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Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels

Titel: Chroniken der Weltensucher 04 - Der Atem des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Teufel, Der Teufel mit den drei goldenen Haaren – sie kannte sie alle. Dieser angenehme Schauer, wenn Oskar ihr aus dem alten Märchenbuch vorgelesen hatte. »Ich rieche, rieche Menschenfleisch.« Niemals würde sie diesen Satz vergessen.
    Und nun saß sie ihm gegenüber – dem Leibhaftigen, Satan, Luzifer. Und nicht nur ihm, auch noch seinen Brüdern.
    Sie bezwang ihre Furcht und sagte: »Ich … ich muss trinken. Durst, versteht ihr? Gluck, gluck.« Sie machte eine Bewegung, als würde sie ein Gefäß an ihre Lippen setzen.
    Die Kreaturen stießen einige seltsame Laute aus. Einer von ihnen legte ein Bündel ab und öffnete es. Charlotte erkannte, dass sich darin nur wenige Dinge von Wert befanden. Ein totes Huhn, einige Früchte, Glasperlen sowie ein Dolch. Plunder, den König Bhamban zu seinem Opfer mit dazugelegt hatte. Lenas Blick fiel auf eine mit bunten Steinen verzierte Kalebasse.
    »Darf ich …?«
    Ihr Träger, ein älteres Exemplar mit kurzen Hörnern und gesprungenem Huf, glotzte sie mit seinen durchdringenden Augen an. Statt weitere Worte zu verlieren, rutschte Lena vorsichtig näher. Das Wesen beobachtete jede ihrer Bewegungen. Ermutigt nahm sie die Flasche, öffnete den Verschluss und setzte sie an den Mund. Um ein Haar hätte sie alles wieder ausgespuckt. Das war kein Wasser. Das war irgendein Saft, der obendrein auch noch vergoren zu sein schien. Egal, sie musste ihren Durst löschen, mochte das Zeug auch noch so widerwärtig schmecken. Sie ließ die Flüssigkeit in ihre Kehle rinnen. Nach einer Weile ging es besser. Sie trank, bis kaum noch etwas da war. Dann verschloss sie die Flasche wieder und legte sie zurück.
    »Danke«, sagte sie leicht beschwipst. »Das hat mir wirklich geholfen. Aber ich habe noch eine Bitte.« Der Alkohol löste ihre Zunge und unterdrückte die Furcht. Aber wie sollte sie diesen Wesen erklären, dass sie mal musste?
    Sie hatte eine Idee. Mit dem Finger malte sie ein entsprechendes Bild in den Sand, deutete dann auf sich und dann auf einen mannsgroßen Felsen, der wenige Meter entfernt aus der Ebene ragte. Der Träger schien sie zu verstehen. Er griff in seine Gürteltasche und holte ein Halsband hervor, an dem eine dünne, stabil aussehende Kette hing. Sie war einige Meter lang und wirkte wie eine Hundeleine. Mit grunzenden Lauten deutete er auf das Halsband.
    Sie nickte, nahm das Band und legte es sich um den Hals. Dabei merkte sie, dass sie immer noch das Linguaphon trug. Nur schien es bei diesen Wesen nicht zu funktionieren. Sie zog die Schlaufe zu. Die Kreatur kam näher und fixierte das Band mit einem Schloss. Den Schlüssel steckte sie in ihre Tasche. Lena rümpfte die Nase. Der Gestank dieser Biester war kaum auszuhalten. Ihr Fell stank nach verrottetem Fleisch und ranziger Butter, und der Atem, der aus ihrem Maul drang, roch nach Schwefel.
    Sie stand auf und ging in Richtung des Felsens. Was war nur mit ihren Beinen los? Ob es wohl daran lag, dass sie sie so lange nicht benutzt hatte? Vielleicht war aber auch der Alkohol schuld. Egal. Was sie zu tun hatte, duldete keinen Aufschub.
    Sie verschwand hinter dem Felsen und hockte sich hin.
    Als sie fertig war, stand sie auf und ging zu ihren Entführern zurück. Die fünf Kreaturen blickten sie erwartungsvoll an.
    »In Ordnung«, sagte sie. »Wir können weiter. Wenn es euch nichts ausmacht, würde ich ab jetzt gerne laufen.«

 
33
     
     
    »Sag mal, Oskar …«, Charlotte stapfte dicht neben Oskar durch den Sand. »Diese Sache mit der Hohlwelt – ich muss gestehen, es beginnt mich zu interessieren. Wenn du magst, könntest du mir ja etwas darüber erzählen. Das hätte den Vorteil, dass ich ein wenig von dieser trostlosen Umgebung abgelenkt wäre.« Sie lächelte ihn müde an. Oskar wischte sich ein Sandkorn aus dem Auge.
    Ihr Weg führte durch eine rostrote Wüste, die mit grauen Steinen besetzt war. Hier gab es nichts, kein Gras, keine Blumen, keine Sträucher. Auch Bäche oder Tümpel suchte man hier vergebens. Einzig ein paar seltsame graue Bäume ragten aus dem Sand, die aussahen, wie senkrecht aufgestellte Trompeten. Ein heißer Wind wehte über die Ebene und trieb ihnen feine Sandkörner in Mund, Augen und Nase. Oskar holte sein Taschentuch heraus und schnäuzte sich ausgiebig.
    »Es war im Jahr 1818, als John Cleves Symmes die Überzeugung vertrat, die Erde bestehe aus einer hohlen Schale, die etwa tausenddreihundert Kilometer dick sei. Er meinte, es gäbe Öffnungen am Nord- und am Südpol, durch die

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