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Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass

Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass

Titel: Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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hatte sie zu Recht befürchtet, dass er für einen Portaltransport nach Alicante zu schwach war. Als die ersten Schattenjäger bei ihnen eintrafen, hatte er sich bereits in einem komaartigen Dämmerzustand befunden. Erst am nächsten Tag war er im Krankenhaus aufgewacht, mit Magnus Bane an seinem Bett, der ihn mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck musterte - allerdings ließ sich bei dem Hexenmeister nur schwer sagen, ob es sich um tiefe Besorgnis oder reine Neugier handelte. Magnus erzählte ihm, dass der Erzengel Jace zwar körperlich geheilt hatte, aber dass sein Geist und sein Verstand derart erschöpft waren, dass nurnoch ausgiebige Bettruhe half. Jedenfalls fühlte Jace sich nun deutlich besser - gerade noch rechtzeitig für die Bestattung.  
    Nach einer Weile kam Wind auf und blies den Rauch fort. In der Ferne konnte Jace die schimmernden Türme Alicantes erkennen, deren Kräfte vollständig wiederhergestellt waren. Er war sich nicht sicher, was er sich davon versprach, hier oben zu sitzen und die Einäscherung seines Vaters zu beobachten - oder was er möglicherweise gesagt hätte, wenn er bei der Trauergemeinde geblieben wäre und ihre letzten Worte an Valentin mit angehört hätte. Du warst nie mein richtiger Vater, hätte er vielleicht gesagt oder Du warst der einzige Vater, den ich je gekannt habe. Beide Aussagen trafen gleichermaßen zu, auch wenn sie sich gegenseitig zu widersprechen schienen.  
    Als Jace am See die Augen aufgeschlagen hatte - im Wissen, dass er tot gewesen, nun aber wieder unter die Lebenden zurückgekehrt war -, konnte er nur an einen Menschen denken: Clary, die wenige Meter von ihm mit geschlossenen Augen im blutüberströmten Sand lag. Von plötzlicher Panik erfüllt war er zu ihr gekrochen, in der Annahme, dass sie verletzt oder vielleicht sogar tot war. Und als sie dann die Augen geöffnet hatte, war er nur von einem Gedanken beherrscht gewesen: Sie lebte! Erst viel später, als andere Schattenjäger ihm auf die Beine halfen und ihre Verwunderung über die Szenerie gar nicht fassen konnten, sah er Valentins Leichnam zusammengekrümmt am Seeufer liegen, und die Erkenntnis, dass er wirklich tot war, traf ihn wie ein Faustschlag in den Magen. Jace hatte sich zwar gewünscht, dass Valentin tot war - er hätte ihn schließlich selbst gern töten wollen -, doch der Anblick seiner sterblichen Überreste schmerzte ihn trotz allem sehr. Clary hatte ihn mit traurigen Augen angesehen und in dem Moment hatte er gewusst, dass sie trotz ihres Hasses auf Valentin - zu dem sie allen Grund besaß - dennoch Jace’ Verlust spürte.  
    Langsam schloss Jace die Augen und eine Flut von Bildern zeichnete sich auf der Innenseite seiner Lider ab: Valentin, der ihn schwungvoll aus dem Gras hochhob und in die Arme nahm; Valentin, der ihn im Bug eines Kanus festhielt und ihm zeigte, wie man das Boot im Gleichgewicht hielt. Aber auch andere, düstere Erinnerungen kehrten zurück: ValentinsHand, die ihm ins Gesicht schlug; ein toter Falke; der in Ketten geschlagene Engel im Keller des Wayland-Herrensitzes.  
    »Jace.«
    Überrascht schaute Jace auf. Vor ihm stand Luke, eine schwarze Silhouette vor der blendenden Sonne. Er trug eine Jeans und sein übliches Karohemd - keine Zugeständnisse an die traditionelle weiße Trauerkleidung.  
    »Die Zeremonie ist vorbei«, erklärte Luke. »Das Ganze ging ziemlich schnell über die Bühne.«  
    »Kann ich mir vorstellen.« Jace grub die Finger in das Gras neben seinen Beinen und begrüßte den Schmerz, den die Erde und die Steine unter seinen Fingernägeln verursachten. »Hat irgendjemand etwas gesagt?«  
    »Nur die üblichen Worte.« Bedächtig ließ Luke sich neben Jace auf dem Boden nieder und zuckte dabei leicht zusammen. Jace hatte ihn nicht gefragt, wie die Schlacht verlaufen war - er hatte es gar nicht hören wollen. Ihm reichte das Wissen, dass der Kampf schneller vorüber gewesen war, als alle erwartet hatten: Nach Valentins Tod waren die von ihm heraufbeschworenen Dämonen schlagartig geflohen und aus dieser Welt verschwunden wie Nebel in der Sonne. Doch das bedeutete nicht, dass es keine Toten zu beklagen gab. Valentins Leichnam war nicht der einzige Leichnam, den man in den vergangenen Tagen in Alicante verbrannt hatte.  
    »Und Clary war nicht… ich meine, sie ist nicht…«  
    »Zum Begräbnis gekommen? Nein. Sie wollte nicht.« Jace spürte, dass Luke ihm einen Seitenblick zuwarf. »Hast du sie denn nicht mehr gesehen? Nicht seit…«

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