CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
ausländische Nachrichtendienste angesetzt hatte. Der Mann erwies sich als Betrüger und krankhafter Lügner; ungeniert hatte er allen fünf ausländischen Diensten offenbart, dass er für die CIA arbeite, und war von allen fünfen umgehend zum Doppelagenten umgepolt worden, der die CIA aushorchen sollte. Dies war aber nicht die einzige von Angletons Operationen, die Whitten bloßgestellt hatte. In jedem dieser Fälle hatte Helms ihm geraten, in Angletons dunkles und verrauchtes Büro zu gehen, um ihn zur Rede zu stellen.
»Jedesmal, wenn ich da reinging, sah ich im Geiste nach meiner Lebensversicherungspolice und malte mir aus, wie man meine nächsten Angehörigen verständigte«, erzählt Whitten. Diese Auseinandersetzungen ließen »bittere Gefühle, äußerst bittere Gefühle« zwischen den beiden Männern entstehen. Kaum war Whitten dann der Fall Oswald übertragen, traf Angleton Vorbereitungen, seine Arbeit zu sabotieren.
Im Laufe des Vormittags des 23.November wusste man in der CIA-Zentrale, dass Oswald im September und Oktober zuvor sowohl die kubanische als auch die sowjetische Botschaft mehrfach aufgesucht hatte, um eine möglichst rasche Einreise nach Kuba zu erhalten und dort zu bleiben, bis sein Visum für die Sowjetunion erteilt war. »Seine Besuche in den Botschaften Kubas und der Sowjetunion in Mexiko-Stadt waren offensichtlich ein sehr wesentlicher Teil der ersten Eindrücke, die man von ihm hatte«, berichtet Helms. Kurz nach Mittag fuhr McCone in die Innenstadt zurück und überbrachte die Nachricht von der Kuba-Connection Präsident Johnson. Dabei platzte er in eine Unterredung Johnsons mit Eisenhower, der seinen Amtsnachfolger vor den Machtbefugnissen warnte, die Robert Kennedy im Hinblick auf die verdeckten Operationen in Händen halte.
Um 13 Uhr 35 telefonierte Johnson mit Edwin Weisl, einem alten Freund, der Wirtschaftsanwalt an der Wall Street und zugleich eine Art Königsmacher in der Demokratischen Partei war. Ihm vertraute er an: »Diese Sache mit … diesem Mörder … hat womöglich noch ’ne Menge anderer Weiterungen, als du inzwischen gehört hast … das hat vermutlich tiefere Ursachen, als du denkst.« Am Nachmittag übermittelte Tom Mann, der US-Botschafter in Mexiko, ein Texaner und enger Vertrauter Johnsons, seinen Verdacht, dass Castro hinter dem Mord stecke.
Am Sonntagmorgen, den 24.November, fuhr McCone erneut ins Weiße Haus, wo sich der Trauerzug eingefunden hatte, der Kennedys Sarg zur Aufbahrung ins Kapitol geleiten sollte. Er setzte Johnson ausführlicher von einigen Operationen in Kenntnis, durch die die CIA den Sturz der kubanischen Regierung hatte einfädeln wollen. Damit war Johnson allerdings immer noch nicht darüber im Bilde, dass die Vereinigten Staaten über annähernd drei Jahre Castro nach dem Leben getrachtet hatten. Ohnehin wussten das nur sehr wenige Personen. Eine von ihnen war Allen Dulles. Eine weitere war Richard Helms. Eine dritte Bobby Kennedy. Und die vierte war vermutlich Fidel Castro selbst.
Am gleichen Tag stellte das CIA-Büro in Mexiko-Stadt zweifelsfrei fest, dass Oswald am 28.September vor sowjetischen Geheimdienstbeamten seinen Antrag auf Erteilung eines Visums gestellt hatte. Er hatte unter vier Augen mit einem Mann namens Valeri Kostikow gesprochen, von dem angenommen wurde, dass er Angehöriger der Abteilung 13 sei – der Abteilung des KGB, die die Mordaufträge erledigte.
Das Büro übermittelte der Zentrale eine Liste mit den Namen aller Ausländer, die aus seiner Sicht im Verdacht standen, in Kontakt zu den sowjetischen Geheimdienstbeamten in Mexiko-Stadt getreten zu sein. Einer auf dieser Liste war Rolando Cubela, der kubanische Agent der CIA bei dem letzten Mordkomplott gegen Castro. Nur zwei Tage vorher, zur Stunde des Todes von Präsident Kennedy, hatte Cubelas Führungsoffizier Nestor Sanchez dem Kubaner einen Füller übergeben, in den eine mit Gift gefüllte Injektionsspritze eingebaut war. Der Bericht des CIA-Büros Mexiko-Stadt warf die bohrende Frage auf, ob Cubela ein Doppelagent für Fidel war.
Der Trauerzug zum Kapitol verließ gerade das Weiße Haus, als Lee Harvey Oswald vor laufender Kamera auf dem Polizeirevier von Dallas ermordet wurde. Der Präsident wies die CIA an, ihm auf der Stelle sämtliches Material auszuhändigen, das sie über Oswald gesammelt hatte. Whitten stellte eine entsprechende Zusammenfassung her und übergab sie Helms, der sie wenige Stunden später an Johnson weiterleitete. Der Bericht selbst
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