Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Chroniken der Schattenjäger 2 - Clockwork Prince

Titel: Chroniken der Schattenjäger 2 - Clockwork Prince Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
Vom Netzwerk:
nächsten Moment laut aussprechen, »er hat es von langer Hand geplant. Schon vor meiner Geburt, als er meine Eltern mit einem Trick oder mit Gewalt dazu gebracht hat, mich zu ›erschaffen‹. Und jetzt wissen wir, dass er sich vor Jahren an Wills Familie herangemacht und sie nach Ravenscar Manor umgesiedelt hat. Ich fürchte, wir sind wie Schachfiguren, die er über das Spielbrett schiebt - und der Ausgang des Spiels ist ihm längst bekannt.«
    »Er will, dass wir das denken, Tessa«, wandte Jem ein. »Aber er ist nur ein Mensch. Und jedes Detail, das wir über ihn in Erfahrung bringen, macht ihn verwundbarer. Wenn wir keine Bedrohung für ihn darstellen würden, hätte er gewiss nicht diesen Klockwerk-Automaten geschickt, um uns abzuschrecken.«
    »Aber er hat genau gewusst, wann wir wo sein würden ...«
    »Es gibt kaum etwas Gefährlicheres als einen Mann, der auf Rache sinnt«, bemerkte Ragnor. »Ein Mann, der seit fast sechs Jahrzehnten auf Vergeltung aus ist, ein Mann, der den Gedanken gehegt und gepflegt hat, von einem kleinen, giftigen Samenkorn zu einer voll erblühten, alles erstickenden Pflanze. Er wird seinen Plan bis zum Schluss durchführen - es sei denn, ihr Nephilim setzt ihm vorher ein Ende.«
    »Dann werden wir ihm eben ein Ende setzen«, sagte Jem kurz angebunden. Tessa hatte ihn noch nie eine Drohung aussprechen hören, aber seine Worte ließen keinen Zweifel an seinen Absichten.
    Nachdenklich schaute Tessa auf ihre Hände. Sie waren blasser als zu der Zeit, als sie noch in New York gelebt hatte, aber es waren ihre Hände, unendlich vertraut - beide Zeigefinger etwas länger als die Mittelfinger, die Nagelmonde deutlich ausgeprägt. Ich könnte sie verwandeln, überlegte sie. Ich könnte jede Gestalt annehmen, mich in jeden beliebigen Menschen verwandeln. Nie zuvor hatte sie sich wandelbarer oder veränderlicher gefühlt - und verlorener.
    »In der Tat«, sagte Charlotte entschlossen. »Ragnor, ich muss wissen, warum die Familie Herondale in Ravenscar Manor lebt ... diesem Haus, das einst Mortmain gehörte. Außerdem möchte ich dafür sorgen, dass sie dort in Sicherheit sind. Und das alles muss auf eine Weise geschehen, sodass weder Benedict Lightwood noch der Rest der Schattenjägergemeinschaft etwas davon erfährt.«
    »Ich verstehe. Sie wollen also, dass ich möglichst unauffällig auf die Herondales achtgebe, während ich gleichzeitig diskrete Nachforschungen über Mortmain anstelle. Wenn er sie in diese Region umgesiedelt hat, muss er dafür einen Grund gehabt haben.«
    Charlotte holte tief Luft. »Ganz genau.«
    Ragnor spielte mit der Gabel in seiner Hand. »Das wird teuer.«
    »Ja.« Charlotte nickte. »Und ich bin bereit, dafür zu zahlen.«
    Ein breites Grinsen zeichnete sich auf Fells Gesicht ab. »In diesem Falle bin ich bereit, die vielen Schafe dort zu ertragen.«

    Während des restlichen Mittagessens herrschte eine angespannte Stimmung: Jessamine zerdrückte übellaunig ihr Essen, ohne auch nur einen Bissen davon anzurühren, Jem war ungewöhnlich schweigsam, Henry murmelte irgendwelche mathematischen Gleichungen vor sich hin und Charlotte und Fell feilten an ihrem Plan zum Schutz von Wills Familie. Sosehr Tessa dieses Vorhaben auch begrüßte, hatte der Hexenmeister dennoch etwas an sich, das ihr auf eine Weise Unbehagen bereitete, wie sie es in Magnus’ Gegenwart nie verspürt hatte. Deshalb war sie froh, als das Essen endlich vorüber war und sie sich mit einer Ausgabe von Die Herrin von Wildfell Hall auf ihr Zimmer zurückziehen konnte.
    Zwar zählte dieses Werk nicht zu ihren Lieblingsbüchern der Geschwister Brontë - diese Ehre gebührte Jane Eyre, gefolgt von Sturmhöhe -, aber sie hatte die beiden anderen Romane derart häufig gelesen, dass sie keine Überraschungen mehr boten. Viele Sätze und Formulierungen waren ihr inzwischen so vertraut, dass sie ihr fast wie alte Freunde erschienen. Eigentlich hätte Tessa gern Eine Geschichte aus zwei Städten gelesen, doch Will hatte Sydney Carton so oft zitiert, dass sie fürchtete, die Lektüre würde nur weitere Gedanken an ihn wecken und ihre nervöse Anspannung noch verschlimmem. Denn schließlich zitierte Will nie Charles Darnay, sondern immer nur Sydney, den ewig betrunkenen, gescheiterten und zügellosen tragischen Helden der Geschichte. Sydney, der für die Liebe in den Tod gegangen war.
    Draußen herrschte düsteres, ungemütliches Wetter und der Wind peitschte immer wieder Regenschauer gegen die Fensterscheiben, als

Weitere Kostenlose Bücher