Chroniken der Schattenkrieger (German Edition)
führen wird?“, fragte Aiden, als er seinen schwarzen Helm aufsetzte.
„Er wird uns zu ihr führen. Er wird von ihr angezogen, ganz gleich, wie weit die Entfernung zwischen ihnen ist. Ob unbewusst oder bewusst – er wird ihrer Spur folgen, bis er sie gefunden hat. Er ist ein Lichtkrieger. Seine Existenz beruht nur auf dem einen Verlangen: in ihrer Nähe zu sein und sie zu beschützen.“
Kapitel 8 – Die Neulinge
Portland (US-Bundesstaat Maine). Das Jahr 2010. Sommer.
Die erste Schulwoche verlief anders, als Sydney sie sich vorgestellt hatte. Ihre Ängste, von den Mitschülern nicht auf Anhieb in der Gemeinschaft der Klasse aufgenommen zu werden, waren umsonst gewesen. Ihre über die Sommerferien andauernden Sorgen waren nichtig, denn bereits am zweiten Schultag scharten sich ihre Sitznachbarn um sie und wollten so viel über sie erfahren, wie es nur ging.
Sie und ihre Stiefschwester waren seit Jahren die ersten neuen Schülerinnen, die ihrer Klasse zugewiesen worden waren, und das machte sie für die anderen zu einer Attraktion.
Die erste Mathematikstunde verlief ebenfalls angenehmer als geplant. Elias ließ Sydney von seinem Block abschreiben und flüsterte ihr leise die Antworten vor, wenn sie von Mrs. Tomson drangenommen wurde und wie gewohnt eine mathematische Aufgabe nicht lösen konnte. Elias war wirklich ein aufmerksamer Kerl, der seine anfängliche Schüchternheit schnell abgelegt und sich sogar zu einem Vielredner entwickelt hatte. „An ihm ist sicherlich ein toller Geschichtenerzähler verloren gegangen“, dachte sich Sydney des Öfteren, wenn er wieder voller Begeisterung von etwas plapperte, bis ihm fast die Puste ausging.
Das Leben in der neuen Heimat schien sich langsam zu normalisieren. Mit jedem Tag schien das frühere Leben in Brunswick zu verblassen. Die anfängliche Sehnsucht nach der vertrauten Umgebung schwand allmählich und wurde von den neuen Eindrücken und Ereignissen in der neuen Schule überdeckt.
Eine der wesentlichen Veränderungen ereignete sich in der dritten Schulwoche. Ihre Lehrerin, Mrs. Tomson, hielt an diesem Tag eine Sydney und Marri bereits bekannte Ansprache – g enau mit den gleichen Sätzen hatte sie vor Kurzem die beiden in der neuen Klasse willkommen geheißen:
„Familie Grace ist vor wenigen Tagen in unser Städtchen gezogen. Ich möchte euch eure neuen Mitschüler vorstellen: Jeremy und Anthony Grace.“ Sie streckte ihre rechte Hand in Richtung der Klassentür und gab den beiden Neuankömmlingen das Zeichen, einzutreten.
Die Spannung in der Klasse stieg ins Unermessliche. Man konnte die Neugierde der anderen Mitschüler regelrecht riechen. Niemand hatte vorher gewusst, dass ihre Klasse um zwei weitere Schüler bereichert würde, und so starrten alle wie gebannt voller Erwartung auf die Tür.
Zwei dunkelhaarige und gut gebaute junge Männer von kräftiger Statur schritten mit einem stolzen und fast schon arroganten Gang über die Türschwelle und betraten den Raum.
Die beiden sahen einander sehr ähnlich. Ihre Verwandtschaft konnte somit kaum angezweifelt werden. Ihr dunkler Teint wurde durch die dichten Augenbrauen und die dunkelbraunen Knopfaugen zusätzlich verstärkt.
Nacheinander wies Mrs. Tomson zunächst Jeremy und anschließend Anthony ihre Plätze zu. Von Anthony war Sydney wie verzaubert. Sein Aussehen und sein selbstbewusstes Auftreten zogen sie vom ersten Augenblick an in ihren Bann.
Die übrigen Mitschüler verfolgten ebenfalls neugierig jeden Schritt, den die beiden machten. Wortlos setzten sie sich auf ihre Plätze, legten ihre Taschen zur Seite und saßen nun regungslos da.
Sydney drehte sich zu Elias um, um sich mit ihm über seine Meinung zu den Neuankömmlingen auszutauschen, stellte jedoch sofort eine gewisse Veränderung an ihrem Sitznachbarn fest. Der redefreudige und lebenslustige Elias plapperte kein wirres Zeug mehr, sondern saß bewegungslos da und starrte mit versteinertem Gesichtsausdruck quer durch den Raum zu seinem Bruder hinüber.
Auch bei Aragon bemerkte Sydney eine Veränderung. Schnell sah sie, dass auch Marri das unerklärliche Verhalten der beiden Brüder nicht entgangen war. Mit fragendem Blick schaute sie Sydney an. Diese hob nur unwissend ihre Schultern, um wortlos zu signalisieren, dass sie keine Erklärung dafür habe, was gerade geschah.
Elias’ Körperhaltung verriet nichts Positives. Seine Handflächen waren zu Fäusten geballt, so stark, dass sogar die Fingerknöchel weiß durch die Haut
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