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Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Titel: Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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dieses Landes denken«, sagte Humboldt. »Nach der Eroberung des Inkareiches im Jahre 1533 durch den spanischen Konquistador Francisco Pizarro zog sich eine kleine Gruppe von Widerstandskämpfern in die Bergfestung Vilcabamba zurück, von wo aus sie den spanischen Eroberern einen verbissenen Kampf lieferten. Beinahe vierzig Jahre dauerte es, bis es den Spaniern gelang, die Festung einzunehmen. Doch zu diesem Zeitpunkt hatten die meisten Inka den verlorenen Posten bereits verlassen, darunter der gesamte Adel sowie die Astrologen, Mathematiker, Wissenschaftler, kurz gesagt: die gesamte Elite. Nur ihr Fürst Tupac Amaru und ein paar seiner Getreuen harrten aus und stellten sich zum Kampf. Sie wurden alle getötet.«
    »Und der Rest?«
    »Ihre Spur verlor sich im Ungewissen. Viele Gelehrte glauben, sie seien ein Stück nach Osten gezogen, wo sie eine neue Stadt namens Paititi erbaut hätten. Wieder andere meinen, sie seien in Richtung Kolumbien aufgebrochen, um dort das Reich El Dorado zu gründen.«
    »Und Sie selbst?«
    Humboldt atmete tief ein. »Ich habe immer vermutet, dass die Inka nach Westen gezogen sind, zu einer geheimen Hauptstadt, über die in den Büchern aber nichts zu finden war. Meinen Berechnungen zufolge befand sie sich irgendwo im Gebiet der Colca-Schlucht. Es gab viele Hinweise, aber wenig Konkretes. Als ich Harrys Aufnahme sah, wusste ich, dass er sie gefunden hatte.« Er klopfte dem Fotografen auf die Schulter.
    Boswell war sichtlich gerührt von Humboldts Lob. »Eine Entdeckung, die mich um ein Haar das Leben gekostet hätte«, sagte er. »Dort drüben ist die Stelle, von der aus ich meine Aufnahmen geschossen habe.« Er deutete auf die andere Seite der Schlucht. »Meine alte Kamera müsste immer noch dort liegen.«
    Humboldt hob die Augenbrauen. »Was ist geschehen?«
    »Weiß ich selbst nicht so genau«, sagte Boswell mit einem Schulterzucken. »Ich wurde von einem ihrer Späherschiffe entdeckt. Ich glaube, eine Lichtreflexion auf meiner Linse hat sie auf mich aufmerksam gemacht. Auf jeden Fall musste ich die Kamera verstecken und mich aus dem Staub machen. Ich verbarg mich und es gelang mir tatsächlich, ihnen zu entkommen. Als ich mich auf den Rückweg machte, wurde ich angegriffen. Danach weiß ich nichts mehr, bis ich in einem dieser Graskobel aufwachte, in denen ich die letzten Monate verbracht habe.«
    »War die Gefangenschaft sehr schlimm?«, erkundigte sich Oskar.
    »Wie man’s nimmt«, sagte Boswell. »Eigentlich hat man mich immer gut behandelt, wenn man mal davon absieht, dass ich nie einen meiner Entführer zu Gesicht bekommen habe. Ich habe mal einen Ausbruchsversuch gewagt, aber er ist gescheitert.«
    »Wissen wir«, sagte Humboldt.
    »Wie das?«
    Der Forscher deutete auf Eliza.
    Plötzlich leuchtete etwas in Boswells Gesicht auf. »Dann hat sie also …? Ah. Ich verstehe. Sie sind ein Medium, Madam, habe ich recht?«
    Eliza nickte. »Ich bin eine Mambo.«
    »Eine haitianische Zauberin?« Boswell stand die Verblüffung ins Gesicht geschrieben.
    »Sie wissen von unserem Glauben?«
    »Aber ja«, sagte der Fotograf. »Eine meiner Forschungsreisen führte mich einst nach Haiti. Eine Dokumentation über die dort praktizierenden Bokor. Ich muss sagen, ich bin froh, dass ich von dort mit heiler Haut wieder weggekommen bin.«
    »Das glaube ich Ihnen aufs Wort«, sagte Eliza. »Die Bokor sind Schwarzmagier der übelsten Sorte. Sie fertigen kleine Stoffpuppen an, mit denen sie Macht über ihre Opfer ausüben. Die Fähigkeiten der Mambo sind dagegen vergleichsweise harmlos. Wir können in die Träume anderer Menschen eindringen.«
    »Ich habe es geahnt«, sagte Boswell. »Ich hatte in letzter Zeit das Gefühl, jemand würde in meinem Kopf herumspazieren. Eine interessante Erfahrung. Nicht immer angenehm, aber interessant.«
    »Tut mir leid«, erwiderte Eliza. »Es gab keinen anderen Weg. Wir standen ziemlich unter Zeitdruck.«
    Boswell winkte ab. »Halb so wild. Allzu viele sündige Gedanken dürften Sie nicht aufgefangen haben. Das könnte sich allerdings ändern, jetzt, da ich wieder auf freiem Fuß bin.« Er warf Eliza einen vielsagenden Blick zu, der sie zum Erröten brachte. »Am meisten vermisse ich meine Fototasche«, sagte er. »Ich bin immer davon ausgegangen, sie sei in die Hände der Regenfresser geraten.«
    »Nein«, sagte Humboldt. »Sie fiel in den Colca. Von da aus wurde sie in den Camana geschwemmt, wo sie von irgendeinem Fischer herausgezogen wurde. Durch einen schier

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