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Chroniken der Unterwelt Bd. 1 City of Bones

Chroniken der Unterwelt Bd. 1 City of Bones

Titel: Chroniken der Unterwelt Bd. 1 City of Bones Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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zum Leben erwachte. In ihrer Jackentasche quiekte Simon laut auf.
    »Schon gut, alles okay«, sagte sie so besänftigend wie möglich. »Jace!«, rief sie über den Lärm der Maschine hinweg. »Was hast du vor?«
    Er schrie irgendetwas zurück, das wie »Kickstart!« klang.
    Clary blinzelte. »Na, dann beeil dich mal! Die Tür …«
    Wie aufs Stichwort flog in diesem Moment die Dachtür krachend auf und wurde förmlich aus den Angeln gerissen. Wölfe strömten durch die Öffnung, hetzten über das Dach direkt auf sie zu. Über ihnen stiegen Vampire auf, zischend und kreischend wie eine Schar beutegieriger Raubvögel.
    Sie spürte, wie Jace’ Arme sich anspannten und das Motorrad einen solchen Satz nach vorne machte, dass sie das Gefühl hatte, ihr Magen würde gegen ihre Wirbelsäule gepresst. Instinktiv klammerte sie sich an Jace’ Gürtel, während sie Vorwärtsschossen, mit quietschenden Reifen über den Schiefer schlitterten und die Wölfe auseinandertrieben, die sich jaulend aus dem Weg warfen. Clary hörte, dass Jace irgendetwas rief, doch seine Worte wurden vom Lärm der Räder und dem Heulen des Motors übertönt. Der Rand des Dachs kam immer näher, schneller und schneller. Clary hätte am liebsten die Augen geschlossen, aber irgendetwas zwang sie, sie offen zu halten, als die Harley über die Kante schoss und wie ein Stein nach unten sackte, sechs Geschosse in die Tiefe.
     
    Clary wusste später nicht mehr, ob sie tatsächlich geschrien hatte oder nicht. Das Ganze war wie die Schussfahrt auf einer Achterbahn, wenn die Schienen nach dem ersten Anstieg plötzlich senkrecht abfallen und die Fahrgäste schwerelos durch die Luft zu schweben scheinen, mit nutzlos fuchtelnden Armen und dem Magen auf der Höhe der Ohren. Als sich das Motorrad mit einem Ruck aufrichtete, wunderte Clary sich kaum noch. Statt in Richtung Boden rasten sie nun hinauf in den sternenfunkelnden Himmel.
    Sie warf einen Blick über ihre Schulter zurück und sah eine Gruppe Vampire am Rand des Daches stehen, umzingelt von Wölfen. Rasch schaute sie wieder nach vorne. Selbst wenn ich das Hotel erst nach einer Ewigkeit wiedersehe, wäre das noch zu früh, dachte sie.
    Jace stieß vor lauter Erleichterung Freudenschreie aus. Clary beugte sich vor und klammerte sich fest an ihn. »Meine Mutter hat mir immer gesagt, wenn ich jemals zu einem Jungen auf ein Motorrad steige, bringt sie mich um«, rief sie ihm über das Pfeifen des Fahrtwinds und das ohrenbetäubende Dröhnen der Maschine hinweg zu.
    Sie konnte ihn zwar nicht lachen hören, spürte aber, wie sein Körper bebte. »Das würde sie nicht sagen, wenn sie mich kennen würde«, rief er voller Überzeugung zurück. »Ich bin ein hervorragender Fahrer.«
    Plötzlich kam Clary ein Gedanke. »Hattest du nicht gesagt, dass nur einige der Vampir-Motorräder fliegen können?«
    Geschickt steuerte Jace die Maschine um eine Ampel herum, die gerade von Rot auf Grün sprang. Unter ihnen konnte Clary Autos hupen hören, die Sirenen von Krankenwagen, das laute Dröhnen der Omnibusse. Aber sie traute sich nicht, nach unten zu schauen. »Das stimmt. Nicht alle können fliegen!«, bestätigte er.
    »Und woher wusstest du dann, dass dieses hier dazugehört?«
    »Ich hab es nicht gewusst!«, rief er vergnügt zurück und zog die Maschine fast senkrecht nach oben. Clary kreischte auf und klammerte sich erneut an seinen Gürtel.
    »Du solltest mal nach unten sehen!«, rief Jace. »Der helle Wahnsinn!«
    Die Neugier gewann die Oberhand über ihre Höhenangst. Clary schluckte einmal kräftig und öffnete die Augen.
    Sie flogen viel höher, als sie gedacht hatte, und einen Moment lang drehte sich die Erde unter ihr, eine verschwommene Landschaft aus Lichtern und Schatten. Inzwischen rasten sie in Richtung Osten, auf den Highway zu, der sich am rechten Flussufer entlangschlängelte.
    Trotz des tauben Gefühls in ihren Händen und des Drucks in ihrer Brust musste sie zugeben, dass der Anblick atemberaubend war: die Stadt, die sich wie ein hoch aufragender Wald aus Glas und Silber vor ihnen erhob, das grau schimmernde Band des East River, der Manhattan und die benachbarten Stadtbezirke wie eine Narbe trennte. Der Wind blies durch Clarys Haare, umspielte ihre nackten Beine, köstlich kühl nach so vielen Tagen der Hitze und Schwüle. Aber da sie noch nie geflogen war, nicht einmal mit einem Flugzeug, jagte ihr der riesige Abgrund unter ihr Angst ein. Rasch kniff sie die Augen wieder zusammen und blinzelte erst dann

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