Chroniken der Unterwelt Bd. 1 City of Bones
raschen Drehung des Handgelenks berührte Jace den Rahmen seines »Fensters«, das sich daraufhin weiter öffnete und einen größeren Ausschnitt des Zimmers zeigte. Zwei Männer standen bei Luke, beide in lange rote Roben gekleidet, die Kapuzen zurückgeschoben. Der eine war dünn und trug einen eleganten grauen Schnurrbart und ein spitzes Bärtchen. Wenn er lächelte, zeigte er blendend weiße Zähne. Der andere war kräftig und untersetzt wie ein Ringer und hatte kurz geschorene rote Haare. Seine Haut war dunkelviolett und glänzte über den Wangenknochen, als sei sie zu straff gespannt.
»Das sind Hexenmeister?«, fragte Clary ganz leise.
Jace antwortete nicht. Er stand stocksteif da, wie eine Eisenstange. Wahrscheinlich fürchtet er, ich könnte losrennen und versuchen, zu Luke zu gelangen, dachte Clary. Sie wünschte, sie hätte ihm versichern können, dass sie das nicht vorhatte. Etwas an diesen Männern, in ihren dicken Gewändern von der Farbe hellroten Bluts, jagte ihr Angstschauer über den Rücken.
»Betrachte es als einen freundschaftlichen Kontrollbesuch, Graymark«, sagte der Mann mit dem grauen Schnurrbart. Sein Lächeln legte Zähne bloß, die so spitz waren, als seien sie gefeilt worden.
»Uns verbindet keine Freundschaft, Pangborn.« Luke setzte sich so auf die Schreibtischkante, dass er dem Mann die Sicht auf die Reisetasche und deren Inhalt versperrte. Jetzt, da er näher gekommen war, konnte Clary sehen, dass sein Gesicht und seine Hände schwer verletzt waren, seine Finger aufgekratzt und blutig. Ein langer Schnitt am Hals erstreckte sich bis unter seinen Kragen. Was um alles in der Welt war mit ihm passiert? , fragte sie sich.
»Blackwell, fass das nicht an – es ist wertvoll«, sagte Luke streng.
Der korpulente rothaarige Mann, der die Kali-Statue vom Regal genommen hatte, fuhr nachdenklich mit seinen Wurstfingern darüber. »Hübsch«, knurrte er.
»Ah«, sagte Pangborn und nahm seinem Gefährten die Statue aus der Hand. »Sie, die geschaffen wurde, einen Dämonen zu bekämpfen, den kein anderer Gott und kein Mensch töten konnte. ›Oh Kali, meine Mutter voller Glückseligkeit, die du den Schiwa bezaubert hast. In deiner rasenden Freude tanzest du und klatschst in die Hände. Du bist die Triebkraft all dessen, das sich bewegt, und wir sind nur deine wehrlosen Spielzeuge.‹«
»Sehr schön«, sagte Luke. »Ich wusste nicht, dass du die indischen Mythen studierst.«
»Alle Mythen sind wahr«, sagte Pangborn und Clary lief ein kalter Schauer über den Rücken. »Oder hast du selbst das vergessen?«
»Ich habe nichts vergessen«, erwiderte Luke. Er sah zwar gelassen aus, aber an seinen Schultern und an den Linien um seinen Mund konnte Clary die Anspannung erkennen. »Ich nehme an, Valentin hat euch geschickt?«
»Ja«, sagte Pangborn. »Er dachte, du hättest vielleicht deine Meinung geändert.«
»Ich wüsste nicht, warum ich meine Meinung ändern sollte. Außerdem habe ich euch bereits gesagt, dass ich nichts weiß. Hübsche Roben übrigens.«
»Danke«, sagte Blackwell mit einem verschlagenen Grinsen. »Wir haben sie zwei toten Hexenmeistern abgeknöpft.«
»Es sind die offiziellen Roben des Abkommens, nicht wahr?«, fragte Luke. »Stammen sie vom Aufstand?«
Pangborn lachte leise in sich hinein. »Kriegsbeute.«
»Habt ihr keine Angst, jemand könnte euch für echt halten?«
»Nur, bis sie nah genug an uns herankommen«, erwiderte Blackwell.
Pangborn streichelte über den Ärmel seiner Robe. »Erinnerst du dich an den Aufstand, Lucian?«, fragte er leise. »Das war ein großer und ein schrecklicher Tag. Erinnerst du dich, wie wir zusammen für die Schlacht trainiert haben?«
Luke verzog das Gesicht. »Das ist Vergangenheit. Ich weiß nicht, was ich euch sagen soll, Gentlemen. Ich kann euch nicht helfen. Ich weiß nichts.«
›»Nichts‹ ist so ein allgemeines Wort, so ungenau«, sagte Pangborn mit melancholischer Stimme. »Jemand, der so viele Bücher besitzt, muss doch etwas wissen.«
»Wenn ihr wissen wollt, wo man eine Kurzzehenschwalbe im Frühling findet, kann ich euch das entsprechende Nachschlagewerk nennen. Aber wenn ihr wissen wollt, wohin der Kelch der Engel verschwunden ist …«
»Verschwunden ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort«, schnurrte Pangborn. »Ich würde eher ›versteckt‹ sagen. Versteckt von Jocelyn.«
»Das kann sein«, räumte Luke ein. »Sie hat euch also noch nicht gesagt, wo er ist?«
»Sie hat noch nicht das Bewusstsein
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