Chroniken der Schattenkrieger (German Edition)
besuchen.“
* * *
Der
weiße Wohnwagen verließ die einsame Tankstelle und hinterließ eine Stabwolke.
Der Rollsplitt knisterte laut unter dem Druck der Reifen, doch schon bald berührte
das Gummi erneut den bereits von der Sonne aufgewärmten Asphalt.
Wenige
Augenblicke, nachdem der Wohnwagen aus der Sicht des jungen Tankwarts
verschwunden war, ertönte das laute Brummen leistungsstarker Motoren aus der
Gegenrichtung. Das narbenübersäte Gesicht des jungen Mannes – ein
Überbleibsel aus seiner Pubertät, verursacht durch die von ihm gehasste
Akne – blickte voller Verwunderung zur Einfahrt. Sechs Motorräder fuhren
gemächlich auf das Gelände und blieben in Reih und Glied an der Eingangstür der
Tankstelle stehen.
Steve,
der das Geschäft von seinem Vater geerbt hatte, konnte sich noch genau an die
alten Geschichten des einzigen spannenden Geschehnisses erinnern, das diesem
Ort jemals widerfahren ist. Ein Überfall vor etwa dreiunddreißig Jahren. Sein
Vater hatte früher oft davon erzählt und keine Einzelheit darüber ausgelassen,
wie er die Verbrecher überrumpeln und entwaffnen konnte.
Die
Neuankömmlinge machten Steve Angst. Sie waren alle athletisch gebaut und
überragten ihn um mindestens zwei Köpfe. Gegen diese Truppe konnte er sich
niemals zur Wehr setzen.
Sollte
die Truppe wirklich einen Überfall planen, so hatten sie sich eindeutig das
schlechteste Ziel ausgesucht, das man sich als Dieb vorstellen konnte.
Einer
nach dem anderen nahmen sie ihre Helme ab und fingen an, ihre Maschinen mit
Treibstoff aufzufüllen. Es waren junge Männer, fast alle in Steves Alter. Nur
einer der Gruppe war ein älterer Mann. Dieser schritt auf die Eingangstür zu
und trat ein.
„Ich
wünsche Ihnen einen wunderschönen guten Morgen, Sir“, sagte er und grinste
breit. Sein Lächeln verlieh dem harten Gesicht zwar etwas Freundlichkeit,
konnte jedoch die angsteinflößende Ausstrahlung nicht bessern.
„Es
ist wirklich ein schöner Morgen, da haben Sie recht. Es scheint heute ein
warmer und sonniger Tag zu werden“, antwortete Steve vorsichtig. „Kann ich
etwas für Sie tun?“
„Ich
und meine Söhne sind auf einer Spritztour und möchten Ihre Zapfsäulen in
Anspruch nehmen. Eine vollgefüllte Maschine ist die Grundvoraussetzung für eine
gemütliche Spazierfahrt mit dem Motorrad.“
Steve
blickte durch die Scheibe und schaute der Gruppe zu, wie sie ihre Motorräder
und anschließend auch das Gefährt ihres Vaters volltankten.
„Sie
brauchen Sprit? Ich habe welchen. Schön, dass Sie sich für meine Tankstelle
entschieden haben – bereits der zweite Kunde an diesem Morgen. Ich kann
mich nicht erinnern, bereits vor Mittag jemals so viel Kundschaft gehabt zu
haben“, entgegnete Steve und bereute seine Worte sofort. Dass sein Geschäft
nicht so gut lief, wie er es erhofft hatte, war schon schlimm genug – es
noch laut auszusprechen, hinterließ einen bitteren Nachgeschmack auf seiner
Zunge.
„Oh,
Sie meinen sicherlich meinen Kumpel – den mit dem weißen Wohnmobil?“,
fragte Logan und versuchte, nicht all zu aufgeregt zu klingen.
„Ja,
er war vor nicht einmal zwei Minuten hier und hat seinem Wagen ebenfalls etwas
Sprit gegönnt.“
„Na,
dieser kleine Bastard. Er ist uns also vorausgeeilt. Wir haben eine kleine
Wette am Laufen, müssen Sie wissen. Wer das Ziel als Erster erreicht, bekommt
einen Kasten Bier spendiert. Aber ich gönne ihm seinen Vorsprung – mit
seiner Rappelkiste wird er es ohnehin nicht leicht haben, uns zu entwischen.“
„Es
ist eine schöne Strecke bis nach Portland; Sie werden ihn sicherlich noch
einholen können.“
„Portland …
ja, da haben sie allerdings recht. Es ist eine weite Strecke.“ Nun stand Logan
gedankenversunken vor der Kasse und grübelte angestrengt nach. „Wie viel
schulde ich Ihnen, junger Mann?“, fragte er, als er merkte, dass seine
Mannschaft mit dem Tanken fertig war.
„Es
macht genau einhundertundachtzig Dollar, Sir“, sagte Steve und tippte
ungeschickt auf den Kassenautomaten ein.
Logan
holte ein dickes Geldbündel aus seiner Tasche hervor und legte es auf den
Tresen. „Es stimmt so. Den Rest können Sie behalten. Betrachten Sie es als Lohn
für ihr Bemühungen, junger Mann.“
Verwirrt
starrte Steve auf den Haufen Geldscheine und konnte sein Glück kaum fassen.
Erst die zwei Kunden und dann auch noch ein Trinkgeld, von dem er noch nicht
mal zu träumen gewagt hatte. Heute konnte nur sein Glückstag sein!
„Er
fährt nach
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