Chroniken der Unterwelt Bd. 1 City of Bones
Bündnisses verschwinden nie vollständig, auch wenn sie mit der Zeit verblassen, sie hinterlassen schwache silberne Narben auf der Haut. Sie flackerten, als sie sich bewegte.« Er rieb sich das Auge und verschmierte dabei etwas Glitter. »Deine Mutter erzählte mir, sie hätte gehofft, du wärst mit einem blinden Inneren Auge geboren worden. Aber an diesem Nachmittag hatte sie dich dabei erwischt, wie du eine Elfe geneckt hast, die in einer Hecke gefangen saß. In dem Moment wusste sie, dass du sehen kannst. Und deshalb fragte sie mich, ob es möglich sei, dir das Zweite Gesicht zu nehmen.«
Clary gab einen kurzen Laut von sich, ein gequältes Stöhnen, aber Magnus fuhr unerbittlich fort.
»Ich sagte ihr, diesen Teil deines Geistes zu verstümmeln, könne schwere Schäden hinterlassen und dich möglicherweise in den Wahnsinn treiben. Sie vergoss keine Träne. Deine Mutter war nicht der Typ Frau, der leicht weint. Stattdessen fragte sie mich, ob es eine andere Möglichkeit gäbe. Ich sagte ihr, man könne dafür sorgen, dass du die Teile der Verborgenen Welt, die du sehen kannst, vergisst – und zwar noch im gleichen Moment. Es gab nur eine Bedingung dabei: Sie musste alle zwei Jahre mit dir zu mir kommen, damit der Bann erneuert werden konnte.«
»Und, hat sie sich daran gehalten?«, fragte Clary.
Magnus nickte. »Seit diesem ersten Besuch habe ich dich alle zwei Jahre behandelt. Ich habe dich aufwachsen sehen. Im Grunde bist du das einzige Kind, dessen Entwicklung ich auf diese Weise miterleben konnte. In meinem Gewerbe wird man normalerweise nur ungern in die Nähe von Kindern gelassen.«
»Dann hast du Clary also erkannt, als wir unten an der Tür standen«, sagte Jace. »Du musst sie erkannt haben.«
»Natürlich.« Magnus klang gereizt. »Es war ein Schock. Aber was hättet ihr an meiner Stelle getan? Sie schien mich nicht zu erkennen. Sie sollte mich ja auch nicht kennen. Aber allein die Tatsache, dass sie hier war, bedeutete, dass der Bann an Kraft verlor. Eigentlich hätte deine Mutter schon vor einem Monat zu mir kommen sollen. Ich habe sogar noch bei euch zu Hause vorbeigeschaut, als ich aus Tansania zurückkam, aber Jocelyn meinte, ihr beide hättet euch gestritten und du wärst weggelaufen. Sie sagte, sie würde sich mit mir in Verbindung setzen, sobald du zurück wärst, aber …« – ein elegantes Schulterzucken – »das hat sie nicht getan.«
Ein kalter Schauer der Erinnerung ließ Clarys Haut kribbeln. Sie wurde sich plötzlich bewusst, wie sie neben Simon im Hausflur gestanden und verzweifelt versucht hatte, sich an etwas zu erinnern, das sich am Rand ihres Blickfelds bewegt hatte … Ich dachte, ich hätte Madame Dorotheas Katze gesehen, aber es war wohl nur eine Lichtspiegelung.
Doch Madame Dorothea besaß keine Katze. »Sie waren an diesem Tag da«, sagte Clary. »Ich habe Sie aus Madame Dorotheas Wohnung kommen sehen. Ich erinnere mich an Ihre Augen.«
Magnus sah aus, als würde er gleich schnurren. »Mich vergisst man nicht so schnell, das ist wahr«, brüstete er sich. Dann schüttelte er den Kopf. »Aber du solltest dich nicht an mich erinnern. In dem Moment, als ich dich sah, habe ich einen Schleier aus Zauberglanz errichtet, so dick wie eine Mauer. Du hättest direkt mit dem Gesicht dagegenlaufen sollen – metaphorisch gesprochen.«
Wenn man mit dem Gesicht gegen eine metaphorische Mauer läuft, zieht man sich dann metaphorische Verletzungen zu? , rätselte Clary. »Wenn Sie den Bann aufheben, kann ich mich dann an all das erinnern, was ich vergessen habe? Bekomme ich alle Erinnerungen zurück, die Sie mir gestohlen haben?«
»Ich kann ihn nicht aufheben.« Magnus schien sich nicht sehr wohl in seiner Haut zu fühlen.
»Was?« Jace klang wütend. »Warum nicht? Der Rat verlangt, dass du …«
Magnus schaute ihn kühl an. »Ich mag es nicht, wenn man mir sagt, was ich zu tun habe, kleiner Schattenjäger.«
Clary sah, wie sehr es Jace missfiel, »klein« genannt zu werden, aber ehe er etwas entgegnen konnte, ergriff Alec das Wort. Seine Stimme war sanft und bedächtig. »Weißt du denn nicht, wie man ihn umkehren kann? Den Bann, meine ich.«
Magnus seufzte. »Einen Bann aufzuheben, ist wesentlich komplizierter, als ihn zu schaffen. Und diesen habe ich besonders sorgfältig und verschlungen konstruiert … Wenn ich auch nur den geringsten Fehler bei seiner Aufhebung machen würde, könnte ihr Geist für immer geschädigt werden. Andererseits hat der Bann bereits an Kraft
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