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Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Titel: Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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tiefer in den Stamm hineinfraß.
    Dann geschah es.
    Als wäre ein Bierfass angestochen worden, ergoss sich ein Schwall klarer, heller Flüssigkeit an dem Tier vorbei über den Boden. Gluckernd und sprudelnd strömte das Wasser heraus und färbte den Sand rund um den Stamm dunkel.
    Oskar reagierte sofort. Er hechtete auf das Wesen zu, packte es und schleuderte es mehrere Meter weit in die Wüste. Es landete auf dem Rücken und strampelte, um wieder auf die Füße zu kommen. Dann drehte es sich einmal im Kreis und rannte protestierend davon. Noch immer strömte Wasser aus dem Stamm. In Ermangelung einer besseren Idee zog Oskar seine Schuhe aus, nahm seine Socken und stopfte diese in die Öffnung. Dann rief er laut um Hilfe.
    Sofort waren alle wach.
    »Was ist denn los?« Lilienkron rieb sich schläfrig die Augen. »Kann man hier nicht mal für eine Minute seine Ruhe haben?«
    »Eine Flasche, schnell«, rief Oskar. Er grub eine Vertiefung in den Sand. »Holt alles, was wir an Gefäßen haben, wir dürfen keinen Tropfen vergeuden.«
    Humboldt, der den Ruf gehört hatte, eilte ebenfalls heran. Sein Gesicht wirkte ausgezehrt, aber seine Augen leuchteten vor Freude. Rasch setzte er seine Flasche unter die Öffnung und füllte sie bis zum Rand. Während er eine zweite darunterhielt, probierte er einen Schluck. »Herrlich«, sagte er. »Ein bisschen abgestanden, aber absolut trinkbar. Gut gemacht, mein Junge. Los, bringt alles her, was wir haben: Flaschen, Beutel, Töpfe. Schnell, ehe die Quelle versiegt.«
    Es gelang ihnen, noch drei weitere Flaschen zu füllen, dann verebbte der Strom allmählich. Alle lächelten Oskar an.
    »Ich weiß nicht, wie ich früher ohne dich klargekommen bin«, sagte Humboldt. »Ohne dich wäre diese Expedition zum Scheitern verurteilt. Danke, dass du dich entschlossen hast, bei mir zu bleiben.« Und dann, völlig unerwartet, schloss er Oskar in die Arme.
     

     
    Fern am Horizont wurde der Himmel dunkler. Eine Schwärze, wie sie nur vor heftigen Gewittern zu sehen war, zog auf und dämpfte das Licht. Lena spitzte die Ohren. Nichts zu hören. Eine bleierne Stille lag über der Wüste.
    Müde stolperte sie weiter. Ihre Zunge klebte am Gaumen. Der vergorene Saft hatte ihren Durst nur vorübergehend gestillt, jetzt war sie durstiger als zuvor. Außerdem hatte sie starke Kopfschmerzen. Diese furchterregenden Kreaturen hingegen schienen über eine unendliche Ausdauer zu verfügen. Wie machten sie das nur? Lena hatte sie weder essen noch trinken sehen, und das in dieser lebensfeindlichen Umgebung. Aber vielleicht empfanden sie diese Wüste ja gar nicht als lebensfeindlich. Immerhin schienen sie recht gut angepasst zu sein. Breite, hornige Füße, eine zähe Lederhaut und Fell an Schultern und Rücken. Ein wenig erinnerten sie Lena an Dromedare, die tage-, wenn nicht sogar wochenlang ohne Wasser auskommen konnten.
    Das Halsband rieb und scheuerte. Das Salz ihres Schweißes verstärkte den Effekt. Lena versuchte das Band zu lockern, aber das Leder gab keinen Millimeter nach. Wie lange musste sie dieses Martyrium noch erdulden? Nun, zumindest sah es so aus, als würde es bald regnen. Die dunklen Wolken überzogen schon den gesamten Himmel.
    Lena kniff die Augen zusammen.
    Merkwürdige Wolken waren das. Gar nicht so rund und fluffig, wie sie es gewohnt war. Stattdessen waren sie kantig und gezackt.
    Waren das überhaupt Wolken?
    Wie angewurzelt blieb sie stehen. Die Kette spannte sich und riss sie mit einem Ruck nach vorne. Um ein Haar wäre sie in den Sand gefallen. Ihr Führer fuhr herum und stieß ein paar kehlige Laute aus. Lena ignorierte ihn. Sie konnte nur dastehen und vor Verwunderung die Augen aufreißen.
    Das waren keine Wolken. Es war auch kein Gewitter. Was da vor ihr in die Höhe ragte, war eine Felswand. Sie war so massiv und unglaublich hoch, dass sie das ganze Licht schluckte. Aus ihren Flanken ragte etwas, das seine wahre Gestalt erst auf den zweiten Blick enthüllte. Mit seinen schmalen Türmen, hohen Zinnen und geraden Kanten sah es aus wie eine Festung, obwohl es schwer zu sagen war, ob das Ding künstlichen oder natürlichen Ursprungs war. Fest stand, es war riesig, und wie es schien, steuerten ihre Entführer genau darauf zu.

 
34
     
     
    Noch immer fegte ein heißer Wind über den Sand. Er verwischte die Spuren und machte das Weiterkommen schwierig. Oskar und seine Freunde hatten zwar Taschentücher um den Mund geschlungen, trotzdem gelang es einzelnen Sandkörnern immer wieder,

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