Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass
wimmeln würde vor Horden von sabbernden, geifernden Halbblütlern und dass die degenerierten Rassen alles niedertrampeln würden, was uns lieb und teuer ist! Und genauso ist es gekommen, jede einzelne meiner Prophezeiungen ist eingetroffen. Die Garnison ist bis auf die Grundmauern niedergebrannt, das Portal zerstört, unsere Straßen überlaufen von Monstern, während halbmenschlicher Abschaum sich erdreistet, uns anführen zu wollen. Und daher frage ich euch, meine Freunde, meine Feinde, meine Brüder im Namen des Erzengels, ich frage euch: Glaubt ihr mir jetzt?« Seine Stimme schwoll zu einem lauten Dröhnen an: »GLAUBT IHR MIR JETZT?«
Sein Blick schweifte über die Menge, als erwartete er eine Reaktion. Doch niemand rührte sich - er starrte in ein Meer schweigender Gesichter.
»Valentin«, durchbrach schließlich Lukes ruhige Stimme die Stille. »Erkennst du nicht, was du getan hast? Das Abkommen, das du so sehr fürchtest, hat nicht dafür gesorgt, dass Schattenweltler den Nephilim ebenbürtig sind. Es garantierte den Halbmenschen keinen Sitz in der Kongregation. Der alte Hass zwischen Schattenwesen und Schattenjägern war noch längst nicht begraben. Du hättest einfach nur auf diesen Hass vertrauen müssen, doch das hast du nicht getan - nicht gekonnt. Und nun hast du uns das Einzige geschenkt, das uns überhaupt vereinen konnte.« Seine Augen suchten die von Valentin. »Einen gemeinsamen Feind.«
Eine fiebrige Röte breitete sich auf Valentins bleichem Gesicht aus. »Ich bin kein Feind. Jedenfalls nicht der Nephilim. Das bist du. Du bist derjenige, der versucht, sie zu einem aussichtslosen Kampf zu verleiten. Glaubst du ernsthaft, die Dämonen, die du gesehen hast, wären alles, was ich habe? Sie sind nur ein Bruchteil dessen, was ich noch heraufbeschwören kann.«
»Auch von uns gibt es noch viel mehr«, erwiderte Luke. »Mehr Nephilim und mehr Schattenweltler.«
»Schattenweltler«, schnaubte Valentin verächtlich. »Beim ersten Anzeichen ernster Gefahr werden sie davonlaufen wie die Hasen. Die Nephilim sind geborene Krieger, dazu auserkoren, diese Welt zu schützen. Aber deinesgleichen hasst die Welt. Es gibt einen guten Grund, warum reines Silber dich verätzt und warum Tageslicht die Kinder der Nacht versengt.«
»Mich versengt es nicht«, sagte Simon mit lauter, klarer Stimme, trotz Clarys festem Griff. »Hier stehe ich, inmitten von Sonnenstrahlen …«
Doch Valentin lachte nur. »Ich habe gesehen, wie du beim Versuch, den Namen Gottes auszusprechen, fast erstickt bist, Vampir«, höhnte er. »Und was deine Unempfindlichkeit gegenüber Sonnenlicht betrifft…« Er schwieg einen Moment und grinste. »Wahrscheinlich liegt das daran, dass du eine Abnormität bist. Eine Absonderlichkeit. Aber nichtsdestoweniger ein Monster.«
Ein Monster. Unwillkürlich musste Clary an die Nacht auf Valentins Schiff denken, an das, was er ihr dort gesagt hatte: Deine Mutter hat mir vorgeworfen, dass ich aus ihrem ersten Kind ein Monster gemacht hätte. Sie hat mich verlassen, bevor ich ihrem zweiten das Gleiche antun konnte.
Jace. Allein der Gedanke an ihn, das Denken seines Namens bereitete Clary einen stechenden Schmerz. Nach allem, was Valentin getan hat, steht er jetzt hier und redet von Monstern …
»Das einzige Monster weit und breit bist du!«, stieß sie empört hervor, trotz ihres festen Entschlusses zu schweigen. »Ich habe Ithuriel gesehen«, fuhr sie fort, als Valentin sich ihr überrascht zuwandte. »Ich weiß alles …«
»Das bezweifle ich«, spottete Valentin. »Wenn du wirklich alles wüsstest, würdest du jetzt den Mund halten. Wenn schon nicht zu deinem eigenen Wohle, dann wenigstens zum Wohle deines Bruders.«
Wage es nicht, in meiner Gegenwart von Jace zu sprechen!, wollte Clary wütend erwidern, doch eine andere Stimme kam ihr zuvor, eine kühle, unerwartete weibliche Stimme, die furchtlos und verbittert klang.
»Und was ist mit meinem Bruder?« Amatis trat an den Fuß der Podiums-Treppe und sah Valentin herausfordernd an. Überrascht schaute Luke in ihre Richtung und schüttelte den Kopf, doch sie ignorierte ihn.
Valentine runzelte die Stirn. »Was soll mit Lucian sein?« Clary spürte, dass Amatis’ Frage ihn aus dem Konzept gebracht hatte; vielleicht lag es aber auch daran, dass sie vorgetreten war und ihn nun konfrontierte. Mit Sicherheit hatte Valentin sie schon Vorjahren als schwache Frau abgeschrieben, die ihn wohl kaum herausfordern würde. Valentin
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