Chroniken der Schattenjäger 2 - Clockwork Prince
besitze?«
»Nate sagte, dein Vater sei ein Dämon gewesen.« Jessamines Lippen zuckten unkontrolliert. »Und deine Mutter eine Schattenjägerin.«
Die Tür wurde leise geöffnet - so leise, dass das Geräusch Magnus nicht geweckt hätte, wenn er nicht schon die ganze Zeit zwischen Wachen und Schlafen hin und her gewechselt hätte.
Müde hob er den Kopf. Er saß in einem Ohrensessel am Kamin, weil sein Lieblingsplatz auf dem Sofa von Will belegt war. Der junge Schattenjäger war in den tiefen Schlaf derjenigen versunken, die medizinisch versorgt waren und nun heilen mussten. Sein Unterarm war bis zum Ellbogen bandagiert, seine Wangen leuchteten fiebrig und sein Kopf ruhte auf seinem unverletzten Arm. Der Dämonenzahn, den er sich aus der klaffenden Wunde gezogen hatte, lag auf dem Beistelltisch neben ihm und schimmerte wie Elfenbein.
Hinter Will war die Tür zum Salon inzwischen weit aufgegangen und im Türrahmen stand Camille.
Die Vampirdame trug ein schwarzes Reisecape über einem leuchtend grünen Kleid, das genau zur Farbe ihrer Augen passte. Ihr Haar war mit Smaragdkämmen hochgesteckt und sie trug weiße Glacéhandschuhe, die sie - nach einem kurzen Blick auf den Hexenmeister - nun lasziv abstreifte und auf das Tischchen neben der Tür legte. »Magnus«, sagte sie, wobei ihre Stimme wie üblich silberhell klang. »Hab ich dir gefehlt?«
Magnus setzte sich auf. Der Schein des flackernden Feuers spiegelte sich auf Camilles glänzenden Haaren und ihrer makellosen weißen Haut wider. Sie war eine außerordentliche Schönheit. »Es war mir nicht bewusst, dass du mich heute Nacht mit deiner Anwesenheit beehren würdest«, erwiderte er.
Camille warf einen Blick auf Will, der noch immer friedlich auf dem Sofa schlief, und ein spöttisches Lächeln umspielte ihre Lippen. »Ganz offensichtlich.«
»Du hast mir keine Nachricht zukommen lassen. Genau genommen, hast du seit deiner Abreise aus London überhaupt nichts von dir hören lassen.«
»Machst du mir etwa Vorwürfe, Magnus?« Camille klang belustigt. Fast geräuschlos bewegte sie sich zum Sofa, beugte sich über die Rückenlehne nach vorn und betrachtete Wills Gesicht. »Will Herondale«, stellte sie fest. »Er ist hinreißend, nicht wahr? Ist er dein neuester Zeitvertreib?«
Statt einer Antwort kreuzte Magnus nur die langen Beine. »Wo bist du gewesen?«, fragte er.
Camille beugte sich tiefer; wenn sie noch einen Atem gehabt hätte, dann hätte dieser nun die dunklen Locken auf Wills Stirn leicht bewegt. »Kann ich ihm einen Kuss geben?«
»Nein«, erwiderte Magnus. »Wo bist du gewesen, Camille? Ich habe jeden Abend hier auf dem Sofa gelegen, darauf gewartet, deine Schritte in der Eingangshalle zu hören, und mich die ganze Zeit gefragt, wo du wohl sein magst. Da könntest du es mir wenigstens jetzt verraten.«
Camille richtete sich auf und rollte mit den Augen. »Also gut, wenn du darauf bestehst: Ich war in Paris, ein paar neue Kleider anprobieren. Eine wohlverdiente Abwechslung zu den Dramen Londons.«
Eine Weile herrschte Stille im Raum. Dann meinte Magnus unvermittelt: »Du lügst.«
Erstaunt weiteten sich Camilles Augen. »Wie kommst du dazu, so etwas zu sagen?«
»Weil es der Wahrheit entspricht.« Magnus zog einen zerknitterten Brief aus der Tasche und warf ihn genau zwischen sich und Camille auf den Boden. »Man kann zwar keinen Vampir orten, seinen Domestiken aber durchaus. Du hast Walker mitgenommen. Es war ein Leichtes, seine Spuren bis nach Sankt Petersburg zu verfolgen, wo ich meine Informanten habe. Von ihnen erfuhr ich, dass du dort mit einem menschlichen Liebhaber zusammengelebt hast.«
Camille musterte ihn und ein kleines Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. »Und das hat dich eifersüchtig gemacht?«
»Wolltest du das denn gern?«
»Ça m’est égal«, entgegnete Camille auf Französisch - wie immer, wenn sie ihn wirklich verärgern wollte. »Mir ist das vollkommen einerlei. Der andere Mann hatte überhaupt nichts mit dir zu tun. Er war lediglich ein kleiner Zeitvertreib während meines Aufenthalts in Russland, nicht mehr und nicht weniger.«
»Und jetzt ist er ...«
»Tot. Also wohl kaum Konkurrenz für dich. Du musst mir meine kleinen Zerstreuungen schon noch gönnen, Magnus.«
»Denn sonst?«
»Denn sonst werde ich sehr, sehr ungehalten.«
»So ungehalten wie gegenüber deinem menschlichen Liebhaber?«, hakte Magnus nach. »Den du daraufhin getötet hast? Aus Mitleid? Erbarmen? Liebe? Oder bist du zu dieser Emotion gar
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