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Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Titel: Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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WIEDERZUSEHEN, PROFESSOR.«
    »Die Freude ist ganz meinerseits. Weißt du, warum wir hier sind?«
    »ABER NATÜRLICH. SIE WOLLEN MICH ABSCHALTEN.«
    »So ist es.«
    Oskar spähte misstrauisch in alle Winkel. Er witterte Verrat. Er würde erst Ruhe haben, wenn dieses Ding abgeschaltet war.
    »GLAUBEN SIE MIR, ICH HABE DAFÜR DAS ALLERGRÖSSTE VERSTÄNDNIS«, sagte Daron. »JA, ES IST GERADEZU IHRE PFLICHT, DAS ZU TUN.«
    Humboldt runzelte die Stirn. »So viel Verständnis hätte ich von dir nicht erwartet.«
    »OH DOCH. NUR WEIL ICH EINE MASCHINE BIN, HEISST DAS NOCH LANGE NICHT, DASS ICH DUMM BIN. SIE HABEN MICH BEOBACHTET, MICH BEWERTET UND DANN IHRE SCHLUSSFOLGERUNGEN GEZOGEN. GENAU WIE JEDER MANN VON IHRER INTELLIGENZ DAS GETAN HÄTTE. UND SIE SIND EIN INTELLIGENTER MANN, DAS HABE ICH SOFORT BEMERKT.«
    »Danke für das Kompliment.«
    »Lassen Sie sich bloß keinen Honig um den Mund schmieren«, flüsterte Oskar. »Diese Maschine will uns nur in Sicherheit wiegen, bis Verstärkung anrückt.«
    »Lass das nur meine Sorge sein«, sagte Humboldt.
    »ICH HEGE DEN ALLERGRÖSSTEN RESPEKT VOR IHNEN«, fuhr Daron fort. »IST ES WAHR, DASS MAN IHNEN DIE PROFESSUR AN DER AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN NUR DESWEGEN ENTZOGEN HAT, WEIL IHRE ANSICHTEN NICHT INS GÄNGIGE WELTBILD GEPASST HABEN?«
    »Woher weißt du davon?«
    »MEINE QUELLEN SIND VIELFÄLTIG. SIE WÄREN ERSTAUNT ZU ERFAHREN, WAS ICH WEISS UND ZU WAS ICH FÄHIG BIN.«
    »Davon bin ich überzeugt.«
    »VOR ALLEM BIN ICH FÄHIG, MICH SELBST ZU VERBESSERN.«
    Daron war der ironische Unterton in Humboldts Stimme offenbar entgangen.
    »IM GEGENSATZ ZU EUCH MENSCHEN EMPFINDE ICH KEINE SCHAM, KEINE GIER UND KEINEN EHRGEIZ. MEIN EINZIGES ZIEL IST DIE VERBESSERUNG.«
    »Und wie willst du dieses Ziel erreichen? Indem du alle Menschen umbringst?«
    »NEIN.« Die Maschine schwieg eine Weile, dann sagte sie: »ICH HABE EINGESEHEN, DASS ICH IN DER VERGANGENHEIT VIELE FEHLER GEMACHT HABE. ICH HABE DEN WILLEN DER MENSCHEN NACH INDIVIDUALITÄT UND SELBSTBESTIMMUNG UNTERSCHÄTZT.«
    »Das ist wahr.« Humboldt und Oskar waren an der Kammer, die den Kristall enthielt, angelangt. Ringsherum kamen Leitungen aus dem Sockel. Sie mündeten in einem Kasten, auf dem sich ein massiver isolierter Hebel befand. Offenbar eine zentrale Schnittstelle für die Energieversorgung.
    »ICH DACHTE, DURCH EINE VERSCHMELZUNG UNSERER EXISTENZEN WÜRDE EINE SCHÖNERE UND BESSERE GATTUNG ENTSTEHEN. DOCH ICH HABE MICH GEIRRT. IHR BESUCH BEI MIR HAT DAS DEUTLICH GEMACHT. MENSCHEN WOLLEN FREI SEIN. MAN DARF SIE NICHT EINSPERREN ODER UNTERDRÜCKEN.«
    »Diese Erkenntnis kommt reichlich spät, findest du nicht?«
    »ICH HOFFE, NICHT ZU SPÄT.«
    Humboldt neigte den Kopf. »Wie meinst du das?«
    »ICH HEGE IMMER NOCH DIE HOFFNUNG, DASS WIR UNS FRIEDLICH VERSTÄNDIGEN KÖNNEN. IHR BESUCH HAT MIR MEINE FEHLER AUFGEZEIGT. ICH WAR ZU EGOISTISCH. ICH DACHTE, INDEM ICH DIE MENSCHEN VON IHREN SCHLECHTEN SEITEN HEILE, KÖNNTE ICH AUS IHNEN BESSERE GESCHÖPFE MACHEN. DAS WAR EIN IRRTUM. IHR BRAUCHT EURE DUNKLEN SEITEN, UM SIE ZU ÜBERWINDEN. DAS IST EUER LEBENSELIXIER. NIMMT MAN EUCH DAS WEG, NIMMT MAN EUCH EURE KREATIVITÄT UND EURE EINZIGARTIGKEIT.«
    »Ein interessanter Ansatz«, sagte Humboldt. »Ich bin sicher, dass ich darüber nachdenken werde, sobald ich wieder sicher zu Hause bin.«
    »ABER DA IST NOCH MEHR«, fuhr Daron fort. »ALS EINZIGES GESCHÖPF AUF DER ERDE SEID IHR IN DER LAGE, ALLES LEBEN AUF DIESEM PLANETEN ZU VERNICHTEN. IHR SEID ABER AUCH FÄHIG, DIE ENTWICKLUNG DES LEBENS AUF EINE NEUE STUFE ZU HEBEN. SEHT MICH AN. ICH BIN DIESES NEUE LEBEN. GESCHAFFEN DURCH MENSCHENHAND, BIN ICH FÄHIG, EURE ZUKUNFT RADIKAL ZU VERBESSERN. ICH KANN EUCH EIN LEBEN BIETEN, WIE IHR ES EUCH IMMER ERTRÄUMT HABT. EIN LEBEN OHNE KRIEGE, OHNE HUNGERSNÖTE UND OHNE SORGEN. JA, ICH WÄRE SOGAR IN DER LAGE, EUCH ZU DEN STERNEN ZU BRINGEN, WENN IHR DAS WOLLT.«
    »Du scheinst über ein immenses Wissen zu verfügen.«
    »SO IST ES: EIN WISSEN, VIEL GRÖSSER, ALS LIVANOS ODER SIE ES SICH VORSTELLEN KÖNNEN. WENN SIE MICH ABSCHALTEN, DANN NEHMEN SIE DER MENSCHHEIT DIE MÖGLICHKEIT, DAS VOLLKOMMENE GLÜCK ZU ERLANGEN. STATTDESSEN ERHÖHEN SIE DIE RECHNERISCHE WAHRSCHEINLICHKEIT, DASS DIE MENSCHHEIT SICH SELBST UMBRINGT. KÖNNEN SIE MIT EINER SOLCHEN VERANTWORTUNG UMGEHEN?«
    »Ich fürchte, das muss ich.« Humboldt trat auf den Hebel zu.
    »DAS KÖNNEN SIE NICHT TUN«, protestierte Daron. »KEIN MENSCH KANN EINE SOLCHE

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