Chroniken der Schattenkrieger (German Edition)
eng umspannte, hingen drei kleine, aber sehr scharfe Wurfmesser. Er zog sie
vorsichtig heraus.
Es
würde nicht mehr lange dauern, bis sich die hölzernen Balkenden aggressiven Schlägen der Angreifer beugten. Aber
die Chance, womöglich noch ein paar der Eindringlinge zu erledigen, wollte er
sich auf keinen Fall nehmen lassen.
Ein
weiterer Stoß erklang.
Nun
war es so weit. Ein großer Holzbalken, der von der heftigen Wucht regelrecht
herausgeschleudert wurde, prallte klappernd auf den Boden und rutschte fast bis
zu Nathaels Füßen.
Die
fenstergroße Öffnung, die durch das fehlende Stück entstanden war, starrte ihn
gähnend an.
Totenstille.
Im
nächsten Augenblick kam aus dem Loch ein großer, dunkler und mit einem
Stahlhelm bedeckter Kopf zum Vorschein. In der Hoffnung, jemanden in der nun
leeren Halle vorzufinden, drehte sich der Kopf des feindlichen Soldaten von
einer Seite zur anderen.
„Klopf,
klopf. Jemand zu Hause? Ihr müsst euch vor mir nicht verstecken. Ich habe sogar
Geschenke für euch!“ Der Fremdling fing an, lauthals zu lachen, und bewegte
dabei weiterhin suchend den Kopf hin und her.
„Bist
du der Geschenkbote?“, erklang Nathaels ernste Stimme.
Nun
bemerkte der Krieger den kampfbereiten Leibwächter.
„Ich
muss dich leider enttäuschen. Das bin ich nicht, haha!“ Wieder ertönte das
abscheuliche Gelächter in der Halle, und das Echo verstärkte es noch mehr.
„Dann
mach´s gut!“, sagte Nathael, und seine Lippen formten sich zu einem kleinen
Lächeln.
In
Sekundenschnelle hob sich die wurfbereite Hand in die Höhe und schleuderte mit
präziser Genauigkeit die drei Todesgeschosse gleichzeitig von sich.
Das
rote Blut spritzte auf den Hallenboden, als die Wurfmesser sich tief ins
Gesicht des Feindes bohrten. Eines der Todesgeschosse blieb dabei im Kehlkopf
des zu qualvollem Tode verurteilten Soldaten stecken.
Nach
Luft schnappend, brachte er nur noch leise röchelnde Geräusche hervor. Eine
breite Blutlache bildete sich auf dem edlen Marmorboden.
Nathaels
Augen funkelten. „Das war ja einfach!“
Zufrieden
betrachtete er von Weitem sein Opfer. Wie ein Wildschwein hatte er ihn abgeschlachtet;
wie bei einem ausblutenden Tier hing der schlaffe Kopf des Eindringlings nun
herunter.
Aber
das hatte er auch verdient.
Im
Bruchteil einer Sekunde wurde der Sterbende aus der Öffnung gezogen. Laute
Befehle, die von der anderen Seite des Tores erklangen, ließen Nathael erneut
den Ernst der Lage verspüren.
Die
leere Öffnung starrte ihn erneut an. Jetzt musste er sich auf alles gefasst
machen, denn den Verlust ihres Mitgenossen würden die „Anderen“ nicht einfach
auf sich sitzen lassen.
Mittlerweile
war der Abend angebrochen. Die hellen Strahlen des Vollmondes fielen leicht
durch die nun von allen Seiten mit Blut beschmierte Öffnung herein und
verrieten durch Flackern jede Bewegung der Feinde.
Erneut
ertönte ein Befehl.
Nathael
warf einen kurzen Blick die Wendeltreppe hinauf. Seine Gefährten hatten
mittlerweile fast die Aussichtsplattform erreicht.
Ein
kleiner Funken Hoffnung.
Er
richtete seine Aufmerksamkeit wieder dem Tor zu. Doch es war zu spät. In dem
kurzen Augenblick, in dem er abgelenkt war, bohrte sich etwas Längliches in
seinen rechten Oberschenkel. Es war ein schwarzer, daumendicker Armbrustbolzen.
In
seiner momentanen Position war er einer Fernkampfwaffe schutzlos ausgeliefert.
Ein
Nachladegeräusch ertönte, gefolgt von einem grausamen Gelächter.
Nathael
sprang schnell zur Treppe und fing mit schmerzverzehrtem Gesicht an, die Stufen
hinaufzusteigen.
Wegrennen
war ganz und gar nicht sein Ding. Viel lieber hatte er jeder Herausforderung
seines Lebens die Stirn geboten. Sein Stolz und seine Ehre waren ihm besonders
wichtig, doch die eigenen Bedürfnisse mussten zurückgestellt werden, wenn es um
die Sicherheit seines Schützlings ging.
Den
pochenden Schmerz in seinem Oberschenkel unterdrückend, rannte er weiter, so
schnell er konnte. Nachdem er ungefähr die Hälfte der Strecke hinter sich
gebracht hatte, hielt er an und brach den herausstehenden Bolzen am Ansatz ab.
Die
zugefügte Wunde war schlimmer, als er gedacht hatte. Blut sickerte langsam
durch seine Hose hindurch. Doch sein Leben war ihm in dem Moment unwichtig.
Weiter
die Treppe hinauf!
Nach
wenigen weiteren Minuten hörte er von oben eine bekannte Stimme rufen:
„Natha,
schneller!“ Es war Aragon, der sich vom oberen Treppenpodest aus nach unten
beugte und ungeduldig auf das Ankommen seines
Weitere Kostenlose Bücher