CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
machen, die ja hinsichtlich der Tatsachen in dieser Angelegenheit auf sie angewiesen war. Beider rechtswidriges Handeln spottete indes jeder Beschreibung.
Schon im Frühjahr 1962 verfügten CIA, FBI, Pentagon, Außenministerium sowie die Einwanderungs- und Einbürgerungsbehörde über eine Menge Unterlagen zu Oswald. Oswald hatte im August 1963 in New Orleans eine Reihe von Auseinandersetzungen mit dem Vorstand der Kubanischen Studenten, einer von der CIA finanzierten Anti-Castro-Gruppe, deren Mitglieder ihrem Führungsoffizier berichteten, dass Oswald versuche, ihre Organisation zu unterwandern. Etwa im Oktober 1963 kannte ihn das FBI als einen möglicherweise geistesverwirrten Marxisten, der die kubanische Revolution unterstützte, gewaltbereit war und vor nicht langer Zeit Kontakt mit sowjetischen Geheimdienstbeamten gehabt hatte. Am 30.Oktober erfuhr das FBI, dass Oswald im Schulbuchlagerhaus des Staates Texas in Dallas arbeitete.
Das hieß, dass ein affektgeladener Überläufer, voller Bewunderung für Castro, den die CIA mit gutem Grund im Verdacht hatte, als kommunistischer Agent rekrutiert worden zu sein, die Route der Fahrzeugkolonne des Präsidenten in Dallas ausbaldowerte.
CIA und FBI haben ihre jeweiligen Feststellungen nie abgeglichen. Das FBI brachte es zu keinem Zeitpunkt fertig, ihn aufzustöbern. Aber das war nur der Auftakt zu dem, was sich die Behörden in den Wochen vor dem 11.September 2001 leisteten. Das war »massive Inkompetenz«, hielt J. Edgar Hoover am 10.Dezember 1963 in einer Stellungnahme fest, die bis zur Jahrtausendwende unter Verschluss gehalten wurde.
Cartha DeLoach, der stellvertretende FBI-Direktor, beschwor Hoover, wegen der Pflichtversäumnisse kein Disziplinarverfahren gegen seine Beamten einzuleiten, weil das als »direktes Eingeständnis (angesehen werden könnte), dass wir für Versäumnisse verantwortlich sind, die zur Ermordung des Präsidenten geführt haben«. Dessen ungeachtet bestrafte Hoover siebzehn seiner Männer. »Unser Versagen bestand darin, dass wir einige ins Auge springende Aspekte des Falles Oswald nicht weiterverfolgt haben«, schrieb Hoover im Oktober 1964. »Dies sollte uns allen eine Lehre sein. Ich habe allerdings meine Zweifel, ob, selbst zum jetzigen Zeitpunkt, einige das überhaupt begriffen haben.«
Die Mitglieder der Warren-Kommission wussten nichts von all dem. Auch die CIA, wie John Whitten sehr bald herausfinden sollte, verschwieg der Kommission viele ihrer Kenntnisse über die wahren Umstände des Attentats.
Whitten hatte in den folgenden Wochen schwer damit zu tun, aus den Bergen von Falschmeldungen, die aus den ausländischen CIA-Büros lawinenartig auf ihn herniederstürzten, die Fakten auszusortieren. »Dutzende von Leuten behaupteten, sie hätten Oswald hier und dort und überall gesehen, unter allen möglichen Begleitumständen einer Verschwörung, vom Nordpol bis zum Kongo«, erinnert er sich. Auf Tausenden falscher Fährten verhedderte sich die CIA in einem wahren Labyrinth. Whitten war, was die Feststellung des Tatbestands betraf, darauf angewiesen, dass das FBI seine Informationen an ihn weitergab. Doch erst nach zwei Wochen, im Dezember 1963, wurde ihm Einsichtnahme in den Bericht über die Vorermittlungen des FBI in Sachen Oswald gewährt. »Dabei erfuhr ich zum ersten Mal«, so seine Jahre später festgehaltene Aussage, »dass eine Unzahl ganz entscheidender Erkenntnisse über Oswalds Vergangenheit vorlagen, die dem FBI während der ganzen Ermittlungsarbeit offensichtlich bekannt waren und die es nicht an mich weitergegeben hatte.«
Wie aus alter Gewohnheit enthielt das FBI seine Informationen der CIA vor. Dabei lag eine ausdrückliche Anweisung des Präsidenten zur beiderseitigen Amtshilfe vor. Auf Seiten der CIA war Jim Angleton dafür verantwortlich, die Verbindung zum FBI zu halten, aber »Angleton hat mir nie von Gesprächen mit dem FBI oder von FBI-Informationen erzählt, die er bei diesen Unterredungen erhalten hätte«, berichtet Whitten. Weil es Angleton verwehrt worden war, auf den anfänglichen Verlauf der Ermittlungen Einfluss zu nehmen, hatte er Whitten regelrecht ausgehungert, seine Arbeit schlechtgemacht und seine Bemühungen zur Ermittlung des Tatbestands hintertrieben.
Helms und Angleton waren übereingekommen, weder gegenüber der Warren-Kommission noch gegenüber den CIA-internen Ermittlern irgendetwas über die gegen Castro geplanten Mordkomplotte verlauten zu lassen. »Das war ein moralisch
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