Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass
richtig. Leider hat der Rat immer viel zu sehr auf seine Schutzschilde vertraut. Aber selbst für das vertrackteste Rätsel gibt es immer eine Lösung.«
»Das erinnert mich an die falsche Sicherheit, in der man sich häufig bei Computerspielen wiegt«, bemerkte Simon. »In dem Moment, in dem man seine Festung mit einem Unsichtbarkeits-Zauberspruch kaschiert und vermeintlich beschützt hat, kommt irgendjemand daher und findet im Nu heraus, wie er die Anlage total verwüsten kann.«
»Simon, halt die Klappe«, murmelte Clary.
»Er liegt mit seiner Beobachtung gar nicht mal so weit daneben«, widersprach Luke. »Wir wissen nur noch nicht, wie Valentin es geschafft hat, Dämonenblut in die Stadt zu schmuggeln, ohne vorher die Schutzschilde zu deaktivieren.« Dann zuckte er die Achseln. »Doch das ist im Moment unser geringstes Problem. Die Schutzschilde funktionieren zwar wieder, aber wir wissen ja bereits, dass sie nicht sicher sind. Valentin könnte jeden Augenblick mit einem noch größeren Dämonenheer zurückkehren und ich bezweifle, dass wir gegen ihn ankommen. Es gibt einfach zu wenige Nephilim und diejenigen, die noch hier sind, sind vollkommen demoralisiert.«
»Aber was ist mit den Schattenweltlern?«, fragte Clary. »Du hast dem Konsul doch gesagt, dass der Rat zusammen mit den Schattenwesen kämpfen muss.« 5 ,, ^
»Das kann ich Malachi und Aldertree so oft erzählen, bis ich blau anlaufe, aber das bedeutet nicht, dass sie mir auch zuhören«, erwiderte Luke müde. »Sie dulden meine Anwesenheit hier nur aus einem einzigen Grund: Die Schattenjägerkongregation hat dafür gestimmt, mich als Berater zu berufen. Und das ist auch nur deshalb geschehen, weil mein Rudel einer ganzen Reihe von ihnen das Leben gerettet hat. Allerdings bedeutet das nicht, dass sie weitere Schattenweltler in Idris sehen wollen …»
In dem Augenblick ertönte ein Schrei.
Amatis war aufgesprungen, hatte eine Hand vor den Mund geschlagen und starrte in Richtung Eingang. In der Tür stand ein Mann, eingerahmt vom grellen Sonnenlicht. Einen Moment lang war nur seine Silhouette zu sehen, doch dann trat er einen Schritt vor, in die Halle hinein, und Clary konnte sein Gesicht erkennen.
Valentin.
Aus irgendeinem unerklärlichen Grund fiel Clary als Erstes auf, dass er glatt rasiert war. Dadurch wirkte er jünger - viel mehr wie der zornige Junge, den Ithuriel ihr im Traum gezeigt hatte. Statt der Kampfmontur trug er einen eleganten Nadelstreifenanzug mit Krawatte. Er war vollkommen unbewaffnet und hätte ein x-beliebiger Mann auf den Straßen Manhattans sein können. Er hätte jedermanns Vater sein können.
Während er den schmalen Gang zwischen den Bänken entlangschlenderte, würdigte er Clary keines Blickes und hielt stattdessen die Augen fest auf Luke geheftet.
Wie kann er es nur wagen, ohne Waffe hierherzukommen?, wunderte Clary sich und erhielt einen Moment später eine Antwort auf ihre Frage: Inquisitor Aldertree stieß ein Geräusch aus wie ein verwundeter Bär, riss sich von Malachi los, der ihn festzuhalten versuchte, taumelte dann die Stufen des Podiums hinunter und stürzte sich auf Valentin.
Doch er passierte Valentins Körper wie ein Messer, das durch ein Blatt Papier schneidet. Mit einem Ausdruck gelangweilten Desinteresses drehte Valentin sich um und sah zu, wie der Inquisitor geradeaus torkelte, gegen eine Säule stieß und angeschlagen zu Boden ging, wo er liegen blieb, bis Malachi ihm folgte und wieder auf die Beine half. Auf dem Gesicht des Konsuls spiegelte sich kaum verhohlene Abscheu. Clary fragte sich, ob diese Abscheu Valentin galt oder Aldertree, weil dieser sich wie ein Narr benahm.
Während der Inquisitor in Malachis eisernem Griff wie eine Ratte in der Falle quiekte und strampelte, ging ein Raunen durch die Menge, als Valentin sich weiter auf das Podium zubewegte, ohne den beiden auch nur noch einen Funken Beachtung zu schenken. Die Schattenjäger auf den Holzbänken wichen zurück wie die Wogen des Roten Meeres vor Mosis Stab, bis ein breiter Gang entstand, der mitten durch den Saal führte. Clary erschauderte, als Valentin sich Luke, Simon und ihr näherte. Er ist nur eine Projektion, ermahnte sie sich. Er ist nicht wirklich hier. Er kann mir nicht wehtun. « , : ,
Neben ihr erschauderte Simon nun ebenfalls. Clary ergriff seine Hand in dem Moment, als Valentin am Fuß der Stufen zum Podium innehielt und sich ihr direkt zuwandte. Seine Augen streiften sie einmal beiläufig, als würde er
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