Sonne und gab den Männern mit erhobenen Armen Zeichen. In den Bäumen hinter ihnen raschelte es und die Bogenschützen gingen in Stellung. Dann gab der Sänger das Zeichen zum Vorrücken. Von den Augen des Wildschweins befreit, war es Adrian, als blicke er durch einen Tunnel. Am Ende des Tunnels blendete ihn grelles Licht, rechts und links sah er nichts. Er schüttelte den Kopf, um sich von dem Eindruck zu befreien, und zwängte sich in Richtung der großen roten Sonnenscheibe, die ihm zwischen den Bäumen entgegenschien, durch das Unterholz.
    Vor sich hörte er Schreie. Er eilte durch die Büsche und sah die Wildschweine, diesmal mit seinen eigenen Augen, als schwarze Schatten zwischen den Wurzeln der Bäume. Die ersten Pfeile flogen. Ein Schwein stürzte quiekend zu Boden, die anderen wandten sich in Panik zur Flucht.
    Auch Adrian legte seinen Bogen an und trieb die Tiere zusammen mit den anderen der aufgehenden Sonne zu. Geschafft!, frohlockte er innerlich. Ich habe die Wildschweine mithilfe meines magischen Blicks gefunden!
    Sie brachen durch das Unterholz und rochen die Angst der von ihnen gejagten Wildschweine.
    Plötzlich tat sich die Lichtung vor ihnen auf. In ihrer Mitte klaffte im roten Licht schwarz die Grube. Rechts und links davon standen mit erhobenen Speeren bewegungslos wie Statuen die Dorfbewohner. Die Wildschweine stürzten durch die Bäume. Die Dörfler verharrten noch einen kurzen Augenblick in erstarrtem Schweigen, dann stürzten sie brüllend und mit gesenkten Speeren den Tieren entgegen und trieben sie zur Grube.
    Adrian stockte der Atem. Ein Wildschwein fehlte. Der Königseber hatte sich von der Rotte getrennt und ließ die anderen Wildschweine allein in ihr Verderben laufen. Wo war er?
    Elsa wartete am Rand der Lichtung im Schatten der Bäume. Beim Anblick Adrians hellte sich ihre Miene auf. Sie hob grüßend die Hand und lief auf ihn zu. Unterdessen näherten sich die Dörfler der Grube.
    Ein dünner, hoher Schrei schnitt scharf wie eine Rasierklinge durch den Wald. Am Rand der Lichtung, außerhalb des Rings der Bogenschützen, stand pechschwarz und mit erhobenem Kopf, als schwelge er in dem zwischen den Bäumen hängenden Geruch nach Blut und Angst, der Königseber.
    Er verharrte nur einen kurzen Augenblick, dann stürzte er sich auf Adrian.
    Adrian hörte Elsa wie aus großer Ferne schreien. Er kniete hin und zog hastig einen Pfeil aus dem Köcher. Ihm war, als komme das riesige Tier wie in einem Traum ganz langsam näher. Sein Atem dampfte in der feuchten Luft, seine Augen glühten wie die Ritzen eines Ofens.
    Ganz ruhig. Adrian spannte den Bogen und schoss.
    Er traf den Eber in die Schulter. Der Pfeil riss eine Wunde, so lang wie die Hand eines Mannes. Das Tier schwenkte zur Seite, raste an Adrian vorbei, streifte ihn, warf ihn dabei um und griff den Bogenschützen neben ihm an. Der Mann hatte keinen Pfeil zur Hand. Schreiend rannte er auf die Bäume zu.
    Einen Augenblick lang hob sich Elsa bewegungslos und grellweiß von den Bäumen ab, wie in einer Eisscherbe eingefroren. Dann rannte sie hinter dem Eber her. Das Kristallschwert leuchtete in ihrer Hand.
    »Cluaran!«, brüllte Adrian, doch Elsa verschwand bereits zwischen den Bäumen. Adrian folgte ihr ein paar Schritte, blieb stehen und schickte seinen magischen Blick hinter

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