Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass
durch seine Adern strömte. Doch es musste sich um etwas anderes handeln, etwas, das weniger körperlich, aber dafür elementarer als Blut war.
Der Elbenstein warf ein bizarres Muster aus Licht und Schatten auf Jace’ blasses Gesicht. »Also hier haben sie dich hineingesteckt. Ich hätte nicht gedacht, dass diese Zellen überhaupt noch genutzt werden.« Er warf einen Blick auf die Nachbarzelle. »Ich hab mich zuerst im Fenster geirrt … und deinem Freund nebenan wohl einen ziemlichen Schrecken eingejagt. Übrigens ein echt attraktiver Zeitgenosse, mit dem Bart und den Lumpen … erinnert mich irgendwie an die Obdachlosen in New York.«
Plötzlich erkannte Simon, worum es sich bei dem Rauschen in seinen Ohren handelte: Wut, rasende Wut. Tief in seinem Inneren registrierte er, dass er die Zähne bleckte und wie die Spitzen seiner Fangzähne über seine Unterlippe streiften. »Freut mich, dass du das alles hier so amüsant findest«, stieß er hervor.
»Dann bist du etwa nicht froh, mich zu sehen?«, fragte Jace. »Ich muss sagen, das überrascht mich jetzt aber doch. Man hat mir immer versichert, meine Anwesenheit würde jeden Raum erhellen. Und man sollte doch annehmen, dass dies für feuchte, unterirdische Verliese erst recht gilt.«
»Du hast gewusst, was passieren würde, oder etwa nicht? >Sie werden dich direkt nach New York zurückschickem, hast du gesagt. Überhaupt kein Problem. Aber der Rat hatte nie die Absicht, mich gehen zu lassen.«
»Das habe ich nicht gewusst.« Jace’ Blick traf den von Simon - er schaute ihn ruhig und fest an. »Ich weiß, dass du mir das nicht glaubst, aber ich dachte wirklich, man wolle dich zurückschicken.«
»Entweder lügst du oder du bist unglaublich naiv …«
»Dann bin ich eben naiv.«
»… oder beides«, beendete Simon seinen Satz. »Ich tippe ja auf Letzteres.«
»Ich habe keinen Grund, dich anzulügen. Jedenfalls nicht im Moment.« Jace musterte ihn weiterhin ruhig. »Und hör endlich auf, die Zähne zu fletschen. Das macht mich ganz nervös.«
»Gut so«, sagte Simon. »Falls du wissen willst, warum meine Fangzähne zum Vorschein gekommen sind, kann ich dir das gern verraten: Du riechst nach Blut.«
»Das ist mein Bau de Cologne. Eau de Frische Wunden.« Jace hob seine linke, vollständig in Bandagen gewickelte Hand - ein weißer Handschuh mit roten Flecken an den Knöcheln, wo Blut hindurchgesickert war.
Simon runzelte die Stirn. »Ich dachte, Typen wie du würden keine Verletzungen davontragen. Jedenfalls keine von langer Dauer.«
»Ich habe mit der Hand ein Fenster zerschlagen«, erklärte Jace, »und Alec zwingt mich, wie ein Irdischer zu heilen, um mir eine Lektion zu erteilen. Da hast du’s: Ich habe dir die Wahrheit gesagt. Und, bist du jetzt beeindruckt?«
»Nein«, erwiderte Simon. »Ich habe größere Probleme als du. Der Inquisitor stellt mir dauernd Fragen, die ich nicht beantworten kann. Er wirft mir vor, ich hätte meine Fähigkeiten als Tageslichtler von Valentin erhalten. Und dass ich für ihn spionieren würde.«
Ein beunruhigter Ausdruck huschte über Jace’ Gesicht. »Das hat Aldertree gesagt?«
»Aldertree hat durchblicken lassen, der gesamte Rat würde das denken.«
» »Das ist schlecht. Wenn der Rat nämlich zu dem Schluss kommt, dass du ein Spion bist, dann gelten die im Abkommen vereinbarten Regeln für dich nicht. Jedenfalls nicht, solange sie davon ausgehen, dass du das Gesetz gebrochen hast.« Jace sah sich rasch um, ehe er sich Simon wieder zuwandte. »Wir sollten besser zusehen, dass wir dich hier rausholen.«
»Und was passiert dann?« Simon konnte kaum glauben, dass er diese Frage stellte. Er wünschte sich so sehr, aus dieser Zelle herauszukommen, dass er es fast körperlich spürte, und dennoch konnte er sich nicht zurückhalten. »Wo willst du mich dann verstecken?«
»Hier in der Garnison gibt es ein Portal. Wenn wir es finden, könnte ich dich zurückschicken …«
»Und dann weiß jeder, dass du mir geholfen hast. Jace, ich bin nicht der Einzige, hinter dem der Rat her ist. Im Grunde bezweifle ich sogar, dass er sich für einen Schattenweltler mehr oder weniger überhaupt interessiert. Die Ratsmitglieder versuchen vielmehr, Beweise gegen deine Familie zu sammeln. Sie wollen beweisen, dass die Lightwoods irgendwie mit Valentin unter einer Decke stecken. Dass sie den Kreis nie wirklich verlassen haben.«
Selbst in der Dunkelheit konnte Simon erkennen, wie sich Jace’ Wangen vor Wut röteten. »Aber
Weitere Kostenlose Bücher