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Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Titel: Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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lagerten sorgfältig übereinandergestapelt in einem hölzernen Verschlag. Dort waren sie vor Austrocknung und Schimmel geschützt. Oskar streckte die Hand aus, um einen von ihnen herauszuziehen und stutzte ein zweites Mal. Der Boden war voller Krümel. Eines der Brote war brutal in der Mitte durchgerissen.
    Oskar berührte die Krumen. Sie waren noch frisch.
    Er hielt die Lampe in die Höhe und spähte in die dunklen Ecken. Gab es hier etwa Ratten? Oskar hatte in seinem Leben schon viel Ärger mit diesen Viechern gehabt, aber das hier sah nicht nach ihnen aus. Hier war jemand von der Besatzung am Werk gewesen. Jemand hatte sich klammheimlich an der Wurst und dem Brot vergriffen. Lilienkron. Er war der Einzige, der skrupellos genug war, sich selbst zu bedienen. Mit einem grimmigen Gefühl im Magen kehrte Oskar um.
    »Ah, da bist du ja, mein Junge«, rief Humboldt ihm zu, als er wieder eintraf. »Hast du dich verlaufen?« Er ließ ein schales Lachen erklingen.
    »Nein«, erwiderte Oskar. »Ich hatte nur gerade ein kleines Problem. Ich fürchte, jemand hat sich an den Essensvorräten zu schaffen gemacht.«
    »Was sagst du da?« Humboldt runzelte die Stirn.
    »Ich fand abgetrennte Würste, ein halbes Brot und Krümel. Zuerst dachte ich an Ratten, aber das ist eigentlich ausgeschlossen. Es muss jemand von uns gewesen sein.«
    »Was?«
    »Wer?«
    »Wieso?«
    Alle Augen richteten sich auf Lilienkron.
    »Was schauen Sie mich so an«, brauste der Gelehrte auf. »Glauben Sie etwa, ich würde mich heimlich in den Lagerraum schleichen und Lebensmittel stehlen? Wie erbärmlich. Wenn ich etwas brauche, dann frage ich danach. Eine Unverschämtheit, mir so etwas zu unterstellen.«
    »Dann also vielleicht doch Ratten«, meinte der Forscher.
    Oskar schüttelte den Kopf. »Damit kenne ich mich aus. In meiner Dachkammer daheim in Berlin habe ich Dutzenden von denen den Hals umgedreht. Ratten sind zwar clever, aber sie können nicht einen ganzen Laib Brot in der Mitte durchreißen. Außerdem riecht man es, wenn sie in der Nähe sind.«
    Humboldt schaute Oskar mit zusammengezogenen Brauen an. »Hast du schon die Wasservorräte überprüft?«
    Oskar ließ seine Hand auf die Tischplatte fallen. »Natürlich«, murmelte er. Er hatte schon die ganze Zeit das Gefühl gehabt, etwas übersehen zu haben. »Vorgestern ist mir aufgefallen, dass da etwas fehlt. Ich wollte es nicht an die große Glocke hängen und dann habe ich es wieder vergessen. Lasst uns nachsehen.«
    Alle standen auf und gingen nach hinten. Im trüben Licht der Lampe zuckten ihre Schatten über die Holzwände.
    Oskar hielt den Messstab in das geöffnete Fass und überprüfte den Flüssigkeitsstand. Es fehlte nicht viel, vielleicht vier oder fünf Liter. Aber es genügte, um zu beweisen, dass es keine Ratten sein konnten. Kein Nager war so klug, Wasser aus einem Fass zu stehlen.
    Charlotte blickte ratlos in die Runde. »Und nun?«
    In diesem Moment drangen von vorne ein Poltern und ein unterdrückter Fluch an ihre Ohren. Dann war alles wieder still.
    »Beim Jupiter«, stieß Humboldt aus. »Ich glaube, wir haben einen blinden Passagier an Bord.«

 
11
     
     
    Die Gesichter der Abenteurer leuchteten geisterhaft im gelblichen Schein der Lampe. Humboldt legte den Finger auf den Mund und deutete nach vorne zum Kabelgatt.
    »Schnappt euch ein Seil und einen Sack und folgt mir«, flüsterte er. »Wer immer das ist, er wird uns vermutlich längst gehört haben, also seid auf der Hut.« Er griff nach einem hölzernen Belegnagel, prüfte sein Gewicht und schlich nach vorne. Er öffnete die Tür, die zum Kabelgatt führte, und hielt die Lampe in die Höhe.
    Charlotte rümpfte die Nase. Es stank nach Lack und Öl. Der Raum war vollgestopft mit Farbtöpfen, Seilen, Holzplanken, Werkzeug und Ersatzteilen aller Art. In der Mitte türmte sich ein großer Haufen von Stoffballen zum Ausbessern der Ballonhülle. Ein ziemliches Durcheinander, in dem eine einzelne Person sich durchaus verstecken konnte.
    Humboldt richtete seine Stimme in die Dunkelheit: »Wer immer da ist, es ist besser, wenn Sie jetzt herauskommen. Es gibt ohnehin keine Möglichkeit zu entkommen.«
    Keine Antwort, nur das Knarren des Rumpfes und das gleichförmige Schnurren der Motoren.
    »Vielleicht haben wir uns geirrt«, flüsterte Oskar, doch Humboldt schüttelte den Kopf und deutete nach unten. Auf dem Holzboden war eine Spur von Brotkrumen zu sehen. Sie führte in die hintere linke Ecke des Raums. Mit wenigen Gesten

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