Chroniken der Dunkelheit - 03 - Feuerkreis
nur den Wert seines Opfers.« Er winkte einige Männer zu sich. »Bringt die Leichen weg!«, befahl er. »Aber den König lasst seinen eigenen Leuten.«
Cathbar starrte ihn an. »Ihr habt den Tempel Eurer Göttin entweiht!«, sagte er verächtlich.
»Unserer Göttin?« Haaksen lachte. »Freya und ihresgleichen sind tot! Wir beten zu einem neuen Gott. Dieser mit Blut und Feuer geweihte Tempel gehört ab jetzt ihm. Seht!« Er sprang auf die Plattform, riss die letzte Fackel aus ihrer Halterung und zündete damit die große Statue an. Adrian sah zum ersten Mal, dass jemand das Gesicht der Göttin mit Schwertstreichen entstellt und ein neues Gesicht darübergemalt hatte: ein Gesicht mit eng stehenden Augen, einem wilden Grinsen und Haaren, die einem Flammenkranz glichen.
»Der Feuergott«, sagte Haaksen ehrfürchtig. »Er heilt, wann er will, und tötet, wann er will, und sein Blick ist jetzt und in alle Ewigkeit auf uns gerichtet. Er kommt mit dem Blitz und durch seine Adern strömt Feuer.«
»Und er heißt Loki«, sagte Cluaran leise.
Adrian, für den eine Welt zusammengebrochen war, hatte das Gefühl, als habe er es schon die ganze Zeit gewusst. Loki … der Elsas Vater und Cluarans Vater getötet hat und jetzt meinen. Der Drachen auf die Menschen hetzt und Dörfer anzündet. So einer muss ein Gott sein.
»Dein Vater ist tot, kleiner König«, sagte Haaksen. »Geh nach Hause. Ich werde keinen deiner Leute mehr töten. Der Feuergott wird viele Krieger brauchen, wenn er kommt, um seine Herrschaft über dein Land zu errichten. Aber nicht meine Männer werden ihn an die Küsten deines Landes bringen. Du wirst ihn schon bald selbst willkommen heißen.« Er lächelte. »So wie alle Bewohner dieses Landes es tun, besonders die, die sein Wort mit Blut und Feuer verbreiten – indem sie nämlich die Häuser all derer verbrennen, die seinen Namen nicht preisen wollen.«
Die Leichen wurden aus dem Tempel getragen und nur eine blieb zurück. Olav Haaksen wandte sich um, schritt inmitten seiner Männer den Hang hinunter und verschwand.
Adrian rannte zu seinem Vater, der mit ausgebreiteten Armen auf dem Altar unter dem höhnisch grinsenden Gesicht lag.
Er hob seinen Oberkörper an und Heored schlug die Augen auf und sah seinen Sohn mit einem kaum wahrnehmbaren Lächeln an. »Du bist mir gerade rechtzeitig zu Hilfe gekommen«, flüsterte er. »Du hast mich davor bewahrt, wie ein gefangenes Tier zu sterben. So sterbe ich mit dem Schwert in der Hand.«
»Verlass mich nicht, Vater, bitte …«
»Nein, nicht das!«, fiel Heored ihm ins Wort und in seiner Stimme klang etwas von seiner alten Ungeduld auf. »Du bist jetzt ein Mann … ein König. Hör zu, Adrian – führe die Männer nach Hause, verstanden? Geh nach Hause und tröste deine Mutter.« Er bekam einen rasselnden Hustenanfall und rang nach Luft und Adrian klammerte sich an ihn wie an ein Blatt, das der Wind jeden Augenblick wegwehen konnte.
»Ich werde alles tun, was du sagst«, versprach er, bemüht, das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken. Heored nickte. Dann sprach er wieder. Seine Stimme war nur noch ein leises Flüstern und Adrian musste das Ohr dicht an den Mund seines Vaters halten.
»Ganz gleich was für Gaben … die Götter dir gegeben haben … Du bist doch mein Sohn, Adrian. Sei ein König.«
»Das will ich sein, Vater! Ich werde dir Ehre machen, das gelobe ich.« Die Stimme versagte ihm. »Und ich räche dich an dem Feind, der das ganze Unglück angerichtet hat. Ich werde den Feuergott vernichten.«
Er wusste nicht, ob sein Vater ihn hörte. Heored starrte ihn blicklos an und sein Kopf fiel nach hinten. Adrian legte ihn sanft ab und hob den Kopf. Männer standen um ihn herum und warteten darauf, dass er etwas sagte. Cathbar betrachtete ihn ernst, hinter ihm stand stumm Cluaran.
Elsa weinte.
Adrian spürte, wie ihm Tränen über die Wangen liefen, aber er wischte sie nicht weg. Er beugte sich noch einmal über seinen Vater und schloss ihm die Augen, dann stand er auf.
»König Heored ist tot«, sagte er und staunte selbst, wie fest seine Stimme klang.
Theobald nickte und kniete neben Heoreds Leiche. Als er wieder aufstand, hielt er den Siegelring des Königs in der Hand, einen großen Rubin, den Heored nie abgelegt hatte. Theobald nahm Adrians rechte Hand und streifte ihm den Ring über den Mittelfinger. Dann kniete er erneut nieder.
»Seid gepriesen!«, rief er. Die neben ihm stehenden Männer nahmen den Ruf auf und wiederholten ihn in
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