CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
weitere 36 Agenten, die mit dem Fallschirm absprangen. Bevor Tofte vier Monate später Korea verließ, schickte er stolzerfüllte Berichte über das von ihm Erreichte in die Heimat. Aber im November waren die meisten Guerillakämpfer dieser Brigade entweder getötet oder gefangen genommen oder vermisst. Das gleiche Schicksal ereilte Blue Dragon und Yellow Dragon. Die wenigen Infiltrationsgruppen, die überlebten, wurden gefangen genommen und unter Todesdrohungen gezwungen, ihre amerikanischen Führungsoffiziere mit gefälschten Funkmeldungen zu täuschen. Von den Guerillakämpfern kam keiner lebend aus dem Land. Die Fluchthilfetrupps blieben in der Mehrzahl vermisst oder wurden umgebracht.
Im Frühjahr und Sommer 1952 setzten Wisners Leute mehr als 1500 koreanische Agenten über dem Norden ab. Per Funk schickten sie eine Flut von detaillierten Berichten über die Truppenbewegungen der nordkoreanischen und chinesischen Kommunisten. Ausposaunt wurden diese vom Leiter des CIA-Büros in Seoul, Albert R. Haney, einem geschwätzigen und ehrgeizigen Colonel, der sich vor aller Welt damit brüstete, dass er Tausende von Leuten habe, die in GuerillaOperationen und nachrichtendienstlichen Missionen für ihn arbeiteten. Nach seinen Worten hatte er die Anwerbung und Ausbildung hunderter Koreaner persönlich beaufsichtigt. Einige seiner Landsleute hielten Haney für einen gefährlichen Irren. William W. Thomas jr., der in Seoul für den politischen Nachrichtendienst des Außenministeriums arbeitete, hat den Verdacht geäußert, der Dienststellenleiter habe auf seiner Gehaltsliste lauter Leute gehabt, die »von der anderen Seite gesteuert« waren.
Dasselbe vermutet John Limond Hart, der im September 1952 Haneys Posten übernahm. Nach mehreren schmerzlichen Erfahrungen mit Nachrichtenfälschern, die er in seinen ersten vier CIA-Jahren in Europa gemacht hatte, und nach seiner Arbeit mit den Exilalbanern, die er von Rom aus einsetzte, hatte Hart einen scharfen Blick für Probleme wie Täuschung und Desinformation und beschloss, »die Wundertaten, die meine Vorgänger für sich reklamieren, unerbittlich unter die Lupe« zu nehmen.
Haney hatte in Seoul mehr als 200 CIA-Mitarbeiter unter sich, von denen nicht einer Koreanisch sprach. Das Büro war angewiesen auf die rekrutierten koreanischen Agenten, in deren Händen die Aufsicht über die Guerilla-Operationen und die nachrichtendienstlichen Missionen im Norden des Landes lag. Nach drei Monaten angestrengten Nachforschens kam Hart zu dem Schluss, dass nahezu jeder von ihm übernommene koreanische Agent entweder seine Berichte erfunden oder insgeheim für die Kommunisten gearbeitet hatte. Jede Mitteilung, die das Büro in den vergangenen 18 Monaten von der Front an die CIA-Zentrale geschickt hatte, war eine wohlkalkulierte Täuschung.
»An einen bestimmten Bericht«, so erzählt Hart, »erinnere ich mich noch gut. Angeblich war er eine Auflistung aller chinesischen und nordkoreanischen Einheiten an der Gefechtslinie, er gab Stärke und Kennziffer jeder Einheit an.« Die amerikanischen Kommandeure bejubelten ihn als »einen der herausragenden nachrichtendienstlichen Berichte des Krieges«. Hart kam zu dem Ergebnis, dass er eine komplette Erfindung war.
Ferner entdeckte er, dass alle wichtigen koreanischen Agenten, die Haney angeworben hatte – nicht nur ein paar, sondern alle –, »Betrüger« waren und »eine Zeit lang wunderbar von großzügigen CIA-Gehältern gelebt hatten, die vermeintlich an ›Einsatzkräfte‹ in Nordkorea flossen. Fast jeder Bericht, den wir von unseren fiktiven Agenten erhalten hatten, stammte von unseren Feinden.«
Lange nach dem Ende des Koreakrieges kam die CIA zu dem Schluss, dass Hart recht hatte: Fast alle Geheiminformationen, die die Agency während des Krieges sammelte, waren von nordkoreanischen und chinesischen Sicherheitsdiensten selbst verfertigt worden. Die fiktiven Nachrichten wurden ans Pentagon und ans Weiße Haus weitergeleitet. Die paramilitärischen Operationen der CIA in Korea waren unterwandert und verraten, noch ehe sie begonnen hatten.
Hart empfahl der Zentrale, das Büro solle die Operationen einstellen, bis das Hauptbuch in Ordnung gebracht und der Schaden behoben sei. Ein vom Feind unterwanderter Nachrichtendienst sei schlimmer als überhaupt keiner. Statt der Empfehlung zu folgen, sandte Bedell Smith einen Boten nach Seoul, der Hart mitteilte, dass »die CIA, als neue Organisation, deren Ruf noch nicht gefestigt ist,
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