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Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Titel: Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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einschließlich einer Fähigkeit, die wir alle zur Genüge kennen und auf die wir liebend gerne verzichten würden.«
    »Und die wäre?«
    »Die Fähigkeit zu lügen.«

 
62
     
     
    Charlotte hatte ein schrecklich trockenes Gefühl im Mund. Sie war immer noch auf der Liege festgeschnallt. Um sie herum herrschte Dunkelheit. Einzig ein dünner leuchtender Strahl zuckte über die Wände und die schlafenden Körper. Sie wusste nicht, wie lange sie gedöst hatte, nur, dass die Luft seitdem deutlich schlechter geworden war.
    »Hier drüben«, hörte sie eine Stimme. »Ich habe sie gefunden.« Irrte sie sich oder war das Oskar? Sie versuchte, den Kopf zu heben, doch sie fühlte sich so schwach.
    »Ich bleibe hier bei den anderen«, rief eine zweite Stimme. Ohne Zweifel die ihres Onkels. Sie hörte Schritte, dann zuckte der Lichtstrahl über sie hinweg und fiel auf Oskars Gesicht. Er sah müde und angespannt aus.
    »Wie geht es dir?«, fragte er. »Alles in Ordnung?« Seine Finger lösten die Lederriemen.
    »Alles in Ordnung.« Sie streifte die Bänder ab und richtete sich auf. »Wo ist mein Onkel?«
    »Drüben, bei Eliza. Sie ist betäubt worden, genau wie die anderen.«
    »Wir müssen hier raus!«, rief Humboldt. »Die Luft wird langsam knapp. Wir müssen sie irgendwie wach bekommen. Vielleicht mit kaltem Wasser.«
    »Alles klar, ich besorge welches.« Oskar verschwand, nur um kurz darauf mit einem Eimer Wasser und einem feuchten Tuch zurückzukommen. Er hielt ihr den Lappen hin. Charlotte benetzte Stirn und Hals, dann gähnte sie herzhaft.
    »Alles klar?«
    »Geht schon wieder.« Sie stand auf. Die Luft war zum Schneiden dick. Oskar trat neben sie und griff ihr unter den Arm. »Lass nur«, sagte sie. »Kümmere dich lieber um die anderen.«
    »Ich bin so froh, dass es dir gut geht«, sagte er. »Als wir euch hier so vorfanden, befürchteten wir schon das Schlimmste. Zum Glück wusste Livanos, wo man euch hingebracht hat. Wie es scheint, war das Rettung in letzter Not.«
    »Kann man wohl sagen.« Noch einmal gähnte Charlotte herzhaft. »Was ist denn bloß mit der Luft los?«
    »Die Lebenserhaltungssysteme sind ausgefallen«, erwiderte Oskar. »In ein paar Stunden sinkt die Temperatur bis knapp über den Gefrierpunkt.«
    »Was ist geschehen?«
    »Wir haben Daron abgeschaltet.« In seiner Stimme schwang Stolz mit. »Livanos hat uns an Bord der Kraaken genommen und hierhergebracht. Und jetzt wird er uns zurückbringen.«
    »Und die Roboter?«
    »Alle kaputt, einschließlich des Golem. Sein metallener Leib liegt jetzt in einer Spalte am tiefsten Punkt des Meeres.«
    »Wo ist Wilma?«
    »Ich habe sie eben noch hier herumhuschen sehen. Da drüben ist sie ja, siehst du?« Er deutete nach links in Richtung Ausgang. Ein kleiner stumpfer Körper wuselte unter den Tischen hindurch. Die hornigen Zehen klapperten auf dem Fußboden.
    Charlotte schnalzte mit der Zunge. Sofort kam Wilma angerannt und hüpfte ihr in die ausgestreckten Arme. Der kleine Vogel drückte seinen Kopf an ihre Brust.
    »Wilma glücklich«, kam es aus dem Lautsprecher.
    »Das bin ich auch, meine Kleine, das bin ich auch.«
    Die Kiwidame hob ihren Kopf und warf Charlotte einen langen Blick zu, dann sagte sie: »Wilma heim.«
    »Ganz deiner Meinung«, stimmte ihr Charlotte zu und ließ ihre Finger durch die Federn gleiten. »Das will ich auch. Und zwar so schnell wie möglich.«
     

     
    Eine knappe Stunde später waren die dreizehn Überlebenden wohlbehalten an Bord der Kraaken angekommen. Allen, einschließlich Livanos, war die Anstrengung anzusehen. Doch Oskar bemerkte noch etwas anderes: Erleichterung.
    Erleichterung darüber, dass endlich alles vorbei war und sie nun heimkehren durften.
    Livanos ließ seinen Blick über die Köpfe der Anwesenden schweifen. »Sehr verehrte Anwesende«, rief er, die Hände erhoben. »Darf ich für einen kurzen Moment um Ihre Aufmerksamkeit bitten? Ich weiß, Sie warten alle ungeduldig darauf, in Ihre Heimat zurückzukehren, aber bitte schenken Sie mir einen kurzen Augenblick. Es wird nicht lange dauern, das verspreche ich Ihnen.«
    Seine Stimme klang wesentlich voller als zu den Zeiten, wo er einsam auf dem Thron gesessen hatte. Irgendwie sah er aus, als wäre eine schwere Last von seinen Schultern genommen worden.
    »Ich stehe tief in Ihrer Schuld«, fuhr er fort. »Ein Mann, der in seinem Bestreben, das Beste für die Menschen zu erreichen, den schlimmsten Albtraum heraufbeschworen hat. Für meine Taten kann es keine

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