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Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Temperament. In dem Moment, als Max den Saal betrat, fuhr er herum und blickte ihn über den Rand seiner goldenen Nickelbrille hinweg an. »Da sind Sie ja endlich, Pepper«, sagte er und sein Doppelkinn schwabbelte vorwurfsvoll. »Sie sind spät dran.«
    Max schlich an seinen Platz und stellte die Aktentasche ab. Die Schweinsäuglein verfolgten jede seiner Bewegungen.
    »Was soll ich bloß mit Ihnen machen?«
    Max überlegte kurz, ob er von dem Unfall erzählen sollte, schwieg dann aber. Ausreden zählten nicht. Um Vanderbilts wulstige Lippen spielte ein Lächeln. »Vielleicht haben Sie ja eine Idee, Mr Boswell.«
    Max blickte überrascht nach links. Für einen Moment hatte er gedacht, er wäre der Einzige, doch jetzt erkannte er, dass das nicht stimmte. Ein Mann stand im Schatten eines langen Regals und war, wie es schien, in ein Buch vertieft. Auf Vanderbilts Ruf hin stellte er es zurück und kam auf sie zu.
    Graues Haar, grauer Bart, eine abgewetzte Cordjacke und blaue Nietenhosen. In dem von vielen Lachfältchen zerfurchten Gesicht leuchteten ein Paar strahlend blaue Augen.
    »Hallo, Max.«
    Max hob überrascht die Brauen. »Harry?«
    »Worauf du einen lassen kannst.« Der Mann trat auf ihn zu und umarmte ihn herzlich. Max fiel ein Stein vom Herzen. Harry Boswell war Fotograf und außerdem sein Freund. Einer der besten in seinem Job. Max war mit ihm bereits in Südamerika gewesen, hatte ihn aber seit einiger Zeit nicht gesehen. Ein Auftrag in Neufundland, wenn er richtig informiert war.
    Boswell klopfte Max auf die Schulter. »Na, du altes Haus? Wie geht es dir? Immer noch treu sorgendes Familienoberhaupt?«
    »Das wird immer so bleiben«, lachte Max. »Familienvater ist kein Job, den man so einfach an den Nagel hängen kann.«
    »Deshalb habe ich mir nie Frau und Kinder angeschafft.«
    »Du weißt nicht, was du verpasst. Ich dachte, du wärst noch im Norden. Wann bist du zurückgekommen?«
    »Gestern Abend«, erwiderte Boswell. »Mit dem Postschiff. Eine ziemlich holprige Fahrt. Aber wenn unser Chef mich ruft, bin ich natürlich zur Stelle.«
    Vanderbilt lächelte und streckte die Hand aus. »Nehmen Sie Platz.«
    »Darf ich rauchen?«, fragte Boswell.
    »Aber ja. Stecken Sie sich ruhig eine an.«
    Max strich über seinen Schnurrbart. Er konnte sich nicht erinnern, seinen Chef jemals so aufgeräumt und umgänglich erlebt zu haben. Vanderbilt war sehr freundlich. Zu freundlich, um genau zu sein.
    Argwöhnisch beobachtete Max, wie der Firmengründer ans Fenster trat und damit begann, die Vorhänge zuzuziehen. Als er fertig war, schritt er zum Kopfende des Tisches, wo ein großer Holzkasten stand. Er thronte auf einem dreibeinigen Stativ und hatte vorn einen Tubus, der wie ein Kanonenrohr aus dem Holzkasten lugte. In der Öffnung schimmerte eine gläserne Linse. Mit einem Mal schoss ein blendend helles Licht daraus hervor. An der Wand erschien das Abbild eines Mannes, das riesig und leuchtend über die Wand waberte. Boswell stieß einen überraschten Laut aus. Max rutschte unwillkürlich einen Meter zurück.
    »Seien Sie nicht alarmiert, meine Herren.« Vanderbilt lächelte. Er schien mit dem Ergebnis seiner Demonstration durchaus zufrieden. »Das ist nur eine fotografische Projektion. Etwas ganz Neues auf dem Gebiet der Fotografie.«
    Max hatte trotz Vanderbilts Erklärung den Eindruck, das Bild würde sich bewegen. Vielleicht lag es am Rauch, der von Boswells Zigarre aufstieg. Zu sehen war ein korpulenter Mann mit markanten breiten Wangenknochen und zusammengebundenen Haaren. Er trug eine Art Uniform, zu der lackierte Stiefel und ein wertvoll aussehender Degen gehörten.
    »Das, meine Herren, ist Sir Jabez Wilson, ein guter Freund von mir. Das Bild wurde vor zwei Jahren gemacht, anlässlich seiner Erhebung in den Adelsstand. Vielleicht haben Sie schon von ihm gehört.«
    Boswell zog an seiner Zigarre und stieß eine Qualmwolke in die Luft. »Wilson? Der Meteoritenjäger?«
    »Ganz recht.« Vanderbilt ging nach vorn, wobei sein Körper einen riesigen Schatten an die Wand warf.
    »Jabez ist eine bekannte Persönlichkeit drüben in England. Ein fabelhafter Kerl, der weiß, wie man die Presse zu behandeln hat. Ich helfe ihm gelegentlich, indem ich dafür sorge, dass sein Name regelmäßig in den Zeitungen auftaucht, er beliefert mich dafür mit guten Storys. Jabez ist ein Teufelskerl, er weiß, wie das Geschäft läuft.« Vanderbilt schnäuzte sich ausgiebig, dann steckte er das Taschentuch wieder ein.
    »Vor zwei

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