CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
politische Gefangene wurden von dem neuen Regime inhaftiert. Einige blieben jahrzehntelang in Haft. Einige starben im Gefängnis. Indonesien blieb die restliche Zeit des Kalten Krieges hindurch eine Militärdiktatur. Die repressive Herrschaft wirkt bis heute nach.
Die Vereinigten Staaten haben vierzig Jahre lang geleugnet, dass sie etwas mit dem Gemetzel zu tun hatten, das im Namen des Antikommunismus in Indonesien stattfand. »Wir haben die Woge nicht hervorgerufen«, behauptete Marshall Green. »Wir haben uns nur von ihr an Land tragen lassen.«
»Ehrlich und zutiefst beunruhigt«
Zwanzig Jahre zuvor waren Frank Wisner und Richard Helms gemeinsam von Berlin zurück nach Washington geflogen und hatten sich gefragt, ob es je einen Zentralen Nachrichtendienst geben werde. Beide brachten es dann zum Leiter des Geheimdienstes. Jetzt stand der eine im Begriff, den Gipfel der Macht zu erklimmen. Der andere war abgestürzt und in ein tiefes Loch gefallen.
Monatelang saß Frank Wisner brütend in seinem schönen Haus in Georgetown und trank einen Becher Whisky nach dem anderen, erfüllt von tiefster Verzweiflung. Zu den am eifersüchtigsten gehüteten Geheimnissen der CIA zählte die Tatsache, dass einer der Gründungsväter der Organisation seit Jahren immer wieder in die Irrenanstalt wanderte. Als seine Geisteskrankheit ihn 1962 wieder einmal einholte, löste man Wisner als Bürochef in London ab und zwang ihn, sich zur Ruhe zu setzen. Er fantasierte über Adolf Hitler, halluzinierte, hörte Stimmen. Er wusste, dass er nie mehr gesund werden würde. Am 29.Oktober 1965 war Wisner mit einem alten Freund von der CIA, Joe Bryan, zur Jagd auf seinem Landsitz an der Ostküste Marylands verabredet. Wisner fuhr in sein Landhaus, nahm eine Schrotflinte von der Wand und schoss sich in den Kopf. Er starb mit sechsundfünfzig Jahren. Die Beisetzungsfeier in der National Cathedral wurde in großem Stil begangen. Begraben wurde er auf dem Nationalfriedhof Arlington; auf seinem Grabstein steht: »Lieutenant, Marine der Vereinigten Staaten«.
Der Korpsgeist des Kalten Krieges fing an zu bröckeln. Nur ein paar Wochen nach Wisners Beisetzung suchte Ray Cline, der stellvertretende Direktor des Nachrichtendienstes, Clark Clifford, den Vorsitzenden des präsidialen Beratergremiums für den Nachrichtendienst, auf und versetzte Red Raborn den Todesstoß.
Cline erklärte, der Direktor stelle eine Gefahr für das Land dar. Am 25.Januar 1966 äußerte Clifford gegenüber McGeorge Bundy, der nach fünf anstrengenden Jahren als Sicherheitsberater im Begriff stand, seinen Abschied zu nehmen, das Beratergremium für den Nachrichtendienst sei »wegen des Führungsproblems in der CIA ehrlich und zutiefst beunruhigt«. Ein paar Tage später ließ eine durch die Washington Post lancierte gezielte Indiskretion Raborn wissen, dass er es nicht mehr lange machen würde. Der Admiral setzte sich zur Wehr. Er schickte eine lange Aufzählung seiner Verdienste an den Präsidentenberater Bill Moyers: Die CIA habe halbherzige, unproduktive verdeckte Aktionen ausgesondert, habe eine rund um die Uhr besetzte Operationszentrale eingerichtet, um den Präsidenten mit Nachrichten und Informationen zu versorgen, habe die Antiterroreinheiten in Vietnam auf das Doppelte vergrößert und ihre Präsenz in Saigon insgesamt um das Dreifache verstärkt. Die Arbeitsmoral in der Zentrale und im Ausland sei bestens, versicherte er dem Weißen Haus. Am Morgen des 22.Februar 1966 las Präsident Johnson Admiral Raborns begeistertes Selbstlob, griff zum Telefon und rief McGeorge Bundy an.
Raborn sei » absolut blind gegenüber der Tatsache, dass er keine Achtung genießt und dass er keine befriedigende Arbeit leistet«, meinte der Präsident. »Er glaubt, Großes geleistet zu haben, und hält sich für höchst erfolgreich. Und ich fürchte, Helms gibt ihm das ein.«
Nach Bundys Rücktritt in der gleichen Woche übertrug LBJ niemandem die Leitung des Kontrollausschusses für verdeckte Aktionen, des so genannten 303-Ausschusses. Über Operationen, um die sich das Weiße Haus hätte kümmern müssen, wurde nicht entschieden, wie etwa über den Plan, die Wahlen in der Dominikanischen Republik zugunsten eines in New York im Exil lebenden früheren Präsidenten zu manipulieren, oder über die Absicht, dem Diktator im Kongo weitere Finanzmittel und Waffen zukommen zu lassen. Den März und den April 1966 hindurch ließ Johnson den Posten unbesetzt. Zuerst wollte er Bill Moyers – der
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