CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
verwerflich waren, soweit es die Verluste an Menschenleben betrifft«. Tausende angeworbener koreanischer und chinesischer Agenten wurden während des Krieges über Nordkorea abgesetzt und kehrten nie zurück. »Der Einsatz von Zeit und Finanzmitteln stand in keinem Verhältnis zum Erreichten«, so das abschließende Urteil der CIA. »Die erheblichen Geldinvestitionen und der Tod zahlreicher Koreaner« erbrachten rein gar nichts. Auch Hunderte chinesischer Agenten starben, als sie in fehlgeplanten Land-, Luft- und Seeoperationen aufs Festland geschickt wurden.
»Die meisten dieser Missionen galten nicht der Informationsgewinnung. Sie sollten inexistente oder fingierte Widerstandsgruppen mit Nachschub versorgen«, so Peter Sichel, der damals Leiter des Hongkonger CIA-Büros wurde und die Kette der Fehlschläge mit ansehen musste. »Es waren Selbstmordmissionen. Sie waren selbstmörderisch und unverantwortlich.« Bis in die sechziger Jahre setzte man sie fort und schickte Agenten auf der Jagd nach Gespenstern scharenweise in den Tod.
In den ersten Kriegstagen versetzte Wisner 1000 CIA-Leute nach Korea und 300 nach Taiwan mit dem Auftrag, in Maos ummauerte Festung und Kim Il Sungs Militärdiktatur vorzudringen. Diese Männer wurden in die Schlacht geworfen, obgleich sie kaum vorbereitet oder ausgebildet waren. Einer von ihnen war Donald Gregg, der gerade erst das Williams College absolviert hatte. Als der Krieg ausbrach, war sein erster Gedanke: »Wo zum Teufel liegt Korea?« Nach einem Schnelltraining in paramilitärischer Operation schickte man ihn auf einen neuen CIA-Stützpunkt mitten im Pazifik. Wisner errichtete damals für 28 Millionen Dollar auf der Insel Saipan eine Basis für Geheimoperationen. Saipan, in dessen Boden noch die Gebeine der im Zweiten Weltkrieg Gefallenen steckten, wurde zum Trainungslager für die paramilitärischen Missionen, die die CIA in Korea, China, Tibet und Vietnam durchführte. Gregg pickte sich in Flüchtlingslagern zähe koreanische Bauernburschen heraus, beherzte, aber undisziplinierte Männer, die kein Englisch sprachen, und versuchte, aus ihnen im Schnellverfahren amerikanische Agenten zu machen. Die CIA schickte sie auf schlampig geplante Missionen, die nichts erbrachten außer einer immer längeren Liste von Toten. Obgleich Gregg die Karriereleiter der Fernost-Abteilung hochkletterte und zuerst Chef des CIA-Büros in Seoul, dann US-Botschafter in Südkorea und schließlich oberster Sicherheitsberater des Vizepräsidenten George H. W. Bush wurde, vergaß er das damals Geschehene nie.
»Wir marschierten in den Fußstapfen des OSS«, so Gregg. »Aber die Menschen, gegen die wir kämpften, hatten alles im Griff. Wir wussten nicht, was wir taten. Ich fragte meine Vorgesetzten, worin der Auftrag bestand, aber sie wollten es nicht sagen. Sie wussten es selbst nicht. Es war Aufschneiderei der schlimmsten Sorte. Wir schulten Koreaner und Chinesen und noch viele andere Ausländer, wir setzten Koreaner über Nordkorea und Chinesen über China, gleich nördlich der koreanischen Grenze, ab, und kaum hatten wir sie abgesetzt, hörten wir nie wieder von ihnen.«
»Die Bilanz in Europa war schlimm«, so Gregg weiter, »die Bilanz in Asien war schlimm. In ihrer Frühzeit hatte die Agency eine schreckliche Bilanz – einen großartigen Ruf und eine schreckliche Bilanz.«
»Die CIA wurde an der Nase herumgeführt«
Wiederholt wurde Frank Wisner von Bedell Smith warnend darauf hingewiesen, er solle sich vor falschen, vom Feind erfundenen Informationen hüten. Aber einige von Wisners Beamten erfanden selbst Informationen – unter ihnen der Dienststellenleiter und der Operationsleiter, die er nach Korea schickte.
Im Februar, März und April 1951 wurden auf der Insel Jong-do, in der Bucht von Pusan, mehr als 1200 Exilkoreaner aus dem Norden zusammengezogen, und zwar unter dem Kommando des Operationsleiters Hans Tofte, eines OSS-Veteranen, der sich besser darauf verstand, seine Vorgesetzten zu täuschen als seine Feinde. Tofte bildete drei Brigaden – White Tiger, Yellow Dragon und Blue Dragon – mit 44 Guerillateams. Sie hatten dreierlei Aufträge: Eingesetzt wurden sie entweder als Infiltrationsgruppen zur Nachrichtenbeschaffung oder als kriegführende Guerillakommandos oder schließlich als Fluchthilfetrupps, die abgeschossene amerikanische Piloten und Besatzungen retten sollten.
White Tiger ging Ende April 1951 an der nordkoreanischen Küste mit 104 Männern an Land, verstärkt durch
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