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Chucks Welt

Chucks Welt

Titel: Chucks Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aaron Karo
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vorgestellt hat. Bei der Gelegenheit habe ich ihn zum ersten Mal hängen lassen. Man könnte wohl sagen, dass an diesem Ort mein Niedergang begonnen hat.
    Bedächtig verreibe ich das Desinfektionsmittel auf den Händen und koste noch das letzte Kribbeln aus   – das einzige Vergnügen, das mir geblieben ist. Gedankenverloren betrachte ich die Wand vor der Sporthalle. Es ist die Hall of Fame des Schulsports: lauter alte Schwarzweißfotos von Typen in knappen Shorts und mit Vokuhila-Haaren. Ich male mir ein Denkmal für die erbärmlichsten Versager aus, die diese Schule je besucht haben, oder einen großen Preis für das beschissenste Highschool-Lebenswerk aller Zeiten. Das ist meine einzige Chance, dass sich an diesem gottverlassenen Ort später irgendwer an mich erinnert.
    Langsam setze ich mich wieder in Bewegung. In meinem Augenwinkel blitzt etwas Rotes auf. Es ist Amy, auch wenn ich sie nur einen Sekundenbruchteil sehe, bevor sie wieder aus meinem Blickfeld entschwindet. Mir fällt auf, dass mein Körper kaum reagiert. Bis jetzt bin ich noch jedes Mal stocksteif stehen geblieben, wenn ich sie irgendwo entdeckt habe. Zum Ärger meiner Mitschüler, die mir ausweichen mussten. Diesmal: nichts.
    Ich laufe an der Cafeteria vorbei und erinnere mich an meinen ersten Versuch, mich per KVT davon abzuhalten, mir nach dem Essen eines Sandwichs die Hände zu waschen. An dem Tag bin ich gescheitert, aber später habe ich den Dreh rausgekriegt. Ich habe schon ziemlich lange keine KVT mehr gemacht. Und das wird auf absehbare Zeit auch so bleiben.
    Ich beschließe, nicht zur nächsten Unterrichtsstunde zu gehen. In meinem ganzen Schulleben habe ich keine einzige Stunde versäumt.Ich war auch nie krank. Vielleicht hat es ja doch ein paar Vorteile, wenn man sich dauernd die Hände wäscht und sagrotansüchtig ist. Aber es gibt für alles ein erstes Mal. Ich verschwinde nach draußen. Ein paar Leute verbringen ihre Mittagspause dort, essen was oder hängen einfach nur rum. Ich gehe exakt zu der Stelle, wo der Tisch stand, an dem mir Stacey dieses Stück Kuchen verkauft hat. Ich esse kaum was in letzter Zeit.
    Ich schaue hoch. Keine Wolke am Himmel. Es hat schon ewig nicht mehr geregnet. Dad hatte gestern den Wetterkanal an und ich habe mitbekommen, dass es nächste Woche wohl scheußlich werden soll. Die Auswirkung auf mein Leben wird gegen null gehen. Regen, kein Regen, was auch immer. Alles egal.
    Ich trete auf ein Flugblatt, das auf dem Boden liegt. Darauf steht:
    ABSCHLUSSFAHRT   –
    AUF KEINEN FALL VERPASSEN!
    Ich weiß noch, wie ich in meinem ersten Highschooljahr schon mal so einen Flyer gesehen und Steve gefragt habe, was das denn sein soll. Ich weiß noch, dass mir das mal wichtig war.

M ein Vater sieht lächerlich aus in dem für Fünfjährige gedachten Plastikstühlchen. Er verlagert dauernd sein Gewicht und verschränkt die Beine, um trotzdem irgendwie bequem zu sitzen. Irgendwann dreht er den Stuhl um und legt die Arme auf die Lehne. Das scheint besser zu funktionieren.
    »Chuck, hörst du Dr.   Srinivasan überhaupt zu?«
    Eher nicht so.
    Ich sitze mit Mom und Dad im Zimmer von Dr.   S., wo wir uns zu einem »Notfalltreffen« über meine »schlechte Verfassung« zusammengefunden haben. Anscheinend hat sich das so überstürzt ergeben, dass nicht mal genug Zeit war, noch einen Stuhl für Dad aufzutreiben, deshalb das Kinderstühlchen aus dem Wartezimmer.
    Obwohl ich kein Lexapro mehr nehme, bin ich jede Woche bei Dr.   S. gewesen, auch wenn ich dort kaum etwas sage   – genau wie in unserer allerersten Stunde. Zu Hause haben Mom und Dad mich schärfer denn je im Auge behalten   – was sich hauptsächlich darin geäußert hat, dass sie mich einmal pro Stunde gefragt haben, wie es mir geht.
    »Chuck?«, wiederholt Mom.
    »Jaja, ich hör zu«, sage ich.
    »Wir machen uns alle Sorgen um dich. Dr.   Srinivasan findet, du solltest unbedingt wieder dein Medikament nehmen.«
    »Ich bin okay, Mom.«
    »Chuck, du lässt seit Wochen nur noch den Kopf hängen. Du wirkst depressiv. Ray, was meinst du?«
    Dad zuckt mit den Schultern. »Mir kommt er auch ziemlich depressiv vor, ja.«
    Danke für diese fundierte Zweitmeinung, Dad. Ist verdammt schwer, ihn ernst zu nehmen, wenn er auf diesem lächerlichen Stuhl sitzt.
    »Chuck?«, sagt Dr.   S. »Hattest du in letzter Zeit Stimmungsschwankungen? Warst du die meiste Zeit bedrückt?«
    »Nicht unbedingt, nein«, nuschele ich.
    Ist das gelogen? Nicht mal das weiß ich. Ich

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