Chroniken der Schattenjäger 2 - Clockwork Prince
Brot schrie zum Himmel,
Die Pastinaken war’n wie ...«
»Du kannst nicht ›York‹ auf ›York‹ reimen«, unterbrach Tessa ihn. »Das ist geschummelt.«
»Sie hat recht«, wandte auch Jem sich an Will, während seine eleganten Finger mit dem Stiel seines Weinglases spielten. »Zumal ›Kork‹ ja offensichtlich eine viel passendere Wahl wäre ...«
»Guten Abend.« Der massige Schatten von Aloysius Starkweather ragte plötzlich im Türrahmen auf; Tessa errötete betreten und fragte sich, wie lange er wohl dort schon gestanden haben mochte. »Mr Herondale, Mr Carstairs, Miss ... äh ...«
»Gray«, sagte Tessa. »Theresa Gray.«
»Ganz recht.« Starkweather verzichtete auf jede Entschuldigung für seine Verspätung und ließ sich schwerfällig am Kopf des Tischs nieder. Unter dem Arm trug er eine flache Schachtel, wie Bankiers sie zur Aufbewahrung von Dokumenten verwendeten, und platzierte sie neben seinem Teller.
Aufgeregt registrierte Tessa, dass die Schachtel mit der Jahreszahl 1825 und drei Initialen versehen war: JTS, AES, AHM.
»Eure junge Herrin wird zweifellos mit Freude zur Kenntnis nehmen, dass ich ihrem Wunsch nachgekommen bin und mir den ganzen Tag und die halbe Nacht um die Ohren geschlagen habe, um das Archiv zu durchsuchen«, setzte Starkweather in gekränktem Ton an. Tessa brauchte einen Moment, ehe sie begriff, dass mit »junger Herrin« in diesem Fall Charlotte gemeint war. »Sie kann sich glücklich schätzen, dass mein Vater in all den Jahren nichts weggeworfen hat. Und als ich die Unterlagen sah, erinnerte auch ich mich wieder an den Vorfall.« Er tippte sich an die Schläfe. »Neunundachtzig Jahre alt, aber nicht die geringste Kleinigkeit vergessen. Erzählt das mal dem alten Wayland, wenn er wieder davon anfängt, mich ersetzen zu wollen.«
»Das werden wir, Sir, ganz gewiss«, versicherte Jem mit funkelnden Augen.
Starkweather nahm einen kräftigen Schluck Wein und verzog dann angeekelt das Gesicht. »Beim Erzengel, dieses Gesöff ist einfach widerwärtig.« Er stellte das Glas ab und zog ein paar Papierbögen aus der Schachtel. »Hier haben wir einen Antrag auf Entschädigung im Namen zweier Hexenwesen. John und Anne Shade. Ein Ehepaar. Aber jetzt kommt das Merkwürdige daran«, fuhr der alte Mann fort. »Der Antrag wurde von ihrem Sohn eingereicht, Axel Hollingworth Mortmain, zweiundzwanzig Jahre alt. Nun, wie wir alle wissen, sind Hexenwesen natürlich unfruchtbar ...«
Will rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her und mied jeden Blickkontakt mit Tessa.
»Es handelt sich um den Adoptivsohn der beiden«, stellte Jem ruhig fest.
»Sollte nicht erlaubt sein, so was«, brummte Starkweather und nahm einen weiteren Schluck von dem Rotwein, den er kurz zuvor noch als widerwärtig bezeichnet hatte. Seine Wangen röteten sich allmählich. »Das ist so, als würde man ein Menschenkind zu einem Rudel Wölfe geben, damit sie es großziehen. Vor dem Abkommen wäre so was ...«
»Finden sich in den Unterlagen vielleicht irgendwelche Hinweise auf seinen Verbleib?«, warf Jem freundlich ein, im Versuch, das Gespräch wieder auf das eigentliche Thema zu lenken. »Uns bleibt leider nicht sehr viel Zeit ...«
»Schon gut, schon gut«, knurrte Starkweather. »Über euren hochverehrten Mortmain stehen hier kaum Informationen. Über die Eltern dafür umso mehr. Allem Anschein nach haben sie Verdacht erweckt, als herauskam, dass der Hexenmeister, John Shade, im Besitz des Weißen Buchs war. Ist ein ziemlich mächtiges Zauberbuch; war bereits 1752 unter mysteriösen Umständen aus der Bibliothek des Londoner Instituts verschwunden. Das Buch beschäftigt sich vorrangig mit Ver- und Entquickungsformeln, also damit, wie man eine Seele mit einem Leib verbindet oder von ihm loslöst, je nachdem. Bei den durchgeführten Nachforschungen hat sich dann herausgestellt, dass der Hexenmeister versucht hat, unbeseelte Körper mit Leben zu erfüllen. So hat er beispielsweise Leichen ausgegraben oder sie Medizinstudenten abgekauft und die beschädigten Körperpartien durch mechanische Teile ersetzt. Anschließend hat er dann versucht, sie zum Leben zu erwecken. Nekromantie - ein sehr schwerer Verstoß gegen das Gesetz. Aber damals gab es das Abkommen noch nicht. Also ist eine Truppe der Brigade in das Haus der Shades eingedrungen und hat die beiden Hexenwesen niedergemetzelt.«
»Und das Kind?«, fragte Will. »Was ist mit Mortmain passiert?«
»Weit und breit keine Spur von ihm«, erklärte
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