Chroniken der Schattenkrieger (German Edition)
Schriftstellerkursus angeboten wurde.
In
ihrer alten Schule in Brunswick hatte sich immer gewünscht, an solch einem Kurs
teilzunehmen, musste jedoch Jahr für Jahr feststellen, dass dies ein
unerfüllter Traum bleiben würde. Das Budget der ohnehin heruntergekommenen
Schule erlaubte es nicht, etwas Neues ins Schulprogramm aufzunehmen.
Sie
spielte mit ihrem Finger an dem Ring, den sie nun nicht mehr von der Hand nahm,
und musste unwillkürlich an ihre Mutter denken. Auch wenn sie ihre Mutter nie
persönlich kennenlernen durfte, fehlte sie ihr besonders in Momenten wie diesem.
Der
Umzug und die familiäre Umstellung hinterließen ihre Spuren, doch das zeigte
sie keinem.
Schon
seit sie denken konnte, führte sie ein Tagebuch, dem sie all ihre Gedanken,
Sorgen und Hoffnungen offenbarte. Natürlich hatte sie eine freundschaftliche
Verbindung zu ihrem Vater, doch es gab Dinge, die sie keinem außer ihrem
Tagebuch anvertrauen konnte.
So
entwickelte sich mit den Jahren auch ihre Schreibleidenschaft. Es war ein
leises Kommunikationsmittel, das keines gesprochenen Wortes bedurfte.
Aus
der anfänglichen Erfassung ihrer Gedanken wurde eine Vorliebe, die sie auch auf
das Schreiben von Kurzgeschichten und Gedichten ausweitete.
Das
Klingeln der Schulglocke unterbrach sowohl ihre Gedanken als auch den Redefluss
der Lehrerin. Die erste Stunde war erstaunlich schnell vorbeigegangen, und die
erste Pause in der ihr noch fremden Schule stand nun bevor.
Sie
schwang erneut ihre Tasche über die Schultern und sah, dass Marri und Aragon
bereits auf dem Weg zu ihrem Tisch waren.
„Nun
steht uns der gesamte restliche Tag zur Verfügung“, begann Aragon seinen Monolog,
obwohl er noch ein paar Schritte von den beiden entfernt war. „Bei uns ist es
üblich, dass die Schüler den ersten Schultag dazu nutzen, sich für ihre AGs anzumelden.
Also kein Unterricht!“ Er grinste bis über beide Ohren. „Wir könnten euch durch
das Schulgelände führen und euch ein paar Freunde von uns vorstellen.“
„Unheimlich
gerne“, antwortete Marri, obwohl Aragon ganz offensichtlich mit Sydney gesprochen
hatte.
„Ich
hätte auch nichts dagegen“, bestätigte Sydney die Worte ihrer Stiefschwester.
* * *
Ausschnitt aus dem Tagebuch von Sydney Goodwin.
1. September 2010
Hallo,
liebes Tagebuch.
Heute
war ein ganz besonderer Tag. Ich war zum ersten Mal auf der neuen Schule.
Wie
ich im Nachhinein feststellen musste, waren meine Sorgen völlig unberechtigt.
Es war sogar richtig schön. Der Tag wurde aber auch durch einen besonderen
Menschen versüßt, und das war diesmal ausnahmsweise nicht mein Daddy. Heute
lernten wir Karls Söhne kennen, zwei ausgesprochen nette Jungs. Elias und
Aragon. Ihren Bruder, den dritten Sohn, kennen wir aber immer noch nicht. Er
ist wohl momentan beruflich oft unterwegs. So sagt es der Karl jedenfalls.
Elias
ist ein ganz Netter, und das liegt nicht nur daran, dass er sich in der Klasse
direkt neben mich gesetzt hat. Mir gefällt sein Lächeln.
Wir
haben heute unseren Stundenplan bekommen, an dem ich zunächst nichts
auszusetzen habe. Die zwei Stunden Mathe sind jedoch zwei Stunden zu viel für
mich. An meinem Hass zu diesem Fach hat sich bis heute nichts geändert, was
aber nicht weiter erstaunlich ist. Ich hätte eher einen Grund zur Sorge, wenn
es andersrum wäre.
Ich
freue mich schon auf Mittwoch, denn an diesem Tag habe ich zum ersten Mal
meinen neuen Dichter- und Schriftstellerkursus. Anscheinend
ist das Schreiben nicht bei vielen in meiner Schule beliebt. Die zehn freien
Plätze waren kaum ausgebucht gewesen. Ich habe mich heute extra beeilt, damit
ich es rechtzeitig schaffe, mich dafür einzuschreiben. Ich hätte aber auch
Stunden später kommen können. Nun besteht der Kurs aus insgesamt acht Schülern,
mich inbegriffen, die sich nun in der hohen Dichter- und Schriftstellerkunst
messen werden. Ich bin sehr gespannt darauf, wie sie auf meine Werke reagieren
werden. Ich habe sie noch nie jemandem gezeigt.
Heute
habe ich viele meiner Mitschüler kennengelernt. Ein besonderer von ihnen ist
meiner Meinung nach Marion Smith. Ein ausgesprochen eigenartiges Individuum.
Von vielen Mitschülern verachtet, strahlt er trotzdem eine fast unheimliche
Selbstliebe aus, die keiner zu brechen vermag.
Elias
und Aragon stellten uns auch ihre Freunde vor, damit wir uns in der Schule
nicht allzu fremd vorkommen. Wir waren echt froh, die beiden an unserer Seite
zu haben.
Mike
Petersen, einer der besten Freunde der beiden,
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