CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
hatte, waren die Zauberkünstler von der amerikanischen Fernmeldeaufklärung. Ihnen gelang es damals, Telegramme und offizielle Mitteilungen der Kommunisten, die zwischen Moskau und dem Fernen Osten hin- und herpendelten, abzufangen und Passagen daraus zu entschlüsseln. Dann aber trat mit einem Mal, just als der nordkoreanische Staatschef Kim Il Sung sich mit Stalin und Mao über seinen beabsichtigten Angriff beriet, Funkstille ein. Amerikas Fähigkeit, die militärischen Pläne der Sowjets, Chinesen und Nordkoreaner abzuhören, löste sich plötzlich in nichts auf.
Am Vorabend des Koreakrieges war ein sowjetischer Spion ins Nervenzentrum der Codeknacker – Arlington Hall, eine umfunktionierte Mädchenschule, nur einen Steinwurf entfernt vom Pentagon – eingedrungen. Dieser William Wolf Weisband, ein sprachkundiger Mann, übersetzte zerstückelte Botschaften aus dem Russischen ins Englische. Weisband, den Moskau in den dreißiger Jahren als Spion angeworben hatte, sorgte im Alleingang dafür, dass niemand mehr in den Vereinigten Staaten die geheimen Mitteilungen der Sowjets lesen konnte. Bedell Smith merkte, dass die Fernmeldeaufklärung der Amerikaner einen schweren Schlag erlitten hatte, und alarmierte das Weiße Haus. Resultat war die Gründung der National Security Agency (NSA), jener Organisation für Fernmelde- oder SIGINT-Aufklärung, die später so groß wurde, dass sie die CIA in den Schatten stellte. Diese nationale Sicherheitsbehörde urteilte ein halbes Jahrhundert später, der Fall Weisband sei »der vielleicht bedeutendste Informationsverlust in der US-Geschichte« gewesen.
»Keine überzeugenden Hinweise … «
Am 11.Oktober 1950 begab sich der Präsident auf die Insel Wake. Die CIA versicherte ihm, sie sehe »keine überzeugenden Hinweise darauf, dass die chinesischen Kommunisten in Korea eine ernsthafte Intervention planen (…), sodass eine sowjetische Entscheidung für den Weltkrieg blockiert ist«. Zu diesem Urteil gelangte die Agency trotz zweier Alarmsignale von Seiten seines dreiköpfigen Tokioter Büros. Zunächst berichtete der Leiter des Büros, George Aurell, ein Agent der chinesischen Nationalisten in der Mandschurei mache sie darauf aufmerksam, dass Mao nahe der koreanischen Grenze 300 000 Soldaten zusammengezogen habe. Die Zentrale beachtete dies kaum. Dann schob Bill Duggan, später Leiter des Büros in Taiwan, die Meldung nach, die Rotchinesen würden demnächst die Grenze nach Nordkorea überschreiten. General MacArthur antwortete mit der Drohung, er werde Duggan verhaften lassen. Die Warnungen kamen nie auf der Insel Wake an.
Die CIA-Zentrale gab Truman beharrlich die Einschätzung weiter, China werde nicht maßgeblich in den Krieg eingreifen. Am 18.Oktober, als MacArthurs Verbände nach Norden vorstießen und sich auf den Fluss Jalu und die chinesische Grenze zubewegten, berichtete die CIA: »Das sowjetische Korea-Abenteuer ist gescheitert.« Am 20.Oktober setzte sie hinzu, chinesische Truppen, die man am Jalu entdeckt habe, seien dort zum Schutz des Wasserkraftwerks eingesetzt. Am 28.Oktober teilte sie dem Weißen Haus mit, die betreffenden chinesischen Truppen seien vereinzelte Freiwilligenverbände. Am 30.Oktober, als die amerikanischen Streitkräfte bereits angegriffen worden waren und große Verluste erlitten hatten, bestand die CIA noch einmal darauf, dass eine große chinesische Intervention unwahrscheinlich sei. Wenige Tage später verhörten Chinesisch sprechende CIA-Mitarbeiter mehrere bei den Gefechten gefangen genommene Chinesen und kamen zu dem Schluss, dass es sich um Maos Kämpfer handelte. Trotz allem behauptete die CIA-Zentrale ein letztes Mal, dass China keine gewaltsame Invasion plane. Zwei Tage später unternahmen 300 000 chinesische Soldaten einen so heftigen Angriff, dass die Amerikaner beinahe ins Meer getrieben wurden.
Bedell Smith war entsetzt. Er sah die Aufgabe der CIA darin, das Land gegen militärische Überraschungsangriffe zu schützen. Aber im Laufe eines Jahres hatte sie bei jeder weltpolitischen Krise eine Fehleinschätzung geliefert: bei der sowjetischen Atombombe ebenso wie beim Koreakrieg und bei der chinesischen Invasion. Im Dezember 1950, als Truman den nationalen Notstand ausrief und General Eisenhower in den aktiven Dienst zurückholte, intensivierte Bedell Smith seinen persönlichen Krieg, in dem er die CIA zu einem professionellen Nachrichtendienst umbauen wollte. Und zuerst blickte er sich nach jemandem um, der Frank Wisner in
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