CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
Schach halten könnte.
»Eine unverkennbare Gefahr«
Nur ein einziger Name kam in Frage.
Am 4.Januar 1951 schickte sich Bedell Smith ins Unvermeidliche und ernannte Allen Dulles zum stellvertretenden Direktor für Planung (der Titel war eine Tarnung; es ging um den Posten eines Chefs der Geheimoperationen). Schon bald erwies sich, dass beide Männer ein ungutes Gespann waren; der CIA-Mann Tom Polgar stellte es fest, als er sie gemeinsam im Hauptquartier beobachtete: »Bedell kann Dulles offensichtlich nicht leiden, und es ist ganz klar, woran das liegt«, so erzählte er. »Wenn ein Offizier seinen Befehl erhält, führt er ihn aus. Ein Jurist findet immer eine Möglichkeit, sich herauszuwinden. Bei der CIA in ihrer jetzigen Form setzte ein Befehl eine Diskussion in Gang.«
Seit Beginn des Krieges waren Wisners Operationen auf den fünffachen Umfang angewachsen. Bedell Smith wusste sehr wohl, dass die Vereinigten Staaten für diese Art Krieg keine Strategie besaßen. Er appellierte an Präsident Truman und den Nationalen Sicherheitsrat. Sollte die Agency tatsächlich eine bewaffnete Revolution unterstützen: in Osteuropa? in China? in Russland? Pentagon und State Department verlangten all dies und noch weit mehr. Der Direktor fragte sich, wie das geschehen solle? Wisner engagierte jeden Monat Hunderte von jungen College-Absolventen, ließ sie ein paar Wochen Kommandotraining durchlaufen, schickte sie für ein halbes Jahr nach Übersee, wechselte sie im Turnus aus und schickte dann weitere Neuangeworbene, die sie ersetzen sollten. Er versuchte, einen weltweit operierenden Militärapparat aufzubauen, ohne im mindesten über professionelle Ausbildung, Logistik oder Fernmeldeeinrichtungen zu verfügen. Bedell Smith saß an seinem Schreibtisch, knabberte Crackers und mümmelte warmen Maisbrei, die Nahrung, mit der er seine Magenoperation überlebte, und sein Zorn mischte sich mit Verzweiflung.
Sein Stellvertreter, Vizedirektor Bill Jackson, quittierte enttäuscht den Dienst, mit der Begründung, die CIA-Operationen seien ein haarsträubendes Durcheinander. Bedell Smith konnte nun nicht mehr anders, als Dulles zum stellvertretenden CIA-Direktor und Wisner zum Chef der Geheimoperationen zu ernennen. Als er das erste CIA-Budget sah, das die beiden Männer vorlegten, explodierte er. Sie veranschlagten 587 Millionen Dollar, elf Mal so viel wie im Jahr 1948. Mehr als 400 Millionen Dollar waren für Wisners Geheimoperationen vorgesehen – drei Mal so viel wie die Kosten von Spionage und Analyse zusammen.
Das bedeute »eine unverkennbare Gefahr für die CIA als Nachrichtendienst«, fauchte Bedell Smith und warnte: »Es wird noch so kommen, dass der Operationsschwanz mit dem Nachrichtenhund wedelt. Die Spitzenkräfte werden gezwungen sein, ihre ganze Zeit in Arbeit für die Operationen zu stecken, und die Nachrichtenbeschaffung notgedrungen links liegen lassen.« Damals kam dem General zum ersten Mal der Verdacht, dass Dulles und Wisner etwas vor ihm zu verbergen suchten. Bei den täglichen Besprechungen mit seinen Stellvertretern und engsten Mitarbeitern – protokolliert in Dokumenten, die nach 2002 freigegeben wurden – nahm er sie immer wieder ins Kreuzverhör, um zu erfahren, was in Übersee vor sich ging. Aber auf seine direkten Fragen erhielt er seltsam vage Antworten – oder überhaupt keine. Er warnte sie davor, »bedauerliche Vorfälle oder gravierende Fehler zu verschweigen« oder »zu beschönigen«. Er wies sie an, über ihre paramilitärischen Missionen detailliert Buch zu führen: Codename, Beschreibung, Zielsetzung, Kosten. Niemals leisteten sie dieser Aufforderung Folge. »Außer sich vor Erbitterung, ließ er mehr von seinen gewaltigen Wutausbrüchen auf sie niedergehen als auf irgendjemanden sonst«, so schreibt Ludwell Lee Montague, sein persönlicher Stellvertreter im Nationalen Sicherheitsrat. Bedell Smith hatte vor wenigen Dingen Angst. Aber er war wütend und erschreckt bei dem Gedanken, Dulles und Wisner könnten, wie Montague schreibt, die CIA in »irgendein schlecht geplantes und verhängnisvolles Abenteuer« hineinziehen. »Er fürchtete, dass Fehler, die in Übersee begangen würden, öffentlich bekannt werden könnten.«
»Wir wussten nicht, was wir taten«
Aus den als geheim eingestuften CIA-Studien über den Koreakrieg geht hervor, was Bedell Smith fürchtete.
Sie halten fest, dass die paramilitärischen Operationen der Agency »nicht nur wirkungslos, sondern wohl auch moralisch
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