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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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»Ich rechne mit dem Schlimmsten, und ich bin sicher, dass ich nicht enttäuscht werde.« Unmittelbar nach seinem Amtsantritt im Oktober entdeckte er, was für ein heilloses Durcheinander er übernommen hatte. »Interessant, Sie alle hier zu sehen«, meinte er, als er bei der ersten Dienstbesprechung mit seinen Mitarbeitern den Blick in die Runde schweifen ließ. »Noch interessanter wird sein, wie viele von Ihnen in ein paar Monaten noch hier sein werden.«
    Bedell Smith war extrem autoritär, erbarmungslos sarkastisch und entschlossen, nicht die geringste Leistungsschwäche zu dulden. Wisners wild wuchernde Operationen brachten ihn vor Wut zum Schäumen. »Für sie wurde alles Geld ausgegeben«, und »die ganze übrige Agency beäugte sie voller Misstrauen«. In der ersten Woche seiner Amtstätigkeit musste er entdecken, dass Wisner dem Außenministerium und dem Pentagon, nicht aber dem CIA-Direktor Bericht erstattete. In unbändiger Wut ließ er den Leiter der Geheimoperationen wissen, dass seine Freibeutertage gezählt seien.
    »Eine unerfüllbare Aufgabe«
    Um dem Präsidenten entgegenzukommen, versuchte der General, die Analyseabteilung der ganzen Organisation, die er als »Herz und Seele der CIA« bezeichnete, zu retten. Er überprüfte die Methoden der Abfassung nachrichtendienstlicher Berichte, und zu guter Letzt überredete er Sherman Kent, der in den trostlosen ersten Tagen der Central Intelligence Group aus Washington geflohen war, aus Yale zurückzukehren und ein System der nationalen Lageeinschätzungen aufzubauen, das aus den in allen Regierungsbehörden verfügbaren Informationen die besten herausziehen und zusammenführen sollte. Kent nannte diese Arbeit »eine unerfüllbare Aufgabe« und erklärte zur Begründung: »Schätzen ist genau das, was man tut, wenn man nichts weiß.«
    Mehrere Tage nachdem Bedell Smith sein Amt angetreten hatte, reiste Truman zu einem Treffen mit General Douglas MacArthur auf der Pazifikinsel Wake. Der Präsident wollte die besten Geheiminformationen der CIA über Korea haben. Vor allem wollte er erfahren, ob das kommunistische China in den Krieg eintreten werde. MacArthur hatte, als er mit seinen Truppen weit ins Innere Nordkoreas vordrang, steif und fest behauptet, dass China niemals angreifen würde.
    Über das, was in China vor sich ging, wusste die CIA so gut wie nichts. Im Oktober 1949, als Mao Zedong die Truppen des Nationalisten Tschiang Kai-schek aus dem Land trieb und die Volksrepublik ausrief, waren die wenigen amerikanischen Spione, die es in China gab, nach Hongkong oder Taiwan geflohen. Schon durch Mao in ihren Aktionen eingeschränkt, wurde die CIA es zusätzlich durch MacArthur, der den Nachrichtendienst hasste und alles tat, um seine Mitarbeiter aus dem Fernen Osten herauszuhalten. Zwar versuchte die Agency krampfhaft, China im Blick zu behalten, aber die Kette der ausländischen Agenten, die sie vom OSS übernommen hatte, war viel zu schwach. Dasselbe galt für ihre Recherche und Berichterstattung. Zu Beginn des Koreakrieges waren 400 Analysten mit den täglichen Informationsbulletins für Präsident Truman beschäftigt, aber 90 Prozent ihrer Berichte bestanden aus umformuliertem Aktenmaterial des Außenministeriums; und das meiste Übrige waren belanglose Kommentare.
    Verbündete der CIA auf dem Kriegsschauplatz waren die Nachrichtendienste zweier korrupter und unzuverlässiger Staatschefs: des südkoreanischen Präsidenten Syngman Rhee und des nationalchinesischen Präsidenten Tschiang Kai-schek. Der stärkste Eindruck, den die CIA-Leute gleich bei der Ankunft in deren beiden Hauptstädten Seoul und Taipeh hatten, war der Gestank menschlicher Fäkalien, mit denen die umliegenden Felder gedüngt wurden. Verlässliche Informationen waren so rar wie elektrischer Strom und fließendes Wasser. Die CIA musste entdecken, dass sie von falschen Freunden manipuliert, vom kommunistischen Feind betrogen und den geldgierigen Exilanten, die Informationen fälschten, auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war. Fred Schultheis, ab 1950 neuer Leiter des CIA-Büros in Hongkong, verbrachte die folgenden sechs Jahre damit, den wertlosen Schrott zu sichten, den chinesische Flüchtlinge der CIA während des Koreakrieges verkauft hatten. Die CIA unterstützte den freien Markt einer von Meisterschwindlern betriebenen »Papier«produktion.
    Die einzige wirkliche Nachrichtenquelle, die seit den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges bis Ende 1949 über den Fernen Osten informiert

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