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Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Lacher zu ihnen herüber. Das Fest schien bereits in vollem Gange zu sein.
    Oskar blickte sich um.
    Der Raum war mit Sammlerstücken ferner Länder dekoriert. Masken, Totems, Schilde und Waffen, alles wunderschön gearbeitet. Die meisten von ihnen bestanden aus Holz und waren mit kleinen Muscheln oder Steinen verziert. In einer Ecke des Raumes stand eine Skulptur, die aus einem einzigen Baumstamm geschnitzt war. Hunderte ineinander verwobener Menschenkörper krabbelten über- und untereinander und hielten Schalen und Körbe in ihren winzigen Händen. Oskar verschlug es die Sprache. So etwas hatte er noch nie gesehen.
    Der Diener bat sie, ihre Jacken und Mäntel abzulegen, dann führte er sie in den Salon.
    »Meine sehr verehrten Damen und Herren, Carl Friedrich von Humboldt nebst Begleitung.«
    Etwa dreißig Personen waren anwesend, Männer und Frauen unterschiedlichsten Alters. Oskar sah Rüschenkleider, Westen, hochgestellte Krägen, Nickelbrillen, Fächer und Manschetten. Eine Gruppe von Männern hatte sich in einem Nebenzimmer versammelt, wo Branntwein und Zigarren gereicht wurden.
    Nach und nach erstarben die Gespräche. Alle Augen waren auf die Neuankömmlinge gerichtet. Eine peinliche Stille trat ein. Oskar konnte das Gas der Lampen zischen hören.
    In diesem Moment ging rechts von ihnen eine Tür auf. Eine schöne und wohlgekleidete Dame betrat den Raum. »Was herrscht denn hier für eine Grabesstille?« Als sie die Neuankömmlinge bemerkte, ging ein Strahlen über ihr Gesicht.
    »Herr Humboldt! Ich habe Sie gar nicht kommen hören.«
    Der Forscher deutete eine Verbeugung an. Frau Bellheim eilte herbei und schüttelte ihnen die Hand. »Wie schön, Sie wiederzusehen. Und Sie natürlich auch, Fräulein Charlotte. Ich habe mich so darauf gefreut, unsere kleine Unterhaltung von neulich fortzusetzen.« Dann ging sie zu Eliza. »Sie müssen Frau Molina sein. Herr Humboldt hat mir schon von Ihnen erzählt. Welch außergewöhnliches Vergnügen, Sie kennenzulernen. Treten Sie doch näher.«
    »Bitte nennen Sie mich Eliza. Ich bin es nicht gewohnt, dass man mich mit Nachnahmen anspricht. Ich komme mir dabei immer so alt vor.«
    »Ganz reizend. Aber nur, wenn Sie mich Gertrud nennen.«
    »Einverstanden.« Die beiden Frauen lachten.
    Das Eintreffen der Hausherrin wirkte wie eine frische Brise.
    Dann richtete Frau Bellheim ihre Augen auf ihn. »Herzlich willkommen, junger Mann. Sie müssen Herr Wegener sein.«
    Oskar, der nicht genau wusste, wie er sich zu verhalten hatte, ergriff ihre Hand, verbeugte sich und deutete einen Kuss an.
    »Oh, wie galant«, sagte Frau Bellheim lachend. »Was für einen gut aussehenden Sohn Sie haben, Herr Humboldt. Meinen Glückwunsch.« Sie zwinkerte dem Forscher zu. »So, nun müssen Sie aber unbedingt mit mir anstoßen. Jetzt, wo die Gesellschaft vollständig ist, gibt es keinen Grund, noch länger auf dem Trockenen zu sitzen. Berthold, haben alle Gäste etwas zu trinken? Schön. Dann wollen wir unser Glas erheben. Ich möchte Sie bitten, auf meinen Mann anzustoßen, der nach langer und beschwerlicher Reise endlich wieder zu mir zurückgekehrt ist.« Sie deutete auf einen Mann, der in einem Lehnstuhl ganz nah am flackernden Kaminfeuer saß. Er war groß, mager und ernst. Ein paar Leute standen um ihn herum und versuchten, eine Unterhaltung mit ihm zu führen. Doch der Mann schien irgendwie nicht bei der Sache zu sein. Fahrig wanderten seine Augen umher, als wären sie auf der Suche nach irgendetwas. Außerdem schien es, dass er trotz der enormen Temperaturen, die dort herrschten, fror. Er war blass und zitterte leicht. Oskar ließ sich von dem Diener zwei Gläser einschenken und ging damit zu Charlotte hinüber. »Ich habe einen Fruchtsaft für dich. Möchtest du?«
    Seine Cousine schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln. »Oh, wie galant«, sagte sie, den Tonfall von Frau Bellheim imitierend. Sie nahm das Glas. »Und so gut aussehend.«
    »Lass doch den Unsinn.« Oskar spürte, dass ihm das Blut ins Gesicht schoss. »Du weißt genau, dass das nicht stimmt.«
    »Sei doch nicht so empfindlich.« Sie lächelte. »Ich habe das durchaus ernst gemeint. Ich finde, du machst wirklich eine gute Figur.«
    Oskar nippte an seinem Saft und ließ seinen Blick schweifen. Als er bei Bellheim ankam, hielt er inne. Irgendetwas war seltsam an dem Mann. Ehe er noch dahinterkam, was es war, trat Charlotte an ihn heran und flüsterte: »Eigenartig, nicht wahr? Sieh nur, wie alle Gäste sich um ihn bemühen.

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