Chroniken der Schattenjäger 2 - Clockwork Prince
dem Magister - nennen wir ihn doch einmal beim Namen, einverstanden? -, mit Mortmain unter einer Decke stecken und ihm erlauben, die Mitglieder meines Rudels für seine Zwecke zu missbrauchen.«
»Ich hatte mir überlegt ...«, setzte Charlotte stockend an, »dass sich Londons Schattenweltler vielleicht vom Institut hintergangen fühlen könnten ... nach dem, was mit de Quincey geschehen ist. Sein Tod ...«
Scott korrigierte den Sitz seines Monokels; dabei fiel Licht auf einen goldenen Ring an seinem Zeigefinger und ließ den eingravierten Wahlspruch L’art pour l’art aufblitzen. »Sein Tod war die angenehmste Überraschung, seit ich das Türkische Bad in der Jermyn Street entdeckt habe. Ich habe de Quincey verabscheut. Ihn mit jeder Faser meines Körpers gehasst.«
»Nun ja, die Nachtkinder und die Kinder des Mondes haben sich ja nie sonderlich ...«, setzte Charlotte an.
»De Quincey hat einen Werwolf getötet ... eigenhändig«, unterbrach Tessa plötzlich, als sich ihre Erinnerungen mit denen von Camille Belcourt vermischten und ihr das Bild eines gelbgrünlichen Augenpaars ins Gedächtnis riefen - genau wie Scotts Augen. »Aufgrund seiner ... romantischen Verbindung mit Lady Belcourt.«
Woolsey Scott warf Tessa einen langen, interessierten Blick zu. »Das war mein Bruder«, erklärte er. »Mein älterer Bruder. Sie müssen wissen, dass er das Londoner Rudel vor mir angeführt hat und ich diese Position von ihm ›geerbt‹ habe. Normalerweise muss man den amtierenden Leitwolf töten, um seine Nachfolge antreten zu können. Aber in meinem Fall wurde eine Abstimmung durchgeführt und mir fiel die Aufgabe zu, im Namen meines Rudels Vergeltung für meinen Bruder zu üben. Doch jetzt ...« Er gestikulierte mit seiner eleganten Hand. »Doch jetzt haben Sie sich für mich um de Quincey gekümmert. Sie ahnen ja gar nicht, wie dankbar ich Ihnen bin, meine Liebe.« Nachdenklich neigte er den Kopf leicht zur Seite. »Und, ist er anständig aus dem Leben geschieden?«
»Er starb schreiend vor Schmerz.« Charlottes Unverblümtheit bestürzte Tessa.
»Welch wundervolle Nachricht.« Scott stellte seine Teetasse ab. »Dafür schulde ich Ihnen einen Gefallen. Ich werde Ihnen alles erzählen, was ich weiß, obwohl es nicht gerade viel ist. Mortmain ist damals zu mir gekommen und hat mich aufgefordert, dem Pandemonium Club beizutreten. Ich habe das abgelehnt, weil de Quincey dem Club bereits angehörte und ich nicht Teil eines Unterfangens sein wollte, an dem er beteiligt war. Mortmain ließ mich wissen, dass für mich immer ein Platz im Club frei wäre, falls ich jemals meine Meinung ändern sollte ...«
»Hat er Ihnen von seinen Absichten erzählt?«, unterbrach Will den Werwolf. »Hat er Ihnen das eigentliche Ziel des Clubs verraten?«
»Die Vernichtung aller Nephilim«, erklärte Scott. »Ich hatte eigentlich angenommen, Sie wüssten das. Schließlich ist der Pandemonium Club keine Versammlung von Freizeitgärtnern.«
»Wir glauben, Mortmain hegt einen Groll ... gegen den Rat«, sagte Charlotte. »Vor Jahren haben Schattenjäger seine Eltern getötet. Die beiden waren Hexenwesen und tief in schwarze Magie verstrickt.«
»Ich würde es weniger als Groll bezeichnen - eher als Manie«, erwiderte Scott. »Als Obsession. Mortmain würde gern dafür sorgen, die gesamte Schattenjägergemeinschaft auszulöschen - obwohl er für den Moment damit zufrieden scheint, in England anzufangen, um sich dann von hier aus weiter vorzuarbeiten. Ein geduldiger, methodisch vorgehender Irrer. Die schlimmste Sorte, die es gibt.« Der Werwolf lehnte sich zurück und seufzte. »In jüngster Zeit sind mir in der Tat Berichte von einer Gruppe junger Wölfe zu Ohren gekommen, die keinem Rudel angehören, irgendwelche zwielichtigen Arbeiten leisten und dafür fürstlich entlohnt werden. Mit dem vielen Geld prahlen sie gegenüber den Rudelwölfen und sorgen damit für Feindseligkeiten. Von dem Rauschmittel habe ich allerdings bisher nichts gewusst.«
»Die Substanz bewirkt, dass die Wölfe pausenlos Weiterarbeiten können, Tag und Nacht, bis sie vor Erschöpfung umfallen oder durch das Rauschmittel sterben«, erläuterte Will. »Eine Abhängigkeit tritt sehr rasch ein und lässt sich auch nicht mehr heilen. Der Konsum von Yin Fen führt unweigerlich zum Tod.«
Scott warf Will einen skeptischen Blick zu. »Dieses Yin Fen, dieses silberne Pulver ... ist das nicht die Substanz, von der auch Ihr Freund James Carstairs abhängig ist? Und er
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