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Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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beschmutzen. Ich forderte ihn auf, sein Wort zurückzunehmen, aber er weigerte sich. So ergab ein Wort das andere.«
    Philby wirkte erschrocken. »Aber das ist ja entsetzlich. Wir müssen die Polizei verständigen.«
    »Natürlich müssen wir das. Meine Zeit ist allerdings knapp bemessen. Wenn Sie sich also bitte beeilen würden?«
    »Ich … natürlich, Sir.« Der alte Mann eilte davon. Wilson lächelte zufrieden. Kein Mensch würde ihm einen Strick daraus drehen, dass er die Ehre der Königin verteidigt hatte. Im Gegenteil. Respektlosen Franzosen die Leviten zu lesen, gehörte in London schon fast zum guten Ton. Außerdem war er mit dem Polizeichef befreundet. Der würde die Sache zu seinen Gunsten drehen.
    Das Wichtigste aber war: Er hatte die Dokumente. Endlich konnte er mit seinem bisher ehrgeizigsten Projekt beginnen.

 
5
     
     
    Drei Tage später …
     
    Im ehrwürdigen Gebäude der Universität zu Berlin liefen die Vorbereitungen für den Vortrag auf Hochtouren. Der weitläufige Campus war in einem Abstand von etwa hundert Metern abgesperrt worden und wurde von Dutzenden berittener Polizisten bewacht. Der Vorplatz wurde von Fackeln erhellt, deren Flammen ihr weiches Licht gleichermaßen auf Zuschauer wie auf Besucher verteilten. Tausende von Schaulustigen hatten sich außerhalb der Umzäunung versammelt und warteten ungeduldig auf das Eintreffen des Regenten und seiner Gattin. Als der Kaiser und die Kaiserin dann endlich in ihrem prächtigen Landauer und in Begleitung ihrer fünfzehnköpfigen Leibgarde eintrafen, brach das Volk in laute Jubelrufe aus. Kaiser Wilhelm der Zweite und seine Gattin, Auguste Viktoria, winkten den Leuten fröhlich zu, beeilten sich aber, rasch ins Innere zu gelangen. Es hatte zwar aufgehört zu schneien, aber die Temperaturen an diesem Abend waren immer noch recht frostig.
    Dann durften die Gäste eintreten. Stilvoll gekleidetes Personal prüfte gewissenhaft jede einzelne Einladung, ehe sie den Weg freigaben. Vor dem Gebäude entstand eine Schlange und es dauerte eine Weile, bis auch der letzte Gast die Türen passieren durfte.
    Im Inneren ging es nicht minder prächtig zu. Die Kronleuchter und Wandhalter des mehrstöckigen Hauptgebäudes waren mit unzähligen Kerzen bestückt worden, die das Innere der Universität in ein Meer aus Flammen tauchten. Zwar hatten hier, wie in den meisten großen Gebäuden der Stadt, Gaslampen Einzug gehalten, aber zu Ehren des Kaisers und aus diesem besonderen Anlass hatte man bewusst darauf verzichtet. Kerzenlicht wirkte auf den Gesichtern der Damen doch um ein Vielfaches vorteilhafter als der kalte Schein einer Gaslaterne.
    Charlotte hatte so einen Prunk noch nicht erlebt. Sie stand ganz nahe bei ihrem Onkel und blickte mit großen Augen auf die vornehm gekleideten Besucher. Die Damen waren zumeist in prächtige Kleider gehüllt und trugen sorgfältig toupierte Frisuren. Die Herren hingegen steckten in maßgefertigten Anzügen, trugen ihre Bärte gezwirbelt und ihre Haare pomadisiert, ganz nach dem Vorbild des Kaisers. Die Säle waren erfüllt von dem Geruch kostbaren Parfüms und edler Zigarren und allenthalben wurde Champagner ausgeschenkt. Charlotte wagte kaum zu atmen und lauschte mit geröteten Wangen den Unterhaltungen der Gäste. Bei genauerer Betrachtung waren diese meist ziemlich öde und oberflächlich, aber in dieser Umgebung und zu diesem Anlass wirkte jedes Wort, als bestünde es aus Gold. Die Aufregung half ihr sogar, für einen Moment den Brief zu vergessen, den sie vor drei Tagen erhalten hatte. Ein Brief, der schwerwiegende Konsequenzen haben würde.
    »Onkel, ich hätte gern ein Glas Champagner.«
    Humboldt war der Einzige, der sich an diesem Abend nicht zu amüsieren schien. Sein Blick wanderte über die Köpfe der Anwesenden zurück zu seiner Nichte. »Was hast du gesagt?«
    »Champagner«, erwiderte Charlotte. »Ich hätte gern ein Glas davon.«
    »Aber du bist erst sechzehn.«
    »Onkel, bitte.«
    Der Forscher stieß ein unverständliches Grunzen aus, dann wählte er einen Diener aus und nahm zwei Gläser von dessen Tablett. »Hier«, sagte er, als er zurückgekehrt war. »Aber nur dieses eine.« Sie stießen an. »Übrigens, du siehst heute Abend bezaubernd aus.«
    Charlotte spürte, dass sie rot wurde. Schnell trank sie einen Schluck. Sie hatte noch nie in ihrem Leben Champagner getrunken, fand aber, dass heute eine passende Gelegenheit war. Das prickelnde Getränk strömte ihre Kehle hinab und hinterließ einen seltsamen

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