Chroniken der Unterwelt Bd. 3 City of Glass
äußerst schwierig beschrieben. Was wäre, wenn er kein Interesse hatte, sie zu empfangen, keine Zeit? Oder wenn es ihr nicht gelang, ihn davon zu überzeugen, dass sie wirklich die Person war, die man ihm angekündigt hatte? Oder wenn er sich nicht einmal mehr an ihre Mutter erinnerte?
Und die Tatsache, dass sie bei jedem blonden Mann und jedem Mädchen mit langen dunklen Haaren, die ihnen auf der Straße begegneten, innerlich zusammenzuckte, trug auch nicht gerade zur Beruhigung von Clarys Nerven bei - denn jedes Mal glaubte sie Jace oder Isabelle zu sehen. Aber Isabelle würde sie wahrscheinlich einfach ignorieren, überlegte sie niedergeschlagen, und Jace war zweifellos noch bei den Penhallows und knutschte mit seiner neuen Freundin herum.
»Machst du dir Sorgen, dass uns jemand folgen könnte?«, fragte Sebastian, als sie in eine Seitenstraße einbogen, die vom Stadtzentrum fortführte. »Du drehst dich dauernd um.«
»Ich bilde mir ständig ein, ich würde jemanden sehen, den ich kenne«, räumte Clary ein. »Jace oder die Lightwoods.«
»Ich glaube nicht, dass Jace das Haus der Penhallows seit seiner Ankunft auch nur einmal verlassen hat. Meistens drückt er sich in seinem Zimmer herum. Außerdem hat er sich gestern übel an der Hand verletzt…«
»An der Hand verletzt? Wie ist das denn passiert?«, fragte Clary und stolperte über einen Stein, da sie überhaupt nicht mehr auf den Weg geachtet hatte. Irgendwie hatte sich die Straße unbemerkt von Kopfsteinpflaster in einen Kiesweg verwandelt. »Autsch«, stieß sie hervor.
»Wir sind da«, verkündete Sebastian und blieb vor einem hohen Lattenzaun stehen. Weit und breit war kein Haus zu sehen - Clary und Sebastian hatten das Wohngebiet relativ abrupt hinter sich gelassen. Auf der einen Straßenseite ragte lediglich ein Lattenzaun auf und auf der anderen Seite stieg das Gelände langsam zu einem Waldstück an.
In der Mitte des Zauns befand sich ein Tor, das jedoch mit einem Vorhängeschloss gesichert war. Sebastian holte einen schweren Stahlschlüssel aus seiner Tasche und öffnete das Schloss. »Ich bin gleich wieder zurück, mit unserem Freund«, sagte er und warf das Tor hinter sich zu. Clary presste ein Auge gegen den Zaun und spähte zwischen den Latten hindurch: Auf der anderen Seite stand eine Art niedriges Fachwerkhaus, das aber weder eine Tür noch ein Fenster hatte …
Im nächsten Moment öffnete sich das Tor und Sebastian erschien, mit einem breiten Grinsen im Gesicht. In der Hand hielt er einen Zügel und hinter ihm kam ein riesiges grau-weiß geschecktes Pferd mit einer sternförmigen Blesse auf der Stirn zum Vorschein, das ihm sanftmütig folgte.
»Ein Pferd? Du hast ein Pferd?« Verwundert starrte Clary ihn an. »Wieso hast du ein Pferd?«
Sebastian streichelte dem Tier liebevoll über das Schulterblatt. »Eine ganze Reihe von Schattenjägerfamilien besitzen Pferde, die hier in den Stallungen am Rand von Alicante untergebracht sind. Wie dir ja sicher schon aufgefallen ist, gibt es in Idris keine Autos. Die starken Schutzwälle beeinträchtigen irgendwie die Motoren«, erklärte er und tätschelte den hellen Ledersattel, auf dem ein Wappen prangte - eine Wasserschlange, die in einer gewundenen Spirale aus einem See aufstieg. Darunter stand der Name Verlac in feinen Lettern geschrieben. »Okay. Steig auf!«
Clary wich zurück. »Ich bin noch nie geritten.«
»Ich werde Wayfarer reiten«, versicherte Sebastian ihr. »Du brauchst nichts anderes zu tun, als einfach nur vor mir zu sitzen.«
Das Pferd schnaubte leise. £5 hat riesige Zähne…fast so groß wie PEZ-Bonbonspender, stellte Clary beunruhigt fest und malte sich aus, wie diese Hauer sich in ihr Bein gruben. Beim Gedanken an ihre früheren Klassenkameradinnen, die sich nichts sehnlicher gewünscht hatten als ein eigenes Pony, fragte Clary sich, ob sie allesamt verrückt gewesen waren.
Sei tapfer, ermahnte sie sich. Dos ist genau das, was deine Mutter jetzt tun würde.
Entschlossen holte sie tief Luft. »Also gut, dann mal los.«
Clarys Entschluss, tapfer zu sein, hielt exakt bis zu dem Augenblick, als Sebastian ihr in den Sattel half, sich hinter ihr auf das Pferd schwang und ihm die Sporen gab. Wayfarer preschte los wie eine Kanonenkugel und galoppierte mit solch einer Kraft über den Kiesweg, dass Clary die Wucht der Hufschläge bis ins Rückenmark spürte. Verbissen klammerte sie sich an den Sattelknauf, der vor ihr aufragte, und grub die Nägel tief
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