CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
London, hergestellt. Sie hielten die »Binnen-WIN« für eine mächtige Streitmacht – 500 Soldaten in Polen, 20 000 bewaffnete Partisanen und 100 000 Sympathisanten, allesamt gerüstet zum Kampf gegen die Rote Armee.
Es war eine Illusion. Schon 1947 hatte die polnische Geheimpolizei die WIN mit Unterstützung der Sowjets aufgerieben. Die »Binnen-WIN« war ein Phantom, ein Trick der Kommunisten. Im Jahr 1950 wurde ein ahnungsloser Kurier nach London geschickt, um die dortigen polnischen Emigranten wachzurütteln. Seine Botschaft lautete, die WIN in Warschau sei noch lebendig und werde immer größer. Die Emigranten nahmen Kontakt mit Wisners Leuten auf, die sofort die Chance sahen, hinter den feindlichen Linien eine Widerstandsgruppe aufzubauen, und möglichst viele Patrioten über Polen absetzten. Die CIA-Spitze in der Zentrale war überzeugt, endlich einmal die Kommunisten mit ihren eigenen Waffen geschlagen zu haben. »Polen ist eine der aussichtsreichsten Regionen für den Aufbau einer Widerstandsorganisation im Untergrund«, so Bedell Smith im August 1952 bei einer Besprechung mit seinen Stellvertretern. Wisner teilte ihm mit, »WIN [sei] zur Zeit sehr erfolgreich«.
Jahrelang hatten die Nachrichtendienste der Sowjetunion und Polens daran gearbeitet, ihre Fallen aufzustellen. »Sie wussten Bescheid über unsere Operationen«, so McMahon. »Als wir diese Agenten abgesetzt haben, sind sie losgezogen und haben Kontakt zu Leuten aufgenommen, von denen sie wussten, dass sie uns nützlich sein würden. Und direkt hinter ihnen standen die Polen und der KGB und kassierten sie ein. Es war ein gut ausgedachter Plan, nur dass wir Agenten der Sowjetunion angeworben haben. Das Ganze entpuppte sich als Riesendesaster. Und Menschen starben.« Vielleicht dreißig, womöglich auch mehr, wurden vermisst.
Shackley erzählte, nie habe er den Anblick seiner Kollegen vergessen, als ihnen klar wurde, dass fünf Jahre Planung und Millionen von Dollar den Bach runter waren. Der härteste Schlag könnte ihre Entdeckung gewesen sein, dass die Polen einen großen Teil der CIA-Gelder an die Kommunistische Partei Italiens weitergeleitet hatten.
»Die CIA hat zweifellos angenommen, sie könnte in Osteuropa genauso operieren wie das OSS während des Krieges im besetzten Westeuropa«, sagt Henry Loomis, ein CIA-Mitarbeiter, der später Chef des Rundfunksenders Voice of America wurde. »Das war aber ganz unmöglich.«
In Washington trat Frank Lindsay, der aus der Zentrale die Operationen in Osteuropa geleitet hatte, vor lauter Gewissensqualen von seinem Posten zurück. Er riet Dulles und Wisner dringend, die CIA-Strategie der gegen den Kommunismus gerichteten Geheimaktionen durch die Ausspähung der Sowjets mit wissenschaftlichen und technischen Methoden zu ersetzen. Mit wirklichkeitsfremden paramilitärischen Missionen zur Unterstützung fiktiver Widerstandsbewegungen könne man die Russen nicht aus Europa verdrängen.
In Deutschland studierte McMahon monatelang alle im Büro eintreffenden Telegramme. Er gelangte zu einem nüchternen Schluss. »Wir konnten dort nichts ausrichten«, sagt er viele Jahre später. »Unsere Erkenntnisse über die Sowjetunion waren gleich null.«
»Die Zukunft der Agency«
Mittlerweile war die CIA zu einer weltweit operierenden Truppe mit 15 000 Mann, einer halben Milliarde Dollar Geheimgelder und mehr als 50 Übersee-Büros geworden. Dank schierer Willenskraft hatte Bedell Smith sie zu einer Organisation ausgebaut, die schon ganz so aussah wie auch in den folgenden 50 Jahren. Die beiden CIA-Büros – das OPC (für politische Koordination) und das OSO (für Sonderoperationen) – schweißte er zu einem einzigen Auslandsgeheimdienst zusammen, schuf ein einheitliches Analysesystem in der Zentrale und verschaffte der CIA einigen Respekt im Weißen Haus.
Aber nie baute er sie zu einem professionellen Nachrichtendienst um. »Wir kriegen keine qualifizierten Leute«, jammerte er noch in seinen letzten Tagen als CIA-Direktor. »Es sind einfach keine da.« Und nie erreichte er, dass Allen Dulles und Frank Wisner sich seiner Autorität beugten. Eine Woche vor den Präsidentschaftswahlen von 1952 unternahm er einen letzten Versuch, sie unter seine Kontrolle zu bringen.
Am 27.Oktober lud er die 26 ranghöchsten CIA-Mitarbeiter zu einer Konferenz und verkündete ihnen, dass »die CIA, solange sie außer Stande sei, eine feste Mannschaft aus ordentlich ausgebildeten Leuten aufzubauen, ihre Aktivitäten unbedingt
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