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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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in seinem späteren Leben zum hellsichtigsten Sprachrohr der Linken im nichtkommerziellen Fernsehen wurde – die Verantwortung für den 303-Ausschuss übertragen. Moyers nahm am 5.Mai 1966 an einer Sitzung des Ausschusses teil, schüttelte sich und lehnte dankend ab. Statt seiner berief der Präsident seinen treuesten Jasager, Walt Whitman Rostow, zum neuen Sicherheitsberater und 303-Vorsitzenden. Der Ausschuss nahm im Mai die Arbeit wieder auf. Trotz der zwischenzeitlichen Flaute stimmte er in diesem Jahr 54 größeren verdeckten CIA-Operationen zu, von denen die meisten den Krieg in Südostasien unterstützen sollten.
    Schließlich stellte am dritten Samstag im Juni 1966 die Telefonzentrale des Weißen Hauses einen Anruf des Präsidenten zum Domizil von Richard Helms durch.
    Dreiundfünfzig Jahre alt, ergrauend und angespannt wie die Feder einer Schweizer Präzisionsuhr, fuhr Helms jeden Morgen um sechs Uhr dreißig, auch samstags, in seinem alten schwarzen Cadillac zur Zentrale; dies war einer seiner wenigen freien Tage. Was im Krieg als ein von Abenteuerlust bestimmtes Techtelmechtel mit dem Geheimdienst angefangen hatte, war mittlerweile für ihn zu einer alles verzehrenden Leidenschaft geworden. Seine siebenundzwanzigjährige Ehe mit Julia Shields, einer sechs Jahre älteren Bildhauerin, ging an wachsender Gleichgültigkeit zugrunde. Ihr gemeinsamer Sohn war im College. Sein ganzes Leben gehörte der Agency. Als er den Telefonhörer abnahm, ging sein sehnlichster Wunsch in Erfüllung.
    Am 30.Juni wurde er im Weißen Haus vereidigt. Der Präsident ließ zu dem Anlass die Marinekapelle aufspielen. Helms befehligte nun annähernd zwanzigtausend Mitarbeiter, von denen mehr als ein Drittel im Ausland spionierte; er verfügte über einen Haushalt von rund einer Milliarde Dollar. Er galt als einer der mächtigsten Männer in Washington.

25  »Da war uns klar, dass wir den Krieg
nicht gewinnen konnten«
    Eine Viertelmillion amerikanischer Soldaten standen im Krieg, als Richard Helms die Leitung der CIA übernahm. Eintausend verdeckte Aktionen in Südostasien und dreitausend nachrichtendienstliche Analysten zu Hause nahm die sich ausweitende Katastrophe in Anspruch.
    In der Zentrale bereitete sich eine Entscheidungsschlacht vor. Aufgabe der Analysten war es, zu beurteilen, ob der Krieg gewonnen werden konnte. Aufgabe des Geheimdienstes war es, mitzuhelfen, dass er gewonnen wurde. Die meisten Analysten waren Pessimisten; die meisten Leute im Einsatz waren Enthusiasten. Sie arbeiteten in verschiedenen Welten; zwischen den Sektionen in der Zentrale hielten bewaffnete Posten Wache. Helms hatte das Gefühl, »ein Kunstreiter« zu sein, »der stehend auf zwei Pferden ritt, von denen jedes aus den denkbar besten Gründen seine eigene Richtung einschlug«.
    Bei einem der Hunderte von neuen Rekruten, die in dem Sommer, in dem Helms die Macht übernahm, in die CIA eintraten, handelte es sich um einen Dreiundzwanzigjährigen, der sich kurzerhand bei der CIA verdingt hatte, als er während seines Abschlussjahrs an der Indiana University nach der Möglichkeit eines Freifahrtscheins nach Washington suchte. Bob Gates, der künftige Direktor des Zentralen Nachrichtendienstes und Verteidigungsminister, fuhr in einem Bus der CIA aus der Innenstadt Washingtons zur Zentrale und kam in einer Auffahrt an, die ein hoher, mit Stacheldraht gekrönter Maschendrahtzaun umgab. Er trat in einen abweisenden siebenstöckigen Betonbau, von dessen Dach Antennen emporragten.
    »Innen erschien das Gebäude täuschend nichtssagend«, erinnerte er sich. »Lange, schmucklose Flure. Winzige Arbeitskabuffs. Linoleumbelag. Staatlich normiertes Mobiliar aus Metall. Es wirkte wie eine gigantische Versicherungsgesellschaft. Aber wie sich herausstellte, war es das nicht.« Die CIA bildete Gates im Schnelltempo aus, machte binnen neunzig Tagen einen Mitarbeiter fürs Ausland aus ihm und schickte ihn auf den Luftwaffenstützpunkt Whiteman in Missouri, um ihn dort in die Wissenschaft der nuklearen Zielwertermittlung einweisen zu lassen. Von dort brachte der frischgebackene CIA-Analyst einen niederschmetternden Eindruck vom Verlauf des Krieges in Vietnam zurück: Den Vereinigten Staaten wurden die Piloten knapp, und man schickte zur Bombardierung der Kommunisten grauhaarige Colonels los. »Da war uns klar«, erinnerte sich Gates, »dass wir den Krieg nicht gewinnen konnten.«
    »Quadratur des Kreises vollzogen«
    Helms und sein Abteilungschef für den Fernen

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