CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
Informationen geben, die für die CIA von großem Interesse sein dürften, und alles, was ich will, ist mein Geld.« Mark warnte ihn: »Was Sie da jetzt tun, ist Hochverrat.« Aber Nosenko war dazu bereit. Sie verabredeten daher für den nächsten Tag ein weiteres Treffen in Genf. Zur Leitung des Gesprächs kamen in aller Eile zwei CIA-Beamte angereist; der eine war Tennent Bagley, der im Berner Büro dem Referat für die Sowjetunion angehörte und ein wenig Russisch sprach. Der andere war George Kisevalter, der Chefbetreuer der russischen Spione, der extra aus Langley eingeflogen wurde.
Zum ersten Gespräch kam Nosenko in betrunkenem Zustand. »In sehr betrunkenem Zustand«, wie er selbst viele Jahre später eingestand. Die CIA machte lange Tonbandmitschnitte seiner Aussagen, aber das Tonbandgerät funktionierte nicht richtig. Die Tonbandprotokolle wurden zusammengeschustert, und Bagley musste sich dabei auf Kisevalters Erinnerungsvermögen verlassen. Vieles ging bei der Übersetzung verloren.
Am 11.Juni 1962 schickte Bagley ein Telegramm ans Hauptquartier, in dem es hieß, dass Nosenko »seine völlige Aufrichtigkeit unter Beweis gestellt« habe. Er habe »Informationen von großer Brisanz geliefert« und sei ganz und gar kooperativ gewesen. Im Verlauf der nächsten achtzehn Monate gelang es Angleton allerdings, Bagley davon zu überzeugen, dass man ihn hinters Licht geführt habe. Und während also Bagley zuvor Nosenkos entschiedenster Anhänger gewesen war, so wurde er jetzt zu seinem erbittertsten Gegenspieler.
Nosenko hatte sich einverstanden erklärt, in Moskau für die CIA tätig zu sein. Dann kam er mit einer sowjetischen Abrüstungsdelegation nach Genf zurück und traf sich dort Ende Januar 1964 mit seinen Führungsoffizieren von der CIA. Am 3.Februar, dem Tag der Anhörung des ersten Zeugen vor der Warren-Kommission, erklärte er seinen amerikanischen Gesprächspartnern, dass er auf der Stelle die Seite wechseln wolle. Er behauptete, er habe beim KGB den Oswald-Fall bearbeitet, und nichts deute darauf hin, dass die Sowjetunion in die Ermordung Kennedys verwickelt sei.
Angleton war sich sicher, dass er log. Dieses Urteil hatte fatale Folgen.
Nosenko legte eine Riesenmasse an Geheiminformationen auf den Tisch. Aber Angleton hatte bereits entschieden, dass Nosenko Teil eines Superkomplotts der Sowjets sei. Er war davon überzeugt, dass der KGB die CIA schon seit langem an allerhöchster Spitze unterwandert habe. Wie sonst war die unendliche Kette von fehlgeschlagenen Operationen in Albanien und der Ukraine, in Polen und Korea, auf Kuba und in Vietnam zu erklären? Vielleicht waren sämtliche CIA-Operationen gegen die Sowjetunion längst in Moskau bekannt. Vielleicht wurden sie sogar von Moskau gesteuert. Vielleicht war Nosenko geschickt worden, um den Maulwurf im Inneren der CIA zu schützen. Der einzige Überläufer, den Angleton jemals mit offenen Armen aufgenommen hatte – der von CIA-Psychiatern als klinischer Paranoiker eingestufte Anatoli Golitsyn –, bestätigte und verstärkte Angletons schlimmste Befürchtungen.
Angletons erste Pflicht als Chef der Spionageabwehr war der Schutz der CIA und ihrer Agenten gegen ihre Feinde. Bei seinen Überwachungsaktionen war indessen eine Menge schiefgegangen. So war im Jahre 1959 Major Pjotr Popow, der erste Spion von einiger Bedeutung, den die CIA innerhalb der Sowjetunion platzieren konnte, vom KGB verhaftet und hingerichtet worden. George Blake, jener britische Spion in Moskaus Diensten, der den Berliner Tunnel hatte hochgehen lassen, noch bevor er gegraben war, war im Frühjahr 1961 enttarnt worden und hatte die CIA zu der Einsicht genötigt, dass der Tunnel von den Sowjets zu Desinformationszwecken benutzt worden war. Sechs Monate später wurde Heinz Felfe, Angletons Pendant beim Bundesnachrichtendienst, als Sowjetspion entlarvt, nachdem er den CIA-Operationen in der DDR und Osteuropa schweren Schaden zugefügt hatte. Ein Jahr später verhafteten die Sowjets Oberst Oleg Penkowski, den heimlichen Helden der Kuba-Krise. Er wurde im Frühjahr 1962 hingerichtet.
Dann war da noch Kim Philby. Im Januar 1963 floh dieser erste Lehrmeister Angletons in Sachen Spionageabwehr, sein alter Vertrauter und Zechkumpan, nach Moskau. Er war am Ende doch noch als Sowjetspion demaskiert worden, nachdem er den britischen Geheimdienst auf höchster Ebene ausspioniert hatte. Zwölf Jahre lang hatte er unter Verdacht gestanden. Beim ersten Argwohn gegen ihn hatte noch Walter
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