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Chroniken der Schattenkrieger (German Edition)

Chroniken der Schattenkrieger (German Edition)

Titel: Chroniken der Schattenkrieger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Fleming
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gerade
geschah.
    Elias’
Körperhaltung verriet nichts Positives. Seine Handflächen waren zu Fäusten
geballt, so stark, dass sogar die Fingerknöchel weiß durch die Haut
schimmerten. Sein Mund war geschlossen, und die sonst vollen Lippen formten
lediglich einen schmalen Strich. Auf dem Hals konnte Sydney hervorstehende
Adern erkennen, die ihr vorher in dieser Form nie aufgefallen waren. Mit jedem
Pochen seines Herzens strömte das rasende Blut durch die geweiteten Gefäße und
schien sich im Gesicht zu sammeln. Sein Kopf glühte förmlich, und das rote
Leuchten seiner Wangen bereitete Sydney große Sorgen.
    „Ist
alles in Ordnung?“ Sydney berührte ihren Sitznachbarn vorsichtig am Arm und
schaute ihn besorgt an. Elias blinzelte etwas apathisch mit den Augen und
schaute das Mädchen an. Sein Gesichtsausdruck sah benommen aus, als wäre er
plötzlich aus einem Tiefschlaf herausgerissen worden.
    „Ähm …
ja. Mit mir ist alles o. k.“, antwortete er plötzlich und zwang sich zu
einem Lächeln.
     „Hör
mal“, fuhr Elias fort und drehte sich nun komplett zu Sydney um. „Mein Vater
holt uns heute von der Schule ab. Wir können euch anbieten, mit uns zu fahren.
Eine Busfahrt ist nie angenehm.“
    Sydney
hätte jede Wette eingehen und sogar schwören können, dass mit ihrem
mittlerweile offensichtlichen Verehrer etwas nicht stimmte, doch Elias
überspielte die Situation mit krampfhaft aufgesetztem Charme und versuchte, von
dem Thema abzulenken. Von seinem Angebot etwas verwirrt, nickte sie nur
verhalten und gab ein leises „Ja, gerne“ zur Antwort. Sichtlich erleichtert
grinste Elias und blickte über die Reihen hinweg seinen Bruder an.
    „Wenn
einer während meiner Unterrichtsstunde redet, dann sollte derjenige entweder
gerade an der Tafel stehen und den Lehrstoff erklären oder den Mund halten.“
Die kleine Unterhaltung entging auch Mrs. Tomson nicht. Durch ihre
hinuntergerutschte Brille hindurch schaute sie die beiden an.
    Beschämt
über die ungewollte Aufmerksamkeit, die ihr zuteilwurde, schien Sydney in sich
zusammenzuschrumpfen und auf ihrem Stuhl zu versinken. Ihre kleine
mathematische Schwäche war Elias mehr als bekannt. Ohne lange nachzudenken hob
er die Hand und wartete darauf, von der Lehrerin drangenommen zu werden. Sydney
wollte er der Strafe nicht kampflos überlassen und versuchte, sie mit seinem
heldenhaften Einsatz aus der Klemme zu befreien.
    „Da
haben wir ja schon einen Freiwilligen“, sagte Mrs. Tomson sichtlich befriedigt
und streckte dem jungen Mann ein Stück weißer Kreide entgegen. „Mr. Winson,
dann rechnen Sie uns doch bitte die Aufgabe vier auf Seite zweiundvierzig vor.“
Die förmliche Ansprache war keineswegs als Zeichen der Bewunderung aufzufassen,
sondern sollte den tapferen Einsatz des Schülers sarkastisch unterstreichen.
„Und seien Sie doch bitte so frei, jeden einzelnen Schritt Ihrer Rechnung laut
und deutlich zu erklären, sodass auch Ihre Mitschüler den Rechenschritt
nachvollziehen können.“
    Obwohl er sich
freiwillig gemeldet hatte, zögerte Elias, seinen Platz zu verlassen und sich an
die Tafel zu begeben. Schließlich fasste er seinen ganzen Mut zusammen und ging
mit langsamen und fast vorsichtigen Schritten los. Immer wieder blieb er stehen
und drehte sich um, als ob er nachsehen wollte, ob Sydney immer noch an ihrem
Platz saß. Seinen mehr als besorgten Blick konnte sich Sydney nicht erklären.
    Was auch immer ihm
Sorgen bereitete: Es konnte nicht daran liegen, dass Sydney zu wenig
Gesellschaft zuteilwurde. Mrs. Tomson schien es eine besondere Freude zu
bereiten, ihre Schüler zu quälen, zu erniedrigen und zur Verzweiflung zu
treiben. Geschah dies nicht durch das viel zu hohe Niveau des Lehrstoffs oder
eine Unmenge an Hausaufgaben, so versuchte sie, ihr Ziel auf jegliche andere
Art und Weise zu erreichen. So setzte sie sich nun auf Elias’ Platz und tat so,
als ob sie selbst zu den Schülern gehörte.
    Sydney fühlte sich
nun doppelt so unwohl wie vorher. Nicht nur, dass Elias die Suppe auslöffeln
musste, die sie ihm eingebrockt hatte – nun saß auch noch ihre unsympathische
Lehrerin neben ihr und schaute sie argwöhnisch an.
    Elias stand mit dem
Gesicht zur Tafel und fing an, etwas für Sydney im ersten Augenblick Unverständliches
daranzuschreiben und es gleichzeitig zu erklären.
    Mrs. Tomson stützte
ihr Kinn mit der Handfläche und beobachtete mit aufgesetzter Neugier den Rechenweg.
Sydneys Neugier dagegen galt voll und ganz einem der

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