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Chroniken der Jägerin 3

Chroniken der Jägerin 3

Titel: Chroniken der Jägerin 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Liu
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hatte ihn hereingelegt, ihn Oturu übergeben und gezwungen, diesem zu dienen.
    Er hatte mich einmal vor einen Bus geschubst. Aber ich nahm es ihm nicht übel.
    »Ihn brauchen wir doch nicht«, erwiderte Oturu, und wieder teilte sich sein Haar, streckte sich wie tausend anmutige Finger nach mir aus. Schneller als ich reagieren konnte umschloss er mich und breitete seinen Mantel wie Flügel um mich aus. Und obwohl Dek und Mal knurrten, griffen sie nicht an. Haarsträhnen glitten an meinem Hals entlang und streichelten über meinen Kopf. Ich blickte angestrengt in den Abgrund seines Mantels
und Körpers und nahm bruchstückhaft Bewegungen in den Schatten wahr, die wie Augen oder Hände aussahen.
    Ich hörte nichts als nur den eigenen Herzschlag. Aber ganz tief drinnen, ganz tief im Inneren rührte sich etwas.
    Oturu flüsterte: »Aus der Finsternis wurden wir geboren.«
    Und wiedergeboren, in alle Ewigkeit , murmelte die leise Stimme in meinem Geist.
    Ich schloss die Augen und hielt still. Meine Finger spürten stachelige Haare und spitze Ohren, als Rex, Aaz und Zee näher rückten. »Du wusstest die ganze Zeit über, wer ich bin. Seit wir uns das erste Mal begegnet sind.«
    »Nicht einmal du selbst weißt, wer du bist.« Oturu zog mich näher an sich heran. Als sich sein Haar fester um meinen Körper wand, knurrten Dek und Mal. »Und du wirst es auch nicht wissen … keiner von uns wird es wissen … bis zu deinem letzten Atemzug. Weil wir uns verändern, Jägerin. Wir sind im Werden. Wir transformieren uns. Mit jeder Jagd werden wir als etwas Neues wiedergeboren. So lange, bis wir nicht mehr jagen können.«
    Ich schaute auf und versuchte, ihm in die Augen zu sehen. Seine Hutkrempe war im Weg, und die Schatten, die sie warf, verdunkelten alles. Dennoch fühlte ich, wie sein Blick auf mir lag.
    »Warum bist du hier?«, fragte ich ihn.
    Er gab mich frei, die Strähnen seines Haars glitten an meinem kahlen Schädel und dann an der Narbe unter meinem Ohr entlang. Zee griff nach meiner Hand und zerrte daran.
    »Erinnerungen«, schnarrte er. »Du brauchst Wahrheiten.«
    »Wahrheiten über unsere Herrin«, meinte Oturu ehrfürchtig. »Die, deren Pfaden du folgst.«
    »Meine Ahnfrau«, sagte ich bekümmert. »Bin ich ihr denn so ähnlich?«

    Oturu neigte den Kopf, seine Hutkrempe senkte sich so weit nach unten, dass sie fast seinen Mund beschattete. Noch einmal schwebten seine Haare auf mein Gesicht zu, diese zarten, verschlungenen Tentakel.
    Er hielt inne, kurz bevor er mich berührte. »Wir würden ihr Herz erkennen. Und ihre Seele, ganz gleich, wo sie sänge. So gut, wie wir uns selbst erkennen würden. Du bist nicht Herrin Hunter. Außer in den Dingen, auf die es ankommt. Dein Herz. Deine Kraft.«
    Ich lauschte nach innen, in meine Seele hinein, nach der Stimme der Finsternis. Aber ich konnte nichts hören. Es war so ruhig, dass ich fast hätte glauben können, ich sei nie gekapert, besetzt und besessen worden, als sei da nichts, das durch mich hindurchkroch und alles, was ich berührte, in Asche verwandelte.
    Als hätte ich mein Leben genossen. Ich selbst, und nicht dieses … Ding.
    Macht ist für sich genommen schon ein Genuss , murmelte die Stimme in mir. Und dann erst die Macht über Leben und Tod .
    Hör auf! , befahl ich der Stimme. Ich höre dir nicht zu .
    Du könntest so viele retten. Du könntest so vieles vollbringen. Die Erde vor dem Aetar schützen. Kriege beenden. Frieden schaffen.
    Ich war mir nicht sicher, ob das meine eigenen Gedanken waren oder ob sie der Macht gehörten, die in mir wohnte. Aber sie trafen ziemlich ins Schwarze. Ich wischte mir über den Mund und wünschte, ich hätte Wasser, um ihn mir auszuspülen. Ich spürte die Asche zwischen meinen Zähnen knirschen.
    »Was für Wahrheiten?«
    »Man hat dir erzählt, unsere Herrin hätte einfach nur den Verstand verloren. Aber das ist nicht die ganze Wahrheit. So
hat es nicht begonnen. Ihre Ziele waren gut. So gut, wie deine es sein würden.«
    Meine Ziele waren mir unheimlich. »Wie hat es denn angefangen?«
    »Verrat«, sagte Oturu, und die Jungs schlossen die Augen, als wären sie eins. »Mehr brauchst du nicht zu wissen. Sie wurde um ihr Leben betrogen.«
    »Weil man sie fürchtete.«
    »Weil sie sie satthatten. Weil sie es satthatten, sie im Auge zu behalten. Weil sie alle möglichen Gefahren satthatten.« Oturu drehte sich um, beugte sich nach hinten, sein Mantel wirbelte hoch, bis ich die dolchartigen Spitzen seiner Füße sah, die über

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