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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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Bedell Smith von allen Leuten, die mit dem Mann Kontakt gehabt hatten, Berichte eingefordert. Bill Harvey hatte kategorisch behauptet, dass Philby ein sowjetischer Agent sei. Jim Angleton hatte ebenso kategorisch das Gegenteil vertreten.
    Nach jahrelangen schweren Niederlagen suchte Angleton im Frühjahr 1964 nach Ehrenrettung. Er war davon überzeugt, dass die CIA, wenn sie Nosenko gefügig machen könnte, das Rätsel lösen und die ultimative Verschwörung zur Ermordung Kennedys aufklären könnte.
    In seiner 1998 freigegebenen Aussage vor dem Kongress hat Helms das Problem wie folgt formuliert:
Helms: Wenn die Informationen, die Nosenko über Oswald geliefert hatte, richtig waren, dann nötigte das zu gewissen Schlüssen über Oswald und seine Kontakte zu sowjetischen Behörden. Wenn die Informationen aber nicht richtig waren, wenn er das auf Anweisung des sowjetischen Dienstes der US-Regierung zuspielte, dann hätte das zu einer grundsätzlich anderen Schlussfolgerung geführt. (…) Wenn zweifelsfrei festgestellt worden wäre, dass er gelogen hatte und dass, folglich, Oswald ein KGB-Agent war, dann hätte ich angenommen, dass die sich daraus ergebenden Folgen – nicht für die CIA oder das FBI, sondern für den Präsidenten der Vereinigten Staaten und den Kongress der Vereinigten Staaten – verheerend gewesen wären.
Frage: Können Sie das genauer erklären?
Helms: Ja, ich kann das genauer erklären. Mit anderen Worten, die Sowjetregierung befahl die Ermordung Präsident Kennedys.
    Um nichts Geringeres ging es. Im April 1964 verhängte die CIA mit Billigung des Justizministers Robert F. Kennedy Einzelhaft gegen Nosenko, zunächst in sicherer Obhut der CIA, später in Camp Peary, einem Trainingslager der CIA außerhalb von Williamsburg, Virginia. Unter Aufsicht von Leuten aus dem Referat für die Sowjetunion wurde Nosenko dort die gleiche Behandlung zuteil, die seine russischen Kollegen im Gulag erhielten. Es gab kärgliche Mahlzeiten aus dünnem Tee und Haferschleim, eine einzige nackte Glühbirne, die vierundzwanzig Stunden am Tag brannte, kein Kontakt zu anderen Personen. »Ich hatte nicht genug zu essen und war die ganze Zeit hungrig«, äußerte Nosenko in einer 2001 freigegebenen Aussage. »Ich durfte mit niemandem sprechen. Ich durfte nicht lesen. Ich durfte nicht rauchen. Ich durfte nicht einmal an die frische Luft.«
    Seine Aussage hat auffallende Ähnlichkeit mit dem, was die von der CIA nach dem September 2001 inhaftierten Gefangenen geäußert haben: »Wächter steckten mich mit verbundenen Augen und angelegten Handschellen in ein Auto, brachten mich zu einem Flughafen und setzten mich in ein Flugzeug«, berichtete er. »Ich wurde an einen anderen Ort gebracht, wo man mich in einen Raum mit nackten Wänden und einer vergitterten Tür brachte. In dem Raum stand ein einziges Metallbett mit einer Matratze.« Für mehr als drei Jahre wurde Nosenko psychischer Einschüchterung und körperlicher Drangsalierung unterzogen. In den Akten der Agency wird ein Tonband aufbewahrt, auf dem Tennent Bagleys Stimme zu hören ist, wie er in der Zelle des CIA-Gefängnisses in gehässigem Ton das Verhör führt. Mit leiser Bassstimme bittet Nosenko auf Russisch: »Bei meiner Seele … bei meiner Seele... Glauben Sie mir doch bitte.« Und dann Bagley, der mit schriller Stimme auf Englisch zurückbrüllt: »Das ist Blödsinn! Das ist Blödsinn! Das ist Blödsinn!« Zum Dank für seine gute Arbeit wurde Bagley zum stellvertretenden Leiter des Referats für die Sowjetunion befördert und von Helms mit der Medaille für besondere Verdienste um das Nachrichtenwesen ausgezeichnet.
    Im Spätsommer des Jahres 1964 fiel Richard Helms die Aufgabe zu, der Warren-Kommission über Juri Nosenko Bericht zu erstatten. Das war eine fürchterlich heikle Angelegenheit. Wenige Tage bevor die Kommission ihre Arbeit zum Abschluss brachte, ließ Helms gegenüber dem Obersten Richter verlauten, dass die CIA Moskaus Unschuldsbeteuerungen bezüglich der Ermordung des Präsidenten nicht akzeptieren könne. Earl Warren war keineswegs erfreut über diese kurzfristige Entwicklung. Im Schlussbericht der Kommission steht denn auch kein Wort zu Nosenkos Existenz.
    Helms selbst begann sich Sorgen um die Konsequenzen von Nosenkos Einkerkerung zu machen: »Ich sah ein, dass wir ihn nicht länger, wie wir es ja bislang, entgegen den Gesetzen der Vereinigten Staaten, getan hatten, hinter Schloss und Riegel halten konnten. (…) Gott weiß, was passieren

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